Hamburgs brutales Drogen-Netzwerk: Drohen uns Zustände wie in Amsterdam?
Sie dealen gleich kiloweise mit Kokain und Marihuana, sind brutal und skrupellos: Mitglieder von Hamburgs Drogen-Kartell treten immer offensiver auf, schießen ihre Kontrahenten vor aller Augen nieder. Ermittler blicken besorgt auf die eskalierende Gewalt im Milieu, sie befürchten den Aufbau von Mafia-Strukturen wie in den Niederlanden. Nach MOPO-Informationen hat das Hamburger Netzwerk seine Wurzeln in einem Kulturzentrum in Altona und umfasst bereits mehrere hundert Personen – auch die Hamburger Rap-Szene ist involviert.
Sie dealen gleich kiloweise mit Kokain und Marihuana, sind brutal und skrupellos: Mitglieder von Hamburgs Drogen-Kartell treten immer offensiver auf, schießen ihre Kontrahenten vor aller Augen nieder. Ermittler blicken besorgt auf die eskalierende Gewalt im Milieu, sie befürchten den Aufbau von Mafia-Strukturen wie in den Niederlanden. Nach MOPO-Informationen hat das Hamburger Netzwerk seine Wurzeln in einem Kulturzentrum in Altona und umfasst bereits mehrere hundert Personen – auch die Hamburger Rap-Szene ist involviert.
Es sind Szenen wie aus einem brutalen Action-Film: Ein Mann wird in einer Shisha-Bar mutmaßlich hingerichtet. Ein Audi wird von Schüssen durchlöchert. Einem 26-Jährigen wird mehrfach in die Beine geschossen, ein anderer wird in Brust und Beine getroffen.
Die Fälle spielten sich jedoch nicht an einem Set in Hollywood ab, sondern mitten in Hamburg: In Hohenfelde, Tonndorf, Wandsbek und Borgfelde. Hinter den Schießereien stecken nach MOPO-Informationen Mitglieder eines Hamburger Drogenkartells – das weit brutaler und besser organisiert ist als bislang angenommen. Auch der Marihuana-Handel spielt eine deutlich größere Rolle als bisher gedacht.
Hamburg: Etwa 200 Personen sollen zu Drogennetzwerk gehören
Zwar konnten Ermittler zuletzt etliche Erfolge melden – beschlagnahmte Waffen und Drogen, die Verhaftung von Milieu-Größen wie Mehmet S. (42), Ashraf M. (41) oder Danny D. (48) – das Hamburger Kartell ist damit jedoch noch lange nicht zerschlagen. Im Gegenteil: Es gewinnt weiterhin an Einfluss und Macht.

Nach MOPO-Informationen stehen hinter dem Netzwerk mehrere Männer, die sich derzeit im Ausland aufhalten, um einer Festnahme zu entgehen. Unter ihrem Kommando baut sich das Kartell in Hamburg weiter auf: Mittlerweile sollen etwa 150 bis 200 Personen dazu gehören, die im Kilobereich dealen und schwer bewaffnet sind. Ermittler haben derweil Sorge, dass sich feste Strukturen in Hamburg etablieren können – ähnlich wie in Amsterdam.
Altona: Drogen-Bande lernte sich in Kulturzentrum kennen
Seine Wurzeln hat das Hamburger Drogen-Kartell in Altona, genauer im Kulturzentrum „Haus Drei“. Hier, auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses, sollen sich die Mitglieder bereits in ihrer Jugend kennengelernt haben. Das Kulturzentrum selbst hat keine Verbindungen ins kriminelle Milieu. Vielmehr genießt es einen sehr guten Ruf, ist bekannt für etliche Angebote wie Töpferkurse, Kinderkino, Grillpartys oder Flohmärkte. Auf Anfrage der MOPO haben die Verantwortlichen bislang nicht reagiert.

Im Milieu ist „Haus Drei“ nicht nur Name der Drogen-Gruppierung, sondern auch ein Codewort auf der Straße, dass Einzug in den Hamburger Gangsta-Rap gefunden hat.
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Im Song „Ndrangheta“ (die ‚Ndrangheta ist die kalabrische Mafia, die zu den mächtigsten kriminellen Organisationen der Welt gehört) stehen die Rapper Shafo und Gzuz (Mitglied der Rapcrew 187 Strassenbande) mit ihrer Gang vor dem „Haus Drei“. Etliche tragen Hoodies mit „HausDrei“-Logo und rappen: „Streit mit Haus Drei, glaub mir, willst du nicht/ Scheiß drauf, mit wem und auf welchem Film du bist/ Wir sind korrekt, doch wenn’s sein muss, killen wir dich“. Viele von ihnen tragen zudem T-Shirts mit der Aufschrift: „Free Memo“ – der Rufname des verurteilten Drogen-Bosses Mehmet S.
Organisierte Kriminalität und Hamburger Straßenrap
In den Rap-Videos wird das Leben als Gangster mit Statussymbolen wie teuren Uhren, Schmuck und Luxus-Autos aufgewertet – Musik als Werbung für organisierte Kriminalität. Das bestätigt auch Jan Reinecke, Landeschef beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK): „Die Rauschgiftgruppierung ,Haus Drei‘ lockt über Musik und Videos mit Reichtum, Sex, Waffen und Statussymbolen. Das führt dazu, dass die Gruppierung immer neue junge, meist sozial abgehängte Menschen findet, die mitmachen und den Lebensstil eines Rauschgift-Gangsters führen wollen.“
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Der Rapper LX von 187 flirtet in seinen Videos ebenfalls mit der Organisierten Kriminalität. So rappt er in einem Song über Drogen: „Die Scheiße, die ich schmuggel, passt in keine Pampers“ – eine Anspielung auf Lutz R., den sogenannten Säurefassmörder. Dieser wird verdächtigt, als Insasse des Gefängnisses Santa Fu Drogen in der Windel geschmuggelt zu haben, die er aus gesundheitlichen Gründen trägt. In diesen Drogen-Schmuggel soll ebenfalls Mehmet S. involviert sein, die Ermittlungen laufen.
Für Jan Reinecke ist klar: Die Hamburger Innenpolitik muss mit absoluter Entschlossenheit gegen die Gruppierung „Haus Drei“ vorgehen. Ansonsten würde es die Stadt in Zukunft mit einer Struktur an organisierter Kriminalität zu tun bekommen, die durch einen klaren Kodex, definierte Verhaltensregeln und eine abgeschottete Kommunikation sogar die Rockergruppe Hells Angels in den Schatten stellen würde.