Zoff im Zoo: Hagenbeck-Mitarbeiter fordern Rauswurf ihres Chefs
Aus den Worten spricht die pure Verzweiflung: Mitarbeiter des Tierparks Hagenbeck haben sich mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit, die Stadt Hamburg und die Politik gewandt, um auf die dramatische Arbeitssituation im Zoo aufmerksam zu machen. Sie fordern den Rauswurf von Geschäftsführer Dirk Albrecht.
Die Mitarbeitenden im Tierpark Hagenbeck machen ihrem Frust Luft: Die Zustände in ihrem Zoo sind kaum mehr auszuhalten, schreiben sie darin. Schon länger rumort es in der Einrichtung. Jetzt scheint das Maß für viele Angestellte voll zu sein.
Aus den Worten spricht die pure Verzweiflung: Mitarbeiter des Tierparks Hagenbeck haben sich mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit, die Stadt Hamburg und die Politik gewandt, um auf die dramatische Arbeitssituation im Zoo aufmerksam zu machen. Dabei fordern sie den Rauswurf von Geschäftsführer Dirk Albrecht.
Hintergrund des Hilferufs ist offenbar eine anhaltende Kündigungswelle. Seit Antritt von Dirk Albrecht vor zwei Jahren sollen nach MOPO-Informationen bis zu 40 Prozent der langjährigen Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben. Zuletzt kündigte der Chef-Tierpfleger Walter Wolters, bekannt aus Funk und Fernsehen. Ein Urgestein, der seit 40 Jahren im Zoo beschäftigt war. Eine weitere leitende Führungskraft war der Technische Produktionsleiter, der das Unternehmen bereits nach vier Monaten wieder verließ. Auch die Personalchefin war vergangenes Jahr gegangen.
Kündigungswelle: Zahlreiche Mitarbeiter haben Hagenbeck verlassen
„Seit Herr Dr. Albrecht Anfang 2020 als Geschäftsführer angetreten ist, haben uns sehr viele der Kolleginnen und Kollegen verlassen, weil sie es nicht mehr ausgehalten haben“, heißt es in dem Schreiben, das der MOPO exklusiv vorliegt. Dass nun der Chef-Tierpfleger gehe, habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Situation sei „unerträglich geworden“. Es könne und dürfe so nicht weitergehen.

Die Rede ist von Demütigungen, Diffamierungen und Diskriminierungen. Beklagt wird der „patriarchische Führungsstil“ von Geschäftsführer Albrecht. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, wie sehr sich die Mitarbeiter dem Tierpark verbunden fühlen und wie sehr sie ihn liebten. Man habe lange gezögert, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, um dem Zoo nicht zu schaden. Doch alle Versuche, intern etwas zu bewegen, seien gescheitert.
„Klima der Angst“: Hagenbeck-Angestellte schreiben offenen Brief
„Es herrscht ein Klima der Angst und es ist erschreckend festzustellen, dass der Umgang mit den Tieren besser ist, als mittlerweile der Umgang mit uns. Doch auch WIR wollen ,artgerecht‘ behandelt werden“, so die Worte des Briefes, der mit „Die Hagenbecker“ unterschrieben ist. Und weiter: „Daher fordern wir die Abberufung von Dr. Albrecht als Geschäftsführer der Tierpark Hagenbeck gGmbH, um den Tierpark wieder zu dem schönen Familienunternehmen zu machen, das er einmal war.“
Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt, die in enger Verbindung zu den Mitarbeitern steht, bestätigt die angespannte Atmosphäre. Auf Betriebsversammlungen sei die Kündigungswelle thematisiert worden, berichtet der stellvertretende Regionalleiter Dirk Johne. „Der Geschäftsführer hat das heruntergespielt und als Einzelschicksale abgetan.“
Gewerkschaft: Neue Mitarbeiter werden schlechter bezahlt und bekommen weniger Urlaub
Laut der Gewerkschaft wurden die frei gewordenen Stellen zwar wieder besetzt. Jedoch zu wesentlich schlechteren Konditionen: Die Verträge sind zum Teil befristet, die Bezahlung schlechter, statt 30 Tagen Urlaub gibt es nur noch 24. Demnächst will die Gewerkschaft die Geschäftsführung zur Aufnahme von Tarifverhandlungen auffordern.
Ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, erklärte gegenüber der MOPO, diese ungleichen Bedingungen sorgten für zusätzliche Unruhe. Ein Dutzend der Neuangestellten hätte schon nach wenigen Stunden wieder gekündigt. „Sehr viele von uns denken darüber nach, zu gehen.“
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Geschäftsführer Dirk Albrecht
Vergangenes Jahr hatte eine Auseinandersetzung zwischen Geschäftsführer Albrecht und dem Hagenbeck-Betriebsrat für Schlagzeilen gesorgt. Im Zusammenhang mit Verhandlungen zur Einführung von Kurzarbeit hatte Albrecht mehrere Abmahnungen ausgesprochen und neun Mitarbeitern gekündigt. Selbst dem über 30 Jahre bei Hagenbeck als Tierpfleger beschäftigten Betriebsratsvorsitzenden Thomas Günther wurde eine Kündigung zugestellt, die rechtlich keinen Wert hatte.
Schon damals warf die Gewerkschaft Albrecht eine „Führung nach Gutsherrenart“ vor. Und obwohl die Hamburger Staatsanwaltschaft nach einer Strafanzeige des Betriebsrats gegen Albrecht ermittelt, halten die Gesellschafter Claus Hagenbeck und Joachim Weinlig-Hagenbeck an dem 76-Jährigen fest.
Ein erbitterter Streit entzweit die Hagenbeck-Familie
Grund dafür mag der schon über zehn Jahre anhaltende Streit innerhalb der Familie Hagenbeck sein. Die beiden Stämme der berühmten Familie, zu denen Claus Hagenbeck auf der einen Seite und Joachim Weinlig-Hagenbeck auf der anderen Seite gehören, sind zutiefst verfeindet, können sich auf nichts mehr einigen und sprechen nur noch über Anwälte miteinander.
Dirk Albrecht, ehemaliger HSV-Generalsekretär, ist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen den Streithähnen. Ohne ihn würde der Laden nicht mehr laufen. Dass es mit ihm auch nicht läuft – dazu wollten die beiden Gesellschafter gegenüber der MOPO keine Stellungnahme abgeben. Auch von Dirk Albrecht hieß es nur: „Die Geschäftsführung möchte dazu keinen Kommentar abgeben.“