Hamburger Tierheime sind voll: Wieso trotzdem Hunde aus dem Ausland geholt werden
Es gibt kaum noch Platz: Hamburgs Tierheime klagen über eine hohe Auslastung. Das Tierheim Süderstraße musste jüngst sogar vorübergehend einen Aufnahmestopp für behördlich sichergestellte Hunde verhängen. Trotzdem werden Tiere aus dem Ausland nach Hamburg geholt und hier vermittelt. Wie passt das zusammen?
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Es gibt kaum noch Platz: Hamburgs Tierheime klagen über eine hohe Auslastung. Das Tierheim Süderstraße musste jüngst sogar vorübergehend einen Aufnahmestopp für behördlich sichergestellte Hunde verhängen. Trotzdem werden Tiere aus dem Ausland nach Hamburg geholt und hier vermittelt. Wie passt das zusammen?
Zuletzt wurden zehn rumänische Hündchen vom Franziskus-Tierheim vermittelt, die aus einem der größten Tierheime der Welt in Rumänien geholt wurden. „Das sind ganz liebe Tiere“, sagt Frank Weber, Leiter des Tierheims. „In Deutschland werden häufig schwierige Tiere abgegeben – die sind schwer vermittelbar und passen nicht zu jedem.“ Aber warum Tiere aus dem Ausland holen, wenn es doch jetzt schon voll ist in den Tierheimen?
Tiere aus dem Ausland: eher Ausnahme als Regel
Um möglichst vielen Tieren zu helfen, versuche das Franziskus-Tierheim in Hamburg-Stellingen eine Balance herzustellen, erklärt Weber. „Freundliche, nette Tiere sitzen nicht länger als zwei bis drei Wochen im Tierheim, dagegen ist ein schwieriger Hund auch mal ein Dreivierteljahr bei uns.“ Eine Wettbewerbssituation entstehe aber nicht, auch nicht dadurch, dass Tiere aus dem Ausland geholt werden. Denn laut Weber werden nur Tiere geholt, für die hier auch Bedarf bestehe, die also leicht vermittelt werden könnten – wie eben zuletzt jene Welpen aus Rumänien. Auf diese Weise helfen die Hamburger Tierheime auch Tieren aus dem Ausland.
So erklärt es auch Gabriele Waniorek-Goerke, Vorsitzende im Hamburger Tierschutzverein, zu dem das Tierheim Süderstraße gehört. Dieses Tierheim dient der Stadt als eine Art Fundbüro für Tiere und ist vertraglich verpflichtet, etwa Hunde, die Behörden aus schlechter Haltung sicherstellen oder deren Haltung verboten ist, rund um die Uhr aufzunehmen. Die Zahl der aufgenommenen Tiere aus dem Ausland sei hier zur Zeit leider äußerst begrenzt: 2021 konnten nur 16 rumänische Hunde aufgenommen werden. „Die Häufigkeit richtet sich nach unserer Kapazität: räumlich und personell“, so Wanirorek-Goerke.
Tiere werden vor den rumänischen Tötungsstationen in Sicherheit gebracht
„Tiere aus dem Ausland zu holen, ist eher Ausnahme als Regel“, betont Hester Pommerening, Sprecherin des Deutschen Tierschutzbunds. „Der Fokus des Auslandstierschutzes liegt vor Ort.“ Doch die Zustände sind beispielsweise in Rumänien für die Tiere lebensbedrohlich. So wie das Franziskus-Tierheim hat auch das Tierheim Süderstraße daher eine Kooperation mit dem riesigen Tierheim im rumänischen Smeura, das mehr als 6000 Hunde beherbergt.
Hier werden die Tiere laut dem Betreiber „Tierhilfe Hoffnung“ vor den Tötungsstationen in Rumänien in Sicherheit gebracht. Zusätzlich fährt der Verein mit einem Kastrationsmobil durch das Land und leistet Aufklärungsarbeit an Schulen und in der Politik. Gleichzeitig vermittelt er eben auch Hunde, oft Welpen, in Hamburger Tierheime, die auf Krankheiten getestet, geimpft und gechipt bei neuen Herrchen oder Frauchen untergebracht werden können.
Problem im Tierschutz: Illegaler Handel
Ein großes Problem ist und bleibt der illegale Handel mit Haustieren. Anstatt beispielsweise den offiziellen Weg über die Registrierung gehandelter Heimtiere auf dem EU-Portal Trade Control and Expert System (TRACES) zu nehmen, werden Tausende Tiere rechtswidrig importiert.
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Allein die Zahl illegal gehandelter Hunden und Katzen habe sich laut dem Deutschen Tierschutzbund innerhalb des vergangenen Jahres fast verdoppelt – auf bisher bereits 2228 in diesem Jahr. Doch laut Pommerening dürften die bekannt gewordenen Fälle nur die Spitze des Eisbergs darstellen: Eine EU-Studie vor Corona habe den illegalen Handel mit monatlich etwa 46.000 Hunden ergeben.
Hamburger Tierheime vermitteln
Die Hamburger Tierheime können daher mit der Vermittlung von Tieren aus dem Ausland auch einen kleinen Beitrag im Kampf gegen den illegalen Handel leisten. Denn ohne die Unterstützung würden die Tierschützer in Rumänien schnell an ihre Kapazitätsgrenze kommen, sagt Waniorek-Goerke vom Hamburger Tierschutzverein und ergänzt: „Wir wollen dem illegalen Welpenhandel eine legale Alternative entgegensetzen.“