Hamburger ziehen in den Krieg: „Über Angst sprechen wir nicht“
„Die Lage ist dramatisch, wir erleben katastrophale Luftangriffe“, sagt Alexander Blümel, „aber wir sprechen nicht von Angst.“ Und dann versucht er zu erklären, warum Angst das falsche Wort sei für das, was die kämpfenden Zivilisten, in erster Linie Männer, empfinden.
Eine „mittlere zweistellige Zahl“ von Männern aus Hamburg habe sich bisher beim ukrainischen Generalkonsulat für den freiwilligen Kriegseinsatz gemeldet, sagt Blümel vom ukrainischen Hilfsstab. Wer sind diese Männer? Und was treibt sie in diese lebensgefährliche Mission?
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Eine „mittlere zweistellige Zahl“ von Männern aus Hamburg haben sich bisher für den freiwilligen Kriegseinsatz gemeldet, sagt Alexander Blümel vom ukrainischen Hilfsstab, der die Freiwilligen an das Generalkonsulat weitervermittelt. Wer sind diese Männer? Und was treibt sie in diese lebensgefährliche Mission?
Die Freiwilligen aus Hamburg stammen fast alle ursprünglich aus der Ukraine und wollen in dieser entsetzlichen Notlage ihre Heimat verteidigen. Insgesamt haben sich bisher rund 20.000 Männer aus der ganzen Welt der „Ausländer-Legion“ angeschlossen, um die ukrainische Armee im Kampf gegen Russlands Invasion zu unterstützen.
„Das Hauptmotiv der Freiwilligen ist: ‚Ich will unbedingt helfen’“, sagt Blümel: „Es gibt Männer mit militärischer Ausbildung, die sagen, dass sie mit ihren Fähigkeiten vor Ort am besten helfen können, aber auch andere, die noch geschult werden müssen in der Ukraine.“ Das Generalkonsulat an der Alster verweist alle Freiwilligen an die Botschaft nach Berlin. Für Zivilisten, die in den Krieg ziehen wollen, ist der Militärattaché zuständig.
Hamburger kämpfen in der Ukraine
Aber wie können Menschen ohne militärische Ausbildung überhaupt von Nutzen sein im Kampf? „Viele werden etwa dafür eingesetzt, die Zivilbevölkerung in Sicherheit zu bringen, Evakuierungen zu überwachen, Menschen die Wege zu Kellern und Bunkern zu weisen“, sagt Blümel.
In der Ukraine würden die ausländischen Kämpfer, die ja zumeist nur von ihrem Pass her Ausländer sind, als willkommene Verstärkung gesehen, auch wenn sie „nicht kriegsentscheidend“ seien.
Derzeit mehren sich die Anzeichen, dass Russland einen weiteren Versuch starten wird, Kiew einzunehmen, Wohnhäuser werden bombardiert – eine hochgradig angsteinflößende Situation. Wie gehen Menschen, die bisher ein ziviles Leben hatten, damit um, plötzlich Teil potentiell tödlicher Kämpfe zu sein? Was hilft gegen die Angst?
Sorge wegen massiver Luftangriffe auf Kiew
„Die Lage ist dramatisch, die Menschen in der Ukraine erleben katastrophale Luftangriffe“, sagt Blümel, „aber sie sprechen nicht von Angst. Angst ist nicht das richtige Wort, eher Sorge: Zivilverteidigung und Armee blicken mit großer Sorge auf die kommenden Tage.“
Und dann versucht er zu erklären, warum Angst das falsche Wort ist für das, was die kämpfenden Zivilisten, in erster Linie Männer, empfinden: „Russland ist übermächtig, jeder weiß das, aber es gibt tatsächlich einen tiefen Glauben an die eigene Kraft und daran, dass die Ukraine siegen wird. Das ist sicher auch ein Schutzmechanismus, aber es ist der Ukraine ja tatsächlich gelungen, der russischen Armee herbe Verluste beizubringen.“
Statt Angst zu empfinden, würden die Männer versuchen, Kraft zu ziehen aus dem Zusammenhalt: „Die Ukraine kämpft um ihre Existenz, das ist die größte Motivation von allen.“
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Alexander Blümel ist Student der Bucerius Law School und hat selbst ukrainische Wurzeln. Derzeit ist er Sprecher des ukrainischen Hilfsstabs, der sich vom Generalkonsulat aus um Hilfe und Unterbringung für die ukrainischen Flüchtlinge in Norddeutschland kümmert, Demonstrationen und Hilfsaktionen für das Land organisiert. „Wir halten den Verteidigern der Ukraine den Rücken frei“, heißt es auf der Seite des Stabs.