Hier droht Hamburg-Pendlern ein Horror-Jahrzehnt
Schluss mit übervollen Zügen und ständigen Ausfällen: Es soll alles besser werden für Hamburgs Bahn-Pendler aus dem Süden, das hat Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) jedenfalls bereits mehrfach versprochen. Das nächste Jahrzehnt könnte angesichts zweier Brückenabbrüche allerdings zur Zerreißprobe werden. Einen Vorgeschmack, was da genau auf sie zu kommt, können Fahrgäste aber schon ab Anfang Dezember bekommen. Für viele eine Horror-Vorstellung.
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Schluss mit übervollen Zügen und ständigen Ausfällen: Es soll alles besser werden für Hamburgs Bahn-Pendler aus dem Süden, das hatte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) jedenfalls bereits mehrfach versprochen. Das nächste Jahrzehnt könnte allerdings zur Zerreißprobe werden, immerhin will die Bahn die Brücken über Norder- und Süderelbe komplett abreißen und neu bauen. Einen Vorgeschmack, was da genau auf sie zu kommt, können Fahrgäste schon ab Anfang Dezember bekommen.
Denn ab dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember wird der Regionalzug der Linie 5 nicht mehr wie gewohnt zwischen Cuxhaven und Hamburg Hauptbahnhof pendeln, sondern für mindestens ein ganzes Jahr bereits in Harburg enden und starten. Der Grund: Die Bahnbrücke über dem ehemaligen Hamburger Zollkanal auf der Veddel wird bis Ende 2024 erneuert. Vor fast 120 Jahren errichtet, hat das Bauwerk laut der Deutschen Bahn (DB) das „Ende seiner Nutzungsdauer“ erreicht.
Deutsche Bahn erneuert die Brücken über der Elbe
Als Alternative für den Regio richtet das Unternehmen allerdings keinen Ersatzverkehr ein. Stattdessen sollen die betroffenen Fahrgäste aus dem Südwesten zwischen Harburg und Hauptbahnhof auf die reguläre S-Bahn der Linien S3 und S31 oder die Metronom-Züge umsteigen. Eine Horror-Vorstellung angesichts der Tatsache, dass die Strecke im Berufsverkehr schon jetzt chronisch überlastet ist. Hinzu kommt, dass die Station Elbbrücken stadteinwärts noch bis zum ersten Quartal 2023 nicht angefahren wird, nachdem ein Brand im August dieses Jahres die Brücke dort so schwer beschädigte, dass die S-Bahn nur noch auf einem Gleis darüberfahren konnte.
Noch ernster wird es dann im Jahr 2028: Ab dann will die DB nämlich Hamburgs Bahn-Hauptschlagader, die 130 Meter lange Süderelbbrücke, komplett abreißen und neu bauen. Vergangene Woche stellte das Unternehmen den finalen Entwurf dazu vor. Tatsächlich sieht die neue Brücke der alten gar nicht unähnlich, auch sie hat die charakteristischen Stahlgeländer. Diese sind allerdings keine Rundbögen mehr, sondern flach.
Für Pendler bedeuten diese Pläne jedenfalls erhebliche Einschränkungen, immerhin überqueren täglich rund 1000 Züge die Süderelbe, darunter 600 Regional- und Güterzüge sowie hunderte S-Bahnen. Erst acht Jahre später, also 2036, soll die neue Eisenbahnbrücke fertiggestellt werden. „Ersatzverkehre im Zuge der Bauarbeiten werden mit allen Beteiligten erarbeitet und zeitnah kommuniziert“, sagt eine Bahnsprecherin.
Brücken-Pläne der Bahn – Kritik von der Inititative
Kritik kommt von der Initiative „Prellbock Altona“, die daran erinnert, dass diese Maßnahmen nur der Bestandserneuerung dienten. „Die von vielen für notwendig erachtete Kapazitätserweiterung um zwei Gleise ist damit noch nicht verbunden“, sagt Sprecher Michael Jung. Er erinnert an den Brückenbrand im August, der den Schienenverkehr im Süden wochenlang lahmlegte. „Daher sind neue Ausweichstrecken unumgänglich.“ Auch Verkehrssenator Tjarks will eine weitere Elbbrücke mit zwei weiteren Gleisen bis nach Harburg für den Regional- und Fernverkehr errichten lassen. Derzeit läuft dazu aber erst einmal die Machbarkeitsuntersuchung.
Abgesehen von den Brücken soll sich nach seinen Plänen noch viel auf der Bahnstrecke tun, um das Pendler-Leben zu vereinfachen: „Wir haben an der gesamten Strecke Zäune errichtet, um die vielen Ausfälle durch ,Personen im Gleis‘ zu reduzieren. Am wichtigsten ist aber die Erneuerung von Signal-, Weichen- und Energietechnik auf der Strecke. Derzeit fehlt beispielsweise schlicht die Stromkraft, um parallel einen dritten Zug innerhalb von zehn Minuten nach Harburg fahren zu lassen“, so Tjarks. Sei all das geschafft, gebe es viel weniger Ausfälle bei mehr Kapazität.
Dafür stellt der Senat in den nächsten vier Jahren 92 Millionen Euro zur Verfügung. „Das ist ein klares Bekenntnis der Stadt für den Süden“, betont der Senator. Bis die leidgeplagten Pendler endlich etwas davon spüren werden, wird es aber wohl bis in die Ende der 20er Jahre dauern – bei den Brücken nun sogar bis Mitte der 30er.