Revolution in Hamburg: In diesem Supermarkt gibt es keine Kasse!
Keine Kasse, kein Schlangestehen: In Eppendorf eröffnete Donnerstag der erste Supermarkt fast ohne Personal. Eine MOPO-Reporterin hat es ausprobiert: Wie funktioniert das Ganze? Und ist das nicht eine Einladung an Langfinger?
Keine Kasse, kein Schlangestehen: In Eppendorf eröffnete Donnerstag der erste Supermarkt fast ohne Personal. Eine MOPO-Reporterin hat es ausprobiert: Wie funktioniert das Ganze? Und ist das nicht eine Einladung an Langfinger?
Als ich den neuen Bio-Laden „Hoody“ am Eppendorfer Baum betrete, sehe ich an den Wänden volle Regale und Kühlschränke und dazwischen Kisten mit losem Obst und Gemüse: Es gibt in dem 93 Quadratmeter großen, hellen Laden alles was es in anderen Supermärkten auch gibt – bis auf Kassen und Kassierer.

Einkaufen rund um die Uhr – ohne Schlange zu stehen
Um in das Geschäft zu kommen, muss ich vorher die „Hoody-App“ auf mein Handy laden und am Eingang scannen. Im Laden kann ich mich dann an den Produkten bedienen: Ich nehme ich mir einen Bio-Quark aus dem Kühlschrank.
Eine der 45 Kameras erkennt an der Farbe, dass ich mir den Quark nehme. „Zusätzlich misst eine Waage das Gewicht der Produkte“, erklärt mir Gründer Patrick Mueller-Sarmiento, ehemaliger CEO von Real. „Es ist der erste Bioladen der Welt, der vollautomatisch arbeitet, und das mit Technik aus Hamburg“, sagt Mueller-Sarmiento.

Das System erkennt anschließend automatisch, mit welchen Produkten ich den Laden verlasse: Ich kann einfach aus dem Geschäft spazieren. Ohne Schlange zu stehen oder meinen Geldbeutel zu zücken – und das, wie mir gesagt wird, an sieben Tagen die Woche, rund um die Uhr.
Könnte Technik so Personal einsparen?
„Beim Einkaufen sollte es um die lokale Gemeinschaft und lokale Anbieter gehen“, sagt James Sutherland. Er ist einer der Co-Gründer von „Autonomo“, dem Start-Up hinter „Hoody“. Ihr Ziel ist, in diesem kleinen Laden mit 500 Produkten eine Technik zu probieren, die anderen Unternehmen angeboten werden kann.
Bisherige Versuche von Supermarktketten in Deutschland, Personal etwa dadurch zu ersetzen, dass Kunden ihre Einkäufe selber scannen und bezahlen, haben sich nur teilweise durchgesetzt. Hier dagegen ist eine Revolution am Werk: Setzt sich die Technik durch, könnten Supermärkte im großen Stil Personal einsparen.
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Während meines Einkaufs ist nur eine Mitarbeiterin in dem Geschäft: Elena Gärtner, die als „Community-Managerin“ bezeichnet wird. Sie soll den Kunden helfen und beim Apfel-Kauf am besten noch ein passendes Kuchen-Rezept mitgeben.
Ist es möglich hier etwas zu klauen? Ich frage Gründer Sutherland und bekomme eine irritierende Antwort: „Die Frage stellt sich eigentlich nicht, da es bei uns um Gemeinschaft geht.“ Aber theoretisch sei es möglich Produkte mit exakt der gleichen Farbe und dem gleichen Gewicht auszutauschen. Sutherland fügt hinzu: „Wir wissen, wer den Laden betritt, da die Kreditkarteninformationen in der App hinterlegt sind.“

Ohne zu bezahlen aus dem Laden
Bis zu 15 Minuten, nachdem ich „Hoody“ verlassen habe, erscheint in der App mein Beleg. Meine App zeigt an, dass meine Kreditkarte belastet wird – mit dem Preis, der mir im Laden auf einem elektronischen Preisschild angezeigt wurde.
Und hier verbirgt sich die zweite Einkaufs-Revolution: In dem Geschäft sind die Preise dynamisch wie an einer Tankstelle. Je nach Tageszeit, sozialem Umfeld und Konkurrenzsituation sind Produkte mal teurer, mal billiger. Nach der üblichen Ladenschlusszeit in Eppendorf hätte ich für meinen Quark daher ein paar Cent mehr bezahlen müssen – schließlich hätte ich ihn woanders nicht mehr bekommen.