Ist diese Eiche Hamburgs bester Baum?
„Er sieht älter aus, als er ist,“ sagt Bennie Bärthel. Der Angesprochene ist 88 Jahre, sieht aus wie 100. Mindestens. Er hat den Krieg erlebt, die Zeit der 68er. Was er alles erzählen könnte! Doch ihn juckt das alles nicht. Frau Bärthel ist Umweltschützerin. Und „er“ ist eine Eiche, ein Straßenbaum, der an der Stresemannallee in Eimsbüttel steht. Vielleicht ist er ja auch bald Hamburgs „bester Baum“?
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„Er sieht älter aus, als er ist,“ sagt Bennie Bärthel. Der Angesprochene ist 88 Jahre, sieht aus wie 100. Mindestens. Er hat den Krieg erlebt, die Zeit der 68er. Was er alles erzählen könnte! Doch ihn juckt das alles nicht. Frau Bärthel ist Umweltschützerin. Und „er“ ist eine Eiche, ein Straßenbaum, der an der Stresemannallee in Eimsbüttel steht. Vielleicht ist er ja auch bald Hamburgs „bester Baum“?
Hamburgs Bäume sind die Heimat von unzähligen Insekten, Kleintieren und Vögeln. In ihnen blüht Leben, wo das Auge hinsieht. Es sieht aber nur selten ein Auge drauf. Um das zu ändern, organisiert Bennie Bärthel das Projekt „Bäume fürs Leben“ für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). In Bäumen leben viele Tiere! Das soll den Menschen ins Bewusstsein gerufen werden.
Der BUND hat einen Wettbewerb ausgerufen: Die Hamburger und Hamburgerinnen konnten ihre Lieblings-Straßenhabitat-Bäume benennen. „Hamburgs bester Habitat-Baum” wird im Februar gekürt. Der muss mindestens 30 Jahre alt, von Tieren und Mikrohabitaten bevölkert sein und an einer Straße stehen. Eine der Einreichungen ist die 88-jährige Stresemannallee-Eiche.
Bäume sind Archen der Artenvielfalt
Das klingt witzig und etwas absurd, ist aber wichtig. „Je größer urbane Räume werden, desto weniger Lebensraum finden Tiere dort“, sagt Frau Bärthel. Hamburg wird in wenigen Jahren mehr als zwei Millionen Einwohner haben. „Bäume sind Archen der Artenvielfalt.” Hier können Insekten leben, Pflanzen bestäuben – und dann von Vögeln gefressen werden. Vögel können brüten und dafür sorgen, dass es auch in der Zukunft in Hamburg noch Vogelgesang gibt. Auf Asphalt geht das schlicht nicht.
Insbesondere alte Bäume sind dafür wichtig. „Da können sich Tiere gut drin verstecken, die haben Höhlungen und Astgabeln, in denen etwa die Vögel nisten können.“ Ab 30 Jahren, so sagt sie, sind Bäume richtig gute Lebensräume für die kleinen Tierchen. Das Problem mit alten Bäumen: Die kann man nicht einfach ersetzen, die jungen müssen ja erst einmal alt werden.
Ohne Bäume auch keine Eichhörnchen
Deshalb sei es so wichtig, die Bäume zu schützen. In der Großstadt sind sie Abgasen und Schadstoffen ausgesetzt. Sie werden abgeholzt um Straßen zu bauen, auf sie wird nicht geachtet. Das ändert sich langsam, sagt Frau Bärthel. Ihr Projekt soll die Bedeutung der Bäume als Lebensraum noch einmal betonen. Ohne sie sterben erst die Insekten, dann die Kleintiere und die Vögel. Tote Vögel singen nicht, tote Eichhörnchen sind nicht süß. Hamburg hätte ein Stück von sich unwiederbringlich verloren.
Die Eiche an der Stresemannallee hat gute Chancen, Hamburgs bester Habitat-Baum zu werden. Ihre Konkurrenz war auch nicht riesig. Nur 14 andere Vorschläge wurden eingereicht. Kein massiger Ansturm, aber für ein Nischenthema respektabel. Wer sich selbst ein Bild der Teilnehmerbäume machen will, kann das bei Baumbegehungen des BUND machen.
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Und das Projekt soll fortgesetzt werden, vielleicht wieder mit einem Wettbewerb? Dann muss Hamburgs bester Habitat-Baum bald seine Baumkrone verteidigen.