Horror beim Einzugstermin: Unsere Wohnung wurde gleich 17 mal vermietet!
Margarita Höhn und Lara Ottsen erinnern sich noch genau an den Moment, als sie ihr Glück kaum fassen konnten: Mitte Februar bekamen die beiden Hamburger Studentinnen die Zusage für eine Zwei-Zimmer-Wohnung in St. Georg: Geräumig, gut geschnitten und halbwegs bezahlbar. Aufgeregt machten sie sich auf den Weg zur Schlüsselübergabe – und fanden sich plötzlich in einer Masse von Menschen wieder, die alle dasselbe vorhatten. Dahinter steckt eine neue und ziemlich gerissene Betrugsmasche. Wie können sich Wohnungssuchende davor schützen?
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Margarita H. und Lara O. erinnern sich noch genau an den Moment, als sie ihr Glück kaum fassen konnten: Mitte Februar bekamen die beiden Hamburger Studentinnen die Zusage für eine Zwei-Zimmer-Wohnung in St. Georg: Geräumig, gut geschnitten und halbwegs bezahlbar. Aufgeregt machten sie sich auf den Weg zur Schlüsselübergabe – und fanden sich plötzlich in einer Masse von Menschen wieder, die alle dasselbe vorhatten. Dahinter steckt eine neue und ziemlich gerissene Betrugsmasche. Wie können sich Wohnungssuchende davor schützen?
„Ich kann das immer noch nicht fassen“, sagt die 25-jährige Margarita H. Zusammen mit Lara O. (25) steht sie vor dem Gebäude am Steindamm in St. Georg. Eigentlich wollten die beiden Studentinnen hier schon längst eingezogen sein, ihre Zimmer eingerichtet haben.
Wohnungsanzeige stand bei Kleinanzeigen
„Anfang Februar habe ich eine Wohnungsanzeige auf Kleinanzeigen gefunden“, erzählt H. 68 Quadratmeter für 855 Euro monatlich kalt. Der Anbieter: Eine gewisse Leverint Service GmbH, die an der Straße An der Alster ihren Sitz hat. Deren angeblicher Mitarbeiter antwortete prompt, bot eine Besichtigung mit dem Vormieter an. „Die Wohnung war echt schön“, fährt die Studentin fort. „Überall standen Bilder von dem Vormieter mit seiner Frau. Er erzählte mir, sie würden nach Bremen umziehen und hätten die Wohnung deshalb gekündigt.“
Eine Woche später bekamen die Studentinnen dann die Zusage, wenig später trudelte der Mietvertrag per Mail ein. „Wir waren so glücklich“, erzählt Lara O. „Weil wir aber schon von Betrugsfällen gehört hatten, haben wir gecheckt, ob die Wohnung nicht als Airbnb angeboten wird, ob die Firma einen Eintrag im Handelsregister hat und ob es ein deutsches Konto ist. Das war alles der Fall. Auch der Vertrag sah echt aus.“
St. Georg: Die erste Miete sollte vorher überwiesen werden
Das Einzige, was ihnen komisch vorkam: Die erste Miete plus 2565 Euro Kaution sollte unbedingt vor der Übergabe gezahlt werden. „Da hat dieser Mitarbeiter echt Druck gemacht“, erzählt Margarita H. „Eine Mietbürgschaft von der Bank haben sie abgelehnt, es sollte überwiesen werden. Das hat mir Bauchschmerzen gemacht.“ Weil sie aber bereits seit Anfang November nach einer Unterkunft suchen und Margarita H. nicht mehr lange in ihrer WG bleiben kann, akzeptierten sie schließlich.
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Tag der Schlüsselübergabe, 29. Februar, 16 Uhr: Vor der Wohnung am Steindamm warten um die 30 Menschen. Darunter Familien mit Kindern mit gepackten Koffern, eine Frau hatte ihr Visum mit diesem Wohnsitz bereits beantragt. „Als wir die vielen Leute gesehen haben, wussten wir, dass da etwas schrecklich schiefgelaufen ist“, so H.
Die Firma Leverint war – wenig überraschend – nicht mehr erreichbar. Schnell schlossen sich die Betroffenen zusammen und erstatteten Anzeige. 17 Mietparteien hatte die angebliche Wohnungsgesellschaft zur Zahlung der Kaution plus Miete gebracht. Einige hatten auch einen Möbelabschlag in Höhe von 1200 Euro gezahlt. Insgesamt zockten die Betrüger so um die 60.000 Euro ab.
Landeskriminalamt hat die Ermittlungen übernommen
Inzwischen hat das Landeskriminalamt die Ermittlungen wegen Betrugsverdacht übernommen, bestätigt Polizei-Sprecher Thilo Marxsen. Diese Vorgehensweise sei in Hamburg zum ersten Mal im März 2023 zur Anzeige gebracht worden, inzwischen gebe es 120 vergleichbare Fälle mit 130 Opfern.
Die angebliche Firma, die den beiden jungen Frauen eine Wohnung vermietete, reagierte auch auf eine MOPO-Anfrage nicht. Vor Ort An der Alster gibt es nicht einmal ein Klingelschild, die Nachbarn haben von der Firma noch nie gehört. Auf Kleinanzeigen gibt es einen Account, der am 26. Januar angelegt wurde, inzwischen aber keine Anzeigen mehr online hat. „Wir sind ein relativ junges Unternehmen, welches sich im Wachstum befindet und einen sehr professionellen Service bietet“, heißt es in der Beschreibung.
Der tatsächliche Eigentümer der Wohnung bekam von der ganzen Aktion erst mit, als er massenhaft Zuschriften von den Betrogenen erhielt. Er vermietet seine Unterkunft regelmäßig als Airbnb – in diesem Fall unwissentlich an Betrüger. „Das haben die auf jeden Fall nicht zum ersten Mal gemacht“, ist Betrugsopfer O. überzeugt. „Wir machen uns natürlich Sorgen, weil wir unsere Personalausweise in Kopie geschickt haben. Wer weiß, was die damit jetzt machen.“ Ihr Geld werden sie wohl nicht wieder sehen, suchen jetzt händeringend weiter nach Wohnungen.
Wohnungsbetrug: Das rät der Mieterverein zu Hamburg
Der Chef des Mietervereins, Rolf Bosse, rät Wohnungssuchenden zur Vorsicht. „Seien Sie misstrauisch, suchen Sie nach Online-Bewertungen, fragen Sie die Nachbarn“, zählt er auf. „Ganz wichtig: Die erste Miete erst nach der Wohnungsübergabe zahlen. Die Kaution ist laut Gesetz in drei Teilen fällig mit der ersten, zweiten und dritten Mitte.“ Er fordert zudem mehr Transparenz-Pflichten für Vermieter, zum Beispiel einen Grundbuchauszug zusammen mit dem Mietvertrag. „Sonst werden es immer mehr solcher Vermieter-Nomaden.“