Handwerker-Krise in Hamburg: Darum werden wir trotzdem Bäcker
Mehl staubt über den Backtisch, als Viktor Spadi den Teig auslegt, um Baguettes zu formen. Der 18-Jährige ist Auszubildender in der „Bäckerei Rohlfs“ in Farmsen-Berne und damit fast schon eine seltene Spezies – denn es gibt in Hamburg deutlich mehr offene Ausbildungsplätze als Bewerber. Dabei kann eine Ausbildung jungen Menschen besondere Anreize bieten.
Mehl staubt über den Backtisch, als Viktor Spadi den Teig auslegt, um Baguettes zu formen. Der 18-Jährige ist Auszubildender in der „Bäckerei Rohlfs“ in Farmsen-Berne und damit fast schon eine seltene Spezies – denn es gibt in Hamburg deutlich mehr offene Ausbildungsplätze als Bewerber. Deshalb rührten am Montag unter anderem Hamburgs Arbeitsagentur-Chef Sönke Fock und Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer, die Werbetrommel für eine duale Ausbildung.
Zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 brach die Zahl der Azubis in Hamburg ein. Im vergangenen Jahr wurden knapp 11.600 Ausbildungsverträge geschlossen – rund 2000 weniger als im Frühjahr 2019. Vor allem im Handwerk wird Nachwuchs benötigt – bis Oktober wurden in diesem Jahr 2192 Verträge abgeschlossen, das sind aber 3,8 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Derzeit stehen sind bei der Arbeitsagentur 9785 freie Ausbildungsplätze gemeldet – aber nur 6730 Bewerber. „Unternehmen bieten attraktive, anspruchsvolle, gut bezahlte und zukunftssichere Ausbildungsplätze an“, so Fock. Handwerkskammer-Chef Stemmann wirbt für eine Lehrzeit in seinem Bereich: „Fest steht, dass das Handwerk wie kaum eine andere Branche krisenfeste, zukunftssichere Jobs anbietet.“
Bäcker-Azubi Viktor Spadi ist zufrieden mit seiner Berufswahl. „Ich liebe die leckeren Backwaren und mich fasziniert, wie aus einfachen Rohstoffen so wertvolle Produkte entstehen“, sagt er. Vor Beginn der Ausbildung machte er bei „Bäckerei Rohlfs“ ein Praktikum und schnupperte so in den Beruf hinein.
Verknüpfung traditioneller Herstellungspraktiken mit der Moderne
Auch Vanessa Gondeck (18) hat sich für eine Ausbildung zur Bäckerin in dem Betrieb entschieden. Sie sagt: „Beim Praktikum habe ich gemerkt, dass hier so ein toller Zusammenhalt bei den Mitarbeitern ist und wir hier sehr alte traditionelle Herstellungspraktiken mit der Moderne verknüpfen.“
Hardy Krüger ist Geschäftsführer von „Rohlfs Bäckerei“. „Man muss die jungen Menschen für die Liebe und Leidenschaft des Backwerks begeistern“, sagt er. Neben ihm in der Backstube steht ein großer Wagen voller Mandelhörnchen – es duftet nach frischem Gebäck und Brot.
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Schon als Zwölfjähriger habe er vor dem Ofen gestanden, vor der Schule noch Berliner gespritzt. „Beim Backen geht es darum, aus ganz einfachen Zutaten leckere Dinge herzustellen“, führt er weiter aus. Er wird emotional und sagt, dass er seinen Auszubildenden diese Leidenschaft mitgebe. „Das sind junge Menschen, die lassen sich noch formen“, auch bei schlechten Schulabschlusszeugnissen bekomme man das hin. Entscheidend seien die Leidenschaft und die Visionen.
Enorme Möglichkeiten bei der Ausbildungswahl
Arbeitsagentur-Chef Fock legt vor allem Abiturienten eine duale Ausbildung ans Herz – als „Turbo ins Berufsleben“, wie er es formuliert. „Drei Jahre Ausbildung, anschließend Berufserfahrung sammeln, dann Techniker, Meister oder Fachwirt werden – oder zeitnah ins Studium wechseln. Die Möglichkeiten sind enorm“, sagt er. Dies gelte auch für Schulabgänger mit allgemeinem und mittlerem Schulabschluss.
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Nun wollen Arbeitsagentur, Handelskammer, Handwerkskammer & Co. junge Leute motivieren, sich für einen Ausbildungsstart im Februar 2023 zu bewerben. Bereits jetzt stehen für 2023 insgesamt 5150 freie Lehrstellen zu Verfügung, davon starten 3300 im Februar. „Dies dürfte besonders für junge Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger interessant und attraktiv sein, die zum Wintersemester keinen Studienplatz bekommen haben“, sagt Fock.