Hamburger Suchtexpertin zieht Corona-Bilanz – und hat einen Rat
Jobangst, Überforderung, Einsamkeit im Lockdown: Corona ist und bleibt ein Stresstest für uns und unsere Konsumgewohnheiten. Eine Expertin der Hamburger Fachberatungsstelle „Sucht Hamburg“ zieht Bilanz und empfiehlt eine persönliche Reflexion.
„In der Zeit der Pandemie haben viele Menschen anders konsumiert als davor“, berichtet Christiane Lieb, Geschäftsführerin von „Sucht Hamburg“. „Manche haben zum Beispiel das Feierabendbier auf den Nachmittag vorgezogen und haben insgesamt häufiger und mehr Alkohol getrunken.“
Corona in Hamburg: Verstärkt die Pandemie die Sucht?
Andere hätten dagegen sogar weniger konsumiert, schlicht weil Gelegenheiten wie Partys oder andere gesellschaftliche Ereignisse ausgefallen seien. Sie schätzt, dass viele der „neuen Konsumgewohnheiten“ sicherlich an die besonderen Umstände der Pandemie gebunden seien und sich wieder auf das frühere Niveau einpendeln würden.
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Aber aus einer Gewohnheit kann sich eben auch schnell ein Missbrauch oder eine Abhängigkeit entwickeln. „Einige Personengruppen sind hierfür besonders gefährdet“, so Lieb. „Das sind Menschen, die bereits vor der Pandemie riskant konsumiert haben und jene mit hohen psychischen Belastungen.“
Suchtgefahr: Expertin empfiehlt persönliche Bilanz
Hinzu kommt, dass mit der Öffnung der Gastronomie und der bereits angekündigten Festivals und Kulturevents die „alten“ Konsumorte wieder zur Verfügung stehen und mit Partydrogen und Alkohol locken.
Christiane Lieb empfiehlt diesen Zeitpunkt, in der die Pandemie noch andauert aber alte Lebensgewohnheiten zurückkehren, für eine persönliche Bilanz: „Welche neuen Verhaltens- und Konsummuster haben sich bei Ihnen während der Pandemie entwickelt? Liegt Ihr Konsum noch im grünen Bereich? Und bei welchen alten Verlockungen sollten Sie jetzt verstärkt aufpassen?“, schlägt die Expertin Fragen vor. „Sucht Hamburg“ bietet dazu Selbsttests in verschiedenen Sprachen an.
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Bereits vor der Pandemie befand sich der Alkoholkonsum der Hamburgerinnen und Hamburger laut der Beratungsstelle auf einem hohen Niveau: Jeder vierte (26,6 Prozent) Hamburger und fast jede fünfte (17,6 Prozent) Hamburgerin wiesen demnach einen riskanten Alkoholkonsum auf. (aba)