Brot-Krise: Hamburgs Bäcker sind in Not – und es soll noch schlimmer kommen
Das Backen ist für Heinz Hintelmann nicht nur ein Job. Es ist sein Leben. Seit fast 50 Jahren ist er Teil des Familienbetriebs, backt mitten in der Nacht Krustenbrot und Franzbrötchen – alles in Handarbeit. Doch jetzt macht er sich Sorgen, wie es weitergehen soll: Hamburgs Bäcker sind in Not – und es soll noch schlimmer kommen, sagen Experten.
Um 2.30 Uhr klingelt Heinz Hintelmanns Wecker. Mit 68 Jahren arbeitet er immer noch sieben Tage die Woche in der Allermöher Backstube und in seinen fünf Läden in Hamburg. Bis 18 Uhr am Abend, mit kurzer Pause.
Das Backen ist für Heinz Hintelmann nicht nur ein Job. Es ist sein Leben. Seit fast 50 Jahren ist er Teil des Familienbetriebs, backt mitten in der Nacht Krustenbrot und Franzbrötchen – alles in Handarbeit. Doch jetzt macht er sich Sorgen, wie es weitergehen soll: Hamburgs Bäcker sind in Not – und es soll noch schlimmer kommen, sagen Experten.
Um 2.30 Uhr klingelt Heinz Hintelmanns Wecker. Mit 68 Jahren arbeitet er immer noch sieben Tage die Woche in der Allermöher Backstube und in seinen fünf Läden in Hamburg. Bis 18 Uhr am Abend, mit kurzer Pause.
Eigentlich wollte er schon kürzer treten, aber das geht nicht, sagt er: „Der Personalmangel ist ein riesiges Problem“. Hintelmann und sein Team „suchen händeringend Mitarbeiter, finden aber keine“. Eine seiner Filialen muss er deshalb immer schon am Nachmittag schließen.
„Wer will nachts um 3 Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen?“
Eyüp Aramaz (33) leitet eine Agentur, die Personal an Bäckereien vermittelt. Er kennt die Gründe, warum kaum jemand in diesem Handwerk arbeiten möchte: „Wer will nachts um 3 Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen?“, sagt er. „Das ist ungesund und dafür auch noch schlecht bezahlt. Außerdem wird das Berufsbild des Bäckers in Schule und Gesellschaft nicht sehr sexy transportiert.“ Verkäufer würden zudem lieber im besser bezahlen Lebensmittel-Einzelhandel arbeiten. „Dort gibt es 18 Euro die Stunde, bei vielen Bäckern unter 12 Euro.“
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Hintelmann sieht ein, dass der Mindestlohn im Oktober kommen muss, aber: „Die Einführung ist zu kurzfristig geplant“, sagt er. „Viele Bäckereien können das derzeit gar nicht zahlen.“ Denn da wären ja auch noch die explodierten Rohstoff-Preise. 100 Kilo Mehl kosteten 2021 noch 32 Euro, rechnet Hintelmann vor. Jetzt sind es 70 Euro. Einen Liter Rapsöl gab es für 1,40 Euro, nun für 2,50 Euro. „Bei der Melange, einer Butter-Margarine-Mischung, gab es dieses Jahr schon die vierte Preiserhöhung“, sagt der Bäckermeister. Ein Kilo kostet jetzt 9,70 Euro statt 7 Euro.
„Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als unsere Preise zu erhöhen“, sagt Hintelmann, der auch Pressesprecher der Hamburger Bäcker-Innung ist. „Bis zu neun Prozent mussten wir bisher draufschlagen.“ 42 Cent zahlt der Kunde jetzt für ein normales Brötchen statt vorher 38 Cent. Das Mischbrot kostet 3,90 statt 3,55 Euro. „Mit nur einer Erhöhung werden wir dieses Jahr wohl nicht auskommen“, so der Bäckermeister. Obwohl er von den höheren Preisen eigentlich nicht viel hat, denn: „Die Kunden kaufen dann natürlich bedachter ein“, sagt Hintelmann. „Sie verzichten eher mal auf das Stück Kuchen.“
Backt er denn jetzt kleinere Brötchen? „Nein, es wäre fatal, am Mehl und an der Qualität zu sparen“, sagt der 68-Jährige. „Dann bleiben uns die Kunden ganz weg.“
Experte: „Viele Bäckereien werden in die Insolvenz gehen“
Auch die großen Ketten haben zu kämpfen. Die Bäckerei „Junge“ musste ebenfalls ihre Preise erhöhen und beklagt seitdem weniger Kunden. „Jeder Kunde, der nicht mehr so häufig bei uns einkauft oder die Tasse Kaffee bei uns genießt, tut natürlich weh“, sagt Geschäftsführer Tobias Schulz (53). Und vor allem an den gut besuchten Filialen an der Ostseeküste mangele es an Verkäufern. Doch Existenzangst habe er noch nicht: „Die nächste Zeit wird sehr herausfordernd sein. Aber wir haben seit mehreren Generationen ein solides Fundament geschaffen.“
Hintelmann schaut da sorgenvoller in die Zukunft. Frau, Tochter, Sohn, Schwiegertochter und Enkelin sind auch Teil seines Betriebs. „Zusätzlich habe ich die Verantwortung für 40 Mitarbeiter und ihre Familien“, sagt Hintelmann. „Meine größte Angst ist, dass nun auch noch die Gaspreise so steigen, dass wir die Läden nicht mehr halten können.“
„Die Inflation wird weiter steigen“, sagt Eyüp Aramaz. „Bis Ende des Jahres werden viele kleine Bäckereien in die Insolvenz gehen. Und Große werden sich verkleinern.“