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  • Mallorca wurde vom Auswärtigen Amt als Risikogebiet eingestuft.
  • Foto: picture alliance/dpa

Hamburgs Bürgermeister teilt aus: Der Corona-Sommer wird zum Desaster

Es ist ein beispielloser Vorgang: Der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher zerpflückt live im Fernsehen die Corona-Strategie der Bundesregierung, erklärt die geltende Testpflicht für sinnlos – und gibt seinem Amtskollegen Markus Söder (CSU) auch noch Nachhilfe im Fach „Gutes Regieren“. Nicht ohne Grund: Der verkorkste Umgang mit Reiserückkehrern führt bundesweit zu steigenden Corona-Zahlen. Dazu kommt, dass europaweit die Fälle teils rasant zunehmen, Urlauber werden vorzeitig nach Hause geholt, Risikogebiete ausgeweitet. Und in den Urlaubsländern selbst herrscht Chaos.

Was genau hat Tschentscher gesagt? Seit dem 8. August ist ein Corona-Test für Reiserückkehrer aus Risikogebieten zur Pflicht geworden – drei Tage nach Ende der Hamburger Sommerferien. „Viel zu spät“, kritisiert Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in der Sendung „Hart aber fair“ vom 17. August. Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) habe mehrfach auf die Sinnhaftigkeit einer Testpflicht hingewiesen, diese sei dann aber erst zu spät von der Bundesregierung umgesetzt worden. „Wenn zwei Tage vor der Reiserückkehr ein Test gemacht wird, dann ist das falsch!“, sagte er. Urlauber hätten dann noch genug Zeit, unter Leute zu kommen und dem Virus zu begegnen. „Wenn die Reisenden dann zurückkommen, ist der Test immer noch negativ, sie könnten aber dennoch infiziert sein“, erklärt er weiter.

Was wirft Tschentscher Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) vor? Im Freistaat waren nach einer Panne bei der Auswertung zehntausender Corona-Tests von Urlaubsrückkehrern 900 positiv Getestete nicht rechtzeitig informiert worden, 46 konnten namentlich gar nicht mehr zugeordnet werden. „Es wurde eine Ansage gemacht und dann hat man nicht von vornherein zu Ende gedacht“, kommentiert Hamburgs Bürgermeister die Entscheidung der Massenkontrollen an Autobahnraststätten und Bahnhöfen in Bayern. „Drauflostesten bringt nichts. Die Tests müssen zum richtigen Zeitpunkt gemacht werden.“

Wie ist die Situation in beliebten Urlaubsländern? In Spanien lag die Zahl der Neuinfektionen zuletzt bei 56,42 pro 100000 Einwohner und damit über dem kritischen Schwellenwert von 50. Deshalb verhängte das Auswärtige Amt ab dem 14. August eine erneute Reisewarnung für Spanien inklusive der Ferieninsel Mallorca (mehr zum Thema auf den Seiten 38/39). Die letzte Ausnahme im Land sind bis jetzt die Kanarischen Inseln. In Kroatien schnellt die Zahl der Infizierten zwar auch weiter nach oben, eine Warnung wurde bislang aber nicht ausgesprochen. Für einige Urlaubsregionen der Türkei wurde diese sogar aufgehoben.

Was bedeuten die neuen Reisewarnungen für Spanien-Urlauber? Wird ein Reiseland als Risikogebiet eingestuft, kann eine Buchung kostenlos storniert werden, Pauschalurlauber bekommen ihre Anzahlungen vom Reiseveranstalter zurück. Wer bereits auf Mallorca die Sonne genießt, bekommt aber eine kalte Dusche. Denn Pauschalurlauber vor Ort werden auf Kosten ihres Reiseveranstalters zurückgeholt. Das heißt: Im Zweifel steht eine frühere Abreise an. „Pauschalurlauber sollten den vom Veranstalter organisierten Rückflug auch nutzen“, mahnt die Juristin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin. „Denn sonst müssen sie ihre Rückreise später selbst bezahlen.“ Individualreisende müssen sich dagegen selbst und auf eigene Kosten um eine Rückreise kümmern. Sie sind allerdings nicht gezwungen, abzureisen, sondern können ihren gebuchten Rückflug nehmen. Allerdings sollte geprüft werden, ob dieser weiter wie geplant abhebt – Airlines könnten Verbindungen streichen.

Wie reagieren die Reiseveranstalter? Der Reisekonzern Tui hat bereits mit der Rückholaktion begonnen – und gleichzeitig Reisen nach Mallorca vorerst bis zum 24. August abgesagt. „Viele melden sich bei uns und möchten bleiben“, sagte ein Tui-Sprecher. Der Veranstalter bittet seine Gäste dennoch, in den nächsten sieben Tagen die Rückreise anzutreten.

Video: Reisewarnung? Wir fliegen trotzdem

Was gilt für Rückkehrer aus Risikogebieten? Zurück in Hamburg müssen sich Urlauber aus Risikogebieten beim Gesundheitsamt melden und verpflichtend einen Corona-Test machen. Das bestehende Testzentrum am Airport steht aber nur für dort ankommende Flugreisende zur Verfügung. Heute öffnet am Flughafen zusätzlich ein kommerzielles Testzentrum. Außerdem gibt es zwei Einrichtungen in Altona und Farmsen, im September soll in der City eine dritte hinzukommen. Unabhängig von dem Test müssen sich Rückkehrer aus Risikogebieten direkt in häusliche Quarantäne begeben. Haben Reisende einen negativen Corona-Test aus dem Urlaubsland (nicht älter als 48 Stunden), sind sie von der Quarantäne befreit.

Was bedeuten die Maßnahmen für Urlauber im Spätsommer und Herbst? Es ist ein wahres Urlaubs-Debakel, das sich derzeit abspielt. Unterschiedliche Bestimmungen, Voraussetzungen und Einstufungen, die sich durch die Dynamik von Corona jederzeit ändern können. Urlauber, die die Sommerferien über mit ihrer Reise abgewartet haben, um nicht an allzu vollen Stränden zu sitzen, könnten jetzt bald in die Röhre gucken. Es bleibt unsicher, wie lange zum Beispiel die Reisewarnung für Mallorca aufrechterhalten wird. Unklar, ob die Buchung für den September bereits storniert werden sollte oder ob es klüger ist, erst einmal abzuwarten. Auf die Reiserücktrittsversicherung können Urlauber im Fall einer Reisewarnung nicht zählen. Denn solche Warnungen sind nach Angaben des Bundes der Versicherten nicht abgedeckt.

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