„Die Hamburger werden sich an Mieten von 20-25 Euro gewöhnen müssen“
Seit 45 Jahren errichtet der Hamburger Bauunternehmer Dieter Becken Wohnungen in der Hansestadt und dem Rest von Deutschland – die meisten davon öffentlich gefördert. Doch inzwischen sieht der Investor schwarz für den künftigen Wohnungsbau. Im Gespräch mit der MOPO erklärt er, was sich aus seiner Sicht dringend ändern müsste, warum Mieten für 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter bald normal werden und ob es in der Stadt überall Bauruinen geben könnte.
MOPO: Beim Elbtower stehen die Kräne still, die Baustelle des Bahrenfelder Carrées ruht seit einem halben Jahr und auch am Rödingsmarkt und der Gänsemarktpassage geht erstmal nichts mehr. Empfinden Sie da eine Art Genugtuung angesichts von Investoren wie Benko oder Gröner, die in den vergangenen Jahren sehr groß getönt haben und bei denen jetzt alles zusammen zu stürzen scheint?
- Deutsch (Deutschland)
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Seit 45 Jahren errichtet der Hamburger Bauunternehmer Dieter Becken Wohnungen in der Hansestadt und dem Rest von Deutschland – die meisten davon öffentlich gefördert. Doch inzwischen sieht der Investor schwarz für den künftigen Wohnungsbau. Im Gespräch mit der MOPO erklärt er, was sich aus seiner Sicht dringend ändern müsste, warum Mieten für 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter bald normal werden und ob es in der Stadt überall Bauruinen geben könnte.
MOPO: Beim Elbtower stehen die Kräne still, die Baustelle des Bahrenfelder Carrées ruht seit einem halben Jahr und auch am Rödingsmarkt und der Gänsemarktpassage geht erstmal nichts mehr. Empfinden Sie da eine Art Genugtuung angesichts von Investoren wie René Benko oder Christoph Gröner, die in den vergangenen Jahren sehr groß getönt haben und bei denen jetzt alles zusammenzustürzen scheint?
Dieter Becken: Nein, überhaupt nicht. Es schadet mir als Investor eigentlich eher, denn die Banken machen darüber schlechte Erfahrungen und verteilen das wiederum auf alle anderen.
Bei so viel Stillstand aktuell: Werden in Hamburg überall Bauruinen entstehen?
Ich glaube schon, dass das dem ein oder anderen Bauherrn passiert. Die meisten ordentlichen Projektentwickler haben allerdings durchfinanzierte Häuser, das heißt das Geld steht bereit. Wir selbst bauen derzeit ein Bürogebäude in Düsseldorf, das wir auch fertig stellen werden und das bereits vermietet ist. Allerdings behalten wir die Immobilie inzwischen und finanzieren mit den Mieteinnahmen wiederum unsere Zinsen und Kredite.
Welche Mietpreise halten Sie denn künftig für realistisch?
Wenn ein Investor einen Neubau erstellt und keine Verluste machen will, braucht er heute schon 20 Euro Miete pro Quadratmeter. In den nächsten Jahren werden sich die Menschen an die Nachricht gewöhnen müssen, dass sich die Mieten im frei finanzierten Wohnungsbau zwischen 20 und 25 Euro ansiedeln. Die Zinsen sind massiv gestiegen von ein auf sechs Prozent. Das belastet die Branche massiv und führt dazu, dass der Bauunternehmer eine Immobilie, deren Miete heute bei 14 bis 15 Euro pro Quadratmeter liegen würde, nicht mehr kostendeckend bauen kann.
Was muss die Stadt Hamburg aus Ihrer Sicht also tun?
Zum einen müsste die enorme Steuerbelastung bei Erstellung von Wohnungsbau gesenkt werden, die derzeit bei 37 Prozent liegt. Dazu könnte die Stadt eigene Grundstücke verbilligt an Investoren verkaufen, die dafür wiederum bezahlbare, öffentlich geförderte Wohnungen darauf bauen.
Aber hat Hamburg in der Vergangenheit nicht schon sehr viele öffentliche Grundstücke verkauft?
Die Stadt ist immer noch der größte Grundeigentümer in Hamburg mit enormen Flächenreserven. Allein entlang der Bille gäbe es hunderttausende Quadratmeter an Wohnfläche, die gebaut werden könnte, genauso wie auf der anderen Seite der Elbe. Dafür müsste die Stadt Baupläne entwickeln und den Bauwilligen zur Verfügung stellen.
Halten Sie das Ziel des Senats, 10.000 Wohnungen jährlich zu genehmigen, noch für realistisch?
Nein, natürlich nicht. Die privaten Investoren bauen derzeit keinen einzigen Quadratmeter. In den nächsten drei Jahren rechne ich, dass in ganz Deutschland zwischen 1,5 und zwei Millionen Wohnungen fehlen werden.
Und was ist mit der Neubauförderung, die die Stadt laut Bausenatorin Karen Pein (SPD) noch einmal kräftig angehoben hat und vor allem sozialen Wohnungsbau attraktiv machen soll?
Die Förderung reicht nicht aus und krankt natürlich auch daran, dass keine Grundstücke zur Verfügung stehen. In Bayern sieht das zum Beispiel ganz anders aus. Deshalb bauen wir jetzt 60 öffentlich geförderten Wohnungen in München.
Und in Hamburg?
Anfang 2022 haben wir fast 700 Wohnungen in Wandsbek fertiggestellt, die sind inzwischen bezogen. Neue Projekte sind aber erstmal nicht mehr möglich. Denn neben den fehlenden Grundstücken, den hohen Zinsen und Baukosten kommt auch noch der enorme Verwaltungsakt dazu: Vor 15 Jahren haben wir in Hamburg drei Monate auf eine Baugenehmigung gewartet, mittlerweile sind es zwischen ein und zwei Jahren.