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Demo gegen Impfung
  • Viele Ungeimpfte könnten durch gezielte Ansprache überzeugt werden, sagt der Hamburger Motivationsforscher Professor Thomas Martens
  • Foto: dpa-Bildfunk

Hamburger Professor: So unterschiedlich ticken die Ungeimpften

Der eine glaubt, ihn wird das Virus schon nicht erwischen, der andere sorgt sich um die Sicherheit des Impfstoffes, der dritte will sich grundsätzlich nichts vorschreiben lassen: Es gibt zahlreiche Gründe, warum Menschen zögern, sich impfen zu lassen. Professor Thomas Martens von der Medical School in Hamburg hat 15 verschiedene Typen von Ungeimpften identifiziert – und macht Vorschläge für maßgeschneiderte Ansprachen.

Die Impfkampagne dümpelt seit Wochen vor sich hin: „Ich habe mich gefragt, was man dagegen tun kann“, sagt Martens im Gespräch mit der MOPO, „und kam so auf die Idee, zu untersuchen, wo die unterschiedlichen psychologischen Barrieren liegen.“ Herausgekommen sind 15 „Idealtypen“, die unterschiedlich gut motivierbar sind. Martens ist Professor für pädagogische Psychologie und Motivationsforscher.

Die Typologie der Ungeimpften

Die ganz harten Impfgegner und -gegnerinnen sind jene drei Typen, bei denen jegliche Liebesmüh (mit großer Wahrscheinlichkeit) vergebens ist: die Trotzige, die auf Druck mit Widerstand reagiert, der Wissenschaftsleugner, der nur glaubt, was er sehen kann, und der Verschwörungstheoretiker, der nur Informationen aus seiner Blase zur Kenntnis nimmt. „Das sind ungefähr fünf Prozent, da sehe ich wenig Chancen, die zu erreichen.“ Diese Typen werden sich weder durch 2G-Maßnahmen noch durch teure Selbsttests umstimmen lassen.

Thomas Martens, Professor für pädagogische Psychologie und Motivationsforscher privat/hfr
Professor Thomas Martens
Thomas Martens, Professor für pädagogische Psychologie und Motivationsforscher

Die große Mehrheit der Ungeimpften aber wäre ansprechbar (in unterschiedlichen Abstufungen), wenn man den richtigen Zugang findet, ist der Motivationspsychologe überzeugt. Einige Beispiele:

Der und die Uninformierte Martens: „Dieser Typ könnte durch spezifische Informationen, etwa in der eigenen Sprache, mit hoher Wahrscheinlichkeit überzeugt werden.“

Der und die Verzagte, die verunsichert sind und an der Wirksamkeit der Impfung zweifeln, etwa durch Berichte von Impfdurchbrüchen. „Auch hier ist die Erreichbarkeit hoch, etwa durch Erfolgsbeispiele.“

Der Aufschieber will sich eigentlich impfen lassen, verschiebt es aber immer wieder. Professor Martens:„Dieser Typus ist gut zu erreichen, wenn man niedrigschwellige Impfangebote an verschiedenen Orten macht, wie etwa an der Elbphilharmonie, wo man ja gesehen hat, wie viele so ein Angebot annehmen.“

„Happy go lucky“, die klassische „Wird schon nicht so schlimm kommen“-Verdrängerin. „Diesen Typus könnte eine Vertrauensperson dabei unterstützen, tiefer über die negativen Folgen nachzudenken“, so Martens, „aber es wird nicht leicht.“ Vertrauensperson könnte der Hausarzt sein, aber auch ein Familienmitglied oder ein Vereinskamerad. Dieser Typus würde sich impfen lassen, wenn das 2G-Modell das Leben zu unbequem macht.

Glaube an das eigene Immunsystem: „Dieser Typ könnte von Vertrauenspersonen erreicht werden, die ihn auf die Besonderheiten von Covid-19 hinweisen“, so Martens.

Der und die Verantwortungslose, die wissen, dass sie vermutlich keinen schweren Verlauf haben werden und auch niemanden sonst schützen wollen. „Dieser Typ ist gut in der Familie zu erreichen, wenn man sagt: Bitte überwinde dich, mach es für uns.“

Die Mitläufer, die die Meinung einer engen Bezugsperson übernommen haben. „Diesem Typus ist die soziale Verbundenheit wichtiger als die Informiertheit“, so Professor Martens: „Hier könnte eine weitere Bezugsperson versuchen, ihn oder sie zu überzeugen. Dabei sollte der oder die Betroffene aber vor Sanktionen durch die erste Bezugsperson geschützt werden.“

Hamburger Professor untersucht Motivation von Ungeimpften

Gibt es Typen, die er besonders gut versteht? Da muss der Wissenschaftler nicht lange überlegen: „Aus Sicht der Psychologie kann ich alle Motivationen nachvollziehen. Ich verstehe etwa sehr gut, wenn man seinen Freiraum prinzipiell verteidigt. Aber es gibt auch eine moralische Abwägung, die man dann treffen muss: Steht mein Bedürfnis nach Freiheit über dem Bedürfnis anderer Menschen nach Unversehrtheit? Da hört dann für mich das Verständnis auf.“

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