• Irres, buntes Spektakel: Deichkind in der ausverkaufen Barclaycard-Arena in Hamburg.
  • Foto: Jazzarchiv

Heimspiel in Hamburg: Deichkind feiern spektakuläre Musical-Party

Man hat mich vorgewarnt. „Die machen jetzt so eine Art sehr künstlerische Musicalshow“, sagt eine gute Freundin, als ich erzähle, dass ich zum „Deichkind“-Konzert gehe. Musical? Hm. Ich kenne die Band nur von diversen Festivalauftritten, wo eher die Eskalation im Vordergrund stand: Harter Bass, springen, ausrasten, Stagediving mit Schlauchbooten und Fässern, Yippie Yippie Yeah, Krawall und Remmidemmi. Alles, nur nichts so Erwartbares wie ein Musical.

Doch schon der Auftakt am Sonnabend in der (natürlich) ausverkauften Barclaycard-Arena macht deutlich: Das wird kein gewöhnliches Konzert, ganz und gar nicht. Schauspieler Lars Eidinger ist auf einer Leinwand zu sehen, splitterfasernackt, an einer Kette von der Decke baumelnd wird er in ein Fass mit blauer Farbe getaucht und über einen weißen Boden gezogen. Gut zehn Minuten dauert der Film, im Publikum eine Mischung aus lachenden und leicht verstört guckenden Gesichtern. Und das soll genau so.

Deichkind in Hamburg: Ist das überhaupt noch ein Konzert?

Gewollter Widerspruch und Kontrast, damit geht es auch weiter, als Deichkind dann auf der Bühne stehen. Der erste Song, „Keine Party“, bringt das Konzept auf den Punkt: „Schluss mit Remmidemmi, das hört jetzt hier sofort auf, ey Leute, aus dem Alter ist man doch mal langsam raus“, rappen die Hamburger – auf extrem tanzbaren Ausrast-Hüpf-Beat.

Deichkind (2)

„Kein Bier für Nazis“: Klare Botschaft auf dem Deichkind-Konzert

Foto:

Pauls / hfr 

Auf der Bühne folgt Choreo auf Choreo, ein Kostümwechsel jagt den nächsten, riesige Masken, Reizüberflutung. Zwischendurch stehen auch mal zehn Leute auf der Bühne. Man muss immer wieder suchen, um die beiden MCs der Truppe, Porky und Kryptik Joe, in diesem irren Spektakel zu erkennen und da passt der Musical-Vergleich dann schon ganz gut: Hier stehen Show, Inszenierung und Erlebnis im Vordergrund, nicht die Künstler als Einzelpersonen.

„Ich muss aufs Klo, aber ich will nichts verpassen“, sagt mein Begleiter zwischendurch. Wir starren wirklich gebannt auf die Bühne, weil diese Show einfach so unglaublich viele sehenswerte, verstörende, schöne Bilder erzeugt, dass man fast vergisst zu tanzen. Vorhang auf, Menschen auf Steppern, dazu harter Elektrobeat, Vorhang nach einer knappen Minute wieder zu. Ist das überhaupt noch ein Konzert? In jedem Fall ist das viel mehr als stumpfes Ausrasten und Exzess.

Deichkind-Konzert: Hamburger werden bei Heimspiel gefeiert

Der Abriss folgt dann im zweiten Part des Konzerts, wo die Hamburger all ihre Hits auspacken: Bon Voyage, Limit, Leider geil, Bück dich hoch, als Zugabe Remmidemmi – das volle Programm. Jetzt ist auch das gigantische Bierfass im Einsatz, in dem sich Deichkind übers komplett ausrastende Heimspiel-Publikum tragen lassen. Eigentlich ist das der erwartbare Musicalpart. Nur in sehr gut.

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