Hamburgs älteste YouTube-Köchin (85): „Das sollte Tim Mälzer sich abgewöhnen!“
Lachs-Kartoffelsalat, Grünkohl, Hackbraten: Mit ihren Koch-Videos im Internet begeistert Monika Fuchs knapp 44.000 Fans. Die 85-Jährige aus Eppendorf ist Deutschlands älteste YouTube-Köchin. Außerdem bewirtet sie in ihrem eigenen Wohnzimmer fremde Gäste, für den guten Zweck. Jetzt hat sie ein Buch über ihr Leben veröffentlicht. In „Den Faden halten“ schreibt sie von Liebe und Glück, aber auch von Krisen und Verzweiflung. Im MOPO-Interview verrät Monika Fuchs, warum ihr in feinen Restaurants „der Hut hoch geht“. Warum die Lieblingszeit mit ihren Kindern ausgerechnet die Pubertät war. Und was sie an Star-Koch Tim Mälzer auszusetzen hat.
Lachs-Kartoffelsalat, Grünkohl, Hackbraten: Mit ihren Koch-Videos im Internet begeistert Monika Fuchs knapp 44.000 Fans. Die 85-Jährige aus Eppendorf ist Deutschlands älteste YouTube-Köchin. Außerdem bewirtet sie in ihrem eigenen Wohnzimmer fremde Gäste, für den guten Zweck. Jetzt hat sie ein Buch über ihr Leben veröffentlicht. In „Den Faden halten“ schreibt sie von Liebe und Glück, aber auch von Krisen und Verzweiflung. Im MOPO-Interview verrät Monika Fuchs, warum ihr in feinen Restaurants „der Hut hoch geht“. Warum die Lieblingszeit mit ihren Kindern ausgerechnet die Pubertät war. Und was sie an Star-Koch Tim Mälzer auszusetzen hat.
MOPO: Frau Fuchs, in Ihrem Buch beschreiben Sie, dass Sie früher schüchtern waren. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Monika Fuchs: „Ja, wenn ich das erzähle in launiger Runde, dann biegen sich immer alle vor Lachen. Die war mal schüchtern?! Diese Schüchternheit war für mich aber sehr belastend. Ich habe viel Verständnis dafür, wenn Menschen schüchtern sind. Und ich bemerke auch, wenn jemand erwachsen ist, und einfach nur gelernt hat, die Schüchternheit zu übertünchen – aber im Grunde genommen im Inneren noch zurückhaltend ist. Wie ich übrigens auch.“
Wegen Ihrer Schüchternheit haben Ihre Eltern Sie auf eine „Mannequinschule“ geschickt. Was lernt man da?
Das ist eine Modelschule. Da haben wir gelernt, über diesen blödsinnigen Laufsteg zu gehen. Und wie man mit großer Garderobe, also in einem Abendkleid, richtig läuft. Dazu noch Benimm und Kosmetik.
Hat es denn in Sachen Schüchternheit was gebracht?
Nach dem halben Jahr konnte ich tatsächlich quer durch einen vollen Saal gehen. Da hinten ist die Toilette, hier sitze ich, ich muss mal dringend. Ich muss da jetzt durch den Saal. Hätte ich früher nicht geschafft! Ich wäre aus der Hintertür rausgeschlüpft.

In Ihrem Buch schildern Sie ein Leben mit Höhen, aber auch vielen Tiefen. Wenn Sie heute zurückblicken – was würden Sie anders machen?
In der Zeit, in der ich allein ein Hotel im Schwarzwald betrieben habe, was richtig gut lief, habe ich so viel gearbeitet, dass ich meine Kinder manchmal wochenlang nicht sehen konnte. Sie haben mit einem Kindermädchen oben auf dem nächsten Berg gelebt, ich habe im Tal gearbeitet. Das tut mir sehr, sehr leid. Heute würde ich die Kinder einfach in „mein“ Hotel ziehen lassen, damit ich sie in meiner Nähe habe. Und dazu brauchte ich auch damals eigentlich keine Erlaubnis.
Bei der Erziehung Ihrer vier Kinder waren Sie aber viel moderner als es damals üblich war. Wie haben Sie das hingekriegt?
Mit Humor! Wenn eines meiner Kinder mit einer fünf aus der Schule nach Hause kam, dann habe ich nicht geschimpft. Nein, wir haben eine Kerze angemacht, Kuchen auf den Tisch gestellt und haben zum Trost gefeiert. Weil das Kind doch selber schon gemerkt hat, das war nicht gut. Wenn dann die Eltern noch von oben auf das Kind runterschimpfen, das bringt gar nichts. Ich habe gesagt: „Komm, wenn du dich jetzt bemühst und schreibst eine 4-, ist das doch super. Das kriegst du hin.“ Meine Lieblingszeit mit den Kindern war ja ihre Pubertät.
Das müssen Sie erklären.
Ich finde diesen Umbruch bei den Kindern wahnsinnig rührend. Die Jungs sind dann einerseits Mamas Liebling, der noch auf dem Schoß sitzt, andererseits liegen sie gebrochenen Herzens mit der Stirn auf dem Küchentisch, weil die Freundin sie verlassen hat. Die Jungs spielen dann Mann, nach dem Motto „ich bin so ein gefährlicher Typ“ – dabei sind das eigentlich Bübchen, die mit Zahnpasta ihre Pickel behandeln und Mama hilft dabei. Ich habe es geliebt. Hinterher sind sie dann erwachsen, da kommt dann nicht mehr so viel.
Monika Fuchs: „Meine Lieblingszeit mit den Kindern war ihre Pubertät“
Sie schreiben, dass Sie immer Fernweh haben. Wohin reisen Sie als nächstes?
Ich hoffe auf ein neues Angebot einer Filmfirma, gemeinsam auf Reisen zu gehen. Ich würde so gerne mal in England drehen. Die englische Küche hat so einen schlechten Ruf. Aber ich mag diese Minzsoße der Engländer, ich mag ihre Stews und ihre Pies. Und sogar auch diese lätschigen, zarten Sandwiches, nur mit Gurkenscheiben und gesalzener Butter drauf – mit diesem wunderbaren Weißbrot, das man sich hier gar nicht gönnt aus gesundheitlichen Gründen. Ich liebe das.
Sie sind 2021 an Krebs erkrankt, heute aber wieder gesund. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Als ich die Nachricht gekriegt habe, war ich 83. Das habe ich so gelassen hingenommen. Und habe gedacht, ich habe so viel gesehen und so viel erlebt, ich muss doch dankbar sein und darf jetzt nicht nölen. Ich bin nicht zusammengebrochen. Das passierte erst als mir dann einer sagte, ich würde meine Haare verlieren. Da ist mir das ganze Ausmaß erst bewusst geworden. Da habe ich laut wie ein Schlosshund gejault. Und dann hat mich aber wieder mein Optimismus gepackt und ich habe gesagt: „Komm, fackeln wir nicht lange und fangen mit der Chemo an. Den Krebs, den Scheißkerl, den greifen wir jetzt an!“
Eine Folge der Krankheit ist, dass Sie heute an einem Rollator laufen. Ich habe gehört, Sie hadern sehr mit ihm?
Jetzt sagen Sie mir mal einen Menschen auf Gottes Erdboden, der nicht hadert, wenn er am Rollator gehen muss. Das war immer ein Albtraum für mich – jetzt bist du steinalt, jetzt guckt dich keiner mehr an. Da haben meine Kinder aber zu mir gesagt: Willst du wieder selbstständig durch Eppendorf laufen und einkaufen gehen? Oder willst du immer sagen: „Wer hilft mir?“ Und dann habe ich mich dazu entschlossen, aus der furchtbaren Sache eine Tugend zu machen. Also stehe ich jetzt fröhlich hinter diesem Rollator und habe mich mit ihm befreundet. Ich habe ihn „Freddy“ getauft.
Hamburger YouTube-Köchin: „Da ist Tim Mälzer ein bisschen altmodisch, würde ich sagen“
Sie waren in Tim Mälzers TV-Show „Kitchen Impossible“ dabei. Wie haben Sie den Fernsehkoch erlebt?
Tim liebe ich. Wir haben, wenn die Kameras aus waren, auch mal privat gesprochen. Und da habe ich gemerkt, dass das ein ungeheuer familienorientierter, sensibler und liebevoller Mensch ist. Der sich aber leider diese grässliche Sprache angewöhnt hat, weil er denkt, das ist „in“. Da ist er ein bisschen altmodisch, würde ich sagen. Damit kann er aufhören. Er war mal der junge Wilde, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Das war mal in gewisser Weise originell, ist es aber nicht mehr.
Wo gehen Sie selbst gern in Hamburg essen?
Ich gehe nicht so gerne in diese besagten Restaurants, in denen man fünf, sechs Stunden am Tisch sitzt und ein Tellerchen nach dem anderen kriegt, umflattert von Service-Personal. Wo man fein gekleidet sitzt, immer schön den Rücken durchdrückt, vornehm guckt. Ich nenne das Pinzetten-Küche. Das sind alles Kunstwerke auf dem Teller – das kann man fotografieren und an die Wand hängen. Aber essen muss ich das nicht. Mit meinem Mann musste ich das hin und wieder machen. Er hat es geliebt, in großen internationalen Hotels essen zu gehen. Ich habe vor Wut mal hinterher in meine Handtasche gebissen. Die haben einen Schmu serviert, drumherum die Leute, die alle wahnsinnig vornehm taten. Wir bedrängt von einem Kellner, man soll doch noch dies und das nehmen. Da geht mir der Hut hoch.

Und womit kann man Sie begeistern?
Ich mag schlichte, rustikale Lokale wo man auf einem Hocker sitzt, oder auf einem Baumstamm oder sonst was. Da kann jetzt einer sagen „schlichtes Gemüt“, aber: Ich liebe Imbisse, ob deutsche oder ausländische. Ich kriege leuchtende Augen, wenn ich da auf etwas richtig Gutes stoße. Wenn ich mal einen Chinesen finde, der wirklich Chinesisch kocht, und nicht so eingedeutscht. Die Guten sind häufig die kleinen Klitschen.
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Sie drehen nach wie vor YouTube-Videos mit Rezept-Ideen und bekochen noch ein Mal im Monat fremde Menschen in Ihrem Wohnzimmer. Die Einnahmen der Gäste spenden Sie für einen guten Zweck. Wann gehen Sie denn mal komplett in Ruhestand?
Gar nicht. Ich sage immer, man muss mich vom Kochtopf wegschießen. Ich würde das alles vermissen. Und ich habe keine Lust, irgendwas zu machen, was für mich keinen Sinn macht. Ich möchte nicht Bridge spielen lernen, ich möchte nicht stricken und auch nicht töpfern, nee, bitte nicht.