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  • Dr. Michael Wünning, Chefarzt des Zentrums für Notfall- und Akutmedizin am Marienkrankenhaus.
  • Foto: Quandt

Hamburgs Helden in der Corona-Krise: Chefarzt: „Die Menschen sind verunsichert“

Das öffentliche Leben steht still. Und auf einmal fällt auf: wie viel Pfleger, Ärzte, Verkäufer, Polizisten und Co. für die Allgemeinheit tun, ohne dass sie im Rampenlicht stehen. Es geht um jene Berufsgruppen, die sich nicht an das Gebot der Stunde halten können: nämlich möglichst wenig Kontakt zu ihren Mitmenschen zu haben. Sie stehen Tag für Tag in ihrem Job, gehen ein höheres Risiko ein als andere – für uns alle. Die MOPO sprach mit einigen von ihnen. Heute: Der Chefarzt des Zentrums für Notfall- und Akutmedizin am Marienkrankenhaus.

Dr. Michael Wünning ist beinahe jeden Tag mittendrin im Geschehen.

MOPO: Haben Sie Angst, sich anzustecken?
Michael Wünning:
Nicht mehr als sonst. Wir sind auf solche Situationen  vorbereitet und hatten es auch schon mit EHEC, SARS und der Schweinegrippe zu tun. Wir sind es gewohnt, mit Infektiösen umzugehen, und wissen uns durch strenge Hygienemaßnahmen zu schützen.

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Wie ist die Situation momentan in der Klinik? Seit dem vergangenen Wochenende sind die Menschen sehr verunsichert. Wir haben viel mehr telefonische Anfragen, aber es kommen auch mehr Menschen direkt in die Notaufnahme. Wir gucken, ob sie krankenhausbedürftig sind. Aber wir machen keine Corona-Tests. Erste Kontaktadresse bleibt die Telefonnummer 116117. Wir arbeiten hier mit Hochdruck daran, uns auf einen möglichen Massenanlauf von Patienten vorzubereiten. Wir fahren unsere Intensivkapazitäten hoch. Es muss genug Nachschub für Schutzkleidung und Desinfektionsmittel da sein. Die Schichtpläne müssen auf mögliche Ausfälle im Personalbereich vorbereitet werden.

Wie beurteilen Sie das Verhalten der Allgemeinheit? Es gibt viele positive Zeichen. Mich freut zum Beispiel die wachsende Nachbarschaftshilfe. Meine Eltern, die zur Risikogruppe gehören, leben nicht in Hamburg. Die Nachbarn kümmern sich rührend um sie und kaufen für sie ein. Ich kann meinen Job nur machen, weil diese Menschen meinen Eltern und damit auch mir helfen. Auch in meinem Team ist der Zusammenhalt stark. Jeder geht für den anderen noch eine Meile mehr. Aber es gibt leider auch immer noch Menschen, die die Anweisungen der Behörden ignorieren. Die ernste Lage, die in Deutschland genauso wie in Italien entstehen kann, ist diesen Menschen offenbar nicht bewusst.

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Mein dringender Appell ist: Bleiben Sie zu Hause! Es macht keinen Sinn, dass die Schulen geschlossen sind, die Kinder sich dann aber auf der Straße zum Spielen verabreden oder private Mini-Kitas organisiert werden. Wir wiegen uns in einer scheinbaren Ruhe, weil die Gefahr nicht sichtbar ist. Aber das kann sich ganz schnell ändern. Die Entscheidung, wie die Situation sich bei uns entwickelt, liegt bei jedem Einzelnen von uns. Es ist jetzt egal, ob Vorstandsvorsitzender oder Lagerarbeiter – in unserer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft sind wir alle gleich. Es liegt an uns allen!

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