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Duke Duong
  • Duke Duong leistet in den sozialen Netzwerken Aufklärungsarbeit zum Thema trans sein – bei Instagram unter instagram.com/trans.parenz und bei Tiktok unter tiktok.com/@trans.parenz
  • Foto: Enya Aßmann

Hamburger Aktivist: „Queere Menschen merken, dass die Stimmung schlechter wird“

Der Hamburger Duke Duong (28) ist trans und leistet in den sozialen Netzwerken wichtige Aufklärungsarbeit. Meist sachlich, zwischendurch auch mal lustig, räumt er mit Vorurteilen auf und kämpft gegen Transfeindlichkeit. Im MOPO-Interview spricht er über Hass im Netz, den Einfluss rechter Medien und Parteien – und darüber, was er jungen Menschen in einer Findungsphase und deren Angehörigen rät.

MOPO: In den sozialen Netzwerken folgen Ihnen Zehntausende. Wie kam es dazu, dass Sie sich entschieden haben, mit dem Thema trans sein an die Öffentlichkeit zu gehen?

Duke Duong: Ich habe schon mit 14 lustige YouTube-Videos gedreht. Als junger Erwachsener wusste ich dann natürlich, dass ich mit dem trans Sein ein Lebensthema habe – aber ich war noch nicht bereit, damit so offen umzugehen. Die Transition habe ich für mich selbst gemacht. Meine Familie und enge Freund:innen wussten natürlich davon und haben mich begleitet. Aber wenn ich in den letzten Jahren jemanden kennengelernt habe, habe ich nicht erzählt, dass ich trans bin – auch weil ich irgendwann einen Punkt erreicht hatte, an dem man es mir nicht mehr angemerkt hat. Ich habe aber gemerkt, dass es einen großen Informationsbedarf bei dem Thema gibt – und dass ich bereit war, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.

Das erfordert Mut, gerade in den sozialen Netzwerken, wo die Kommentarspalten oft voller Hass und Häme sind.

Mir war bewusst, dass mir Hass begegnen würde. Dass nicht alle tolerant gegenüber dem sind, wie ich bin. Als queerer Mensch outet man sich im Leben ständig – das wird niemals aufhören. Aber klar ist es noch mal was anderes, das vor Menschen zu tun, die man gar nicht kennt, von denen man nicht weiß, wie sie drauf sind. Sich da zu öffnen und seine Lebensgeschichte zu erzählen. Aber irgendwann dachte ich mir: Ich bin stark genug, wenn Hass kommt, dann kann ich damit umgehen. Wir brauchen Sichtbarkeit für diese Themen.

Rechte Parteien und so genannte „alternative Medien“ haben das Thema für sich entdeckt, sie stellen trans sein als Trend und als Bedrohung für die „normale“ Gesellschaft da.

Das ist Propaganda, die da gemacht wird. Es werden zig Millionen Euro da hineingepumpt, um ein Weltbild zu pushen, das Menschen, die anders sind als die Mehrheitsgesellschaft, kleinhält. Das macht mir große Angst und das verstärkt den Hass. Trans und queere Menschen merken, dass die Stimmung gegen sie schlechter wird. Da werden Feindbilder geschaffen, die Menschen mobilisieren. Ich verstehe das einfach nicht: Wir haben doch ganz andere Probleme als queere Menschen, aber wir werden zum Problem gemacht. Wir wollen doch einfach nur ein ganz normales Leben führen.

Insbesondere Rechte sagen, dass zu viel über Minderheiten berichtet werde.

Ein riesiges Problem ist, dass viele nicht verstehen können und wollen, welche Probleme queere Menschen in Deutschland nach wie vor haben, wie sie im Alltag, im Job, im öffentlichen Leben diskriminiert werden. Viele sind mit einem Verständnis von Offenheit und Toleranz aufgewachsen – aber das reicht ja nicht. Es geht da auch um Menschen, die Rassismus erfahren, Menschen mit Behinderung – gesellschaftliche Minderheiten, deren Probleme oft nicht gesehen werden. Und deshalb ist es auch wichtig, dass weiter darüber berichtet wird. Wenn mir jemand sagt: Aber wir sind doch schon tolerant, es ist doch langsam genug – dann entgegne ich: Nur weil du es weißt, wissen es die anderen ja längst noch nicht.

Erleben Sie einen Wandel bei den Vorurteilen, die Ihnen begegnen – in den sozialen Netzwerken und im echten Leben?

Vor einigen Jahren wurde ich Dinge gefragt wie: Was war das für ein Prozess, den du da durchgemacht hast? Welche Herausforderungen hast du im Leben? Jetzt höre ich provokante Fragen wie: Findest du nicht auch, dass immer mehr Menschen trans werden? Als würden Menschen dadurch trans, dass es mehr Sichtbarkeit gibt! Die Neugier ist in Teilen dem Drang zu verletzen und zu beleidigen gewichen – und da haben Rechte und extrem Konservative natürlich gehörigen Einfluss dran. Ich bin niemand, der Leute verurteilt, weil sie etwas kritisch sehen. Aber Queer- und Transfeindlichkeit und Hass sind doch keine Kritik oder angemessene Meinungsäußerung. Ein Mensch, der die Lebensberechtigung eines anderen infrage stellt, weil der anders ist, äußert keine Meinung.

Wie kämpfen Sie dagegen durch Ihre Arbeit in den sozialen Medien an?

Ich versuche, Probleme sichtbar zu machen, Aufklärung zu betreiben. Das Ganze möglichst nachvollziehbar für jede:n, also auch so wenig Fachbegriffe wie möglich zu verwenden. Mir ist klar, dass Aufklärung ein Prozess ist. Ich erwarte nicht, dass die Leute direkt sagen: Oh, stimmt, das sehe ich jetzt wie du. Aber ohne Information und Austausch kommt man nicht weiter. Ich rate Menschen, sich zu informieren, natürlich sich auch unterschiedliche Positionen einzuholen. Ich sage auch auf meinen Social-Media-Kanälen: Glaubt nicht nur mir, ich kann auch mal Bullshit reden – was ich sage, hängt natürlich auch von meiner Meinung ab. Es ist immer gesund, andere Perspektiven mit einzubeziehen.

Was raten Sie Jugendlichen, die in einer Selbstfindungsphase sind?

Ich rate dazu, sich selbst keinen Druck zu machen. Es ist wahnsinnig schwierig in unserer heutigen Zeit, sich selbst zu finden. Es gibt so viele Möglichkeiten, man selbst zu sein. Wenn mich Leute ansprechen und sagen „Ich weiß nicht, ob ich trans, schwul, lesbisch, bi oder was auch immer bin“ – dann ist meine Antwort: Dann ist das so. Du musst dich für niemanden entscheiden, nicht für deine Eltern, nicht für deine Freund:innen oder die Gesellschaft, die Menschen am liebsten gerne sofort in Schubladen steckt. Es ist okay, mal eine Phase im Leben zu haben, in der man unsicher ist. Es hilft auf alle Fälle, mit Menschen zu sprechen, die in einer ähnlichen Situation sind, oder auch mal eine professionelle Beratungsstelle aufzusuchen.

Und was sagen Sie Familie und Freund:innen?

Da gilt eigentlich das Gleiche: Niemanden drängen und unter Druck setzen, einfach da sein, zuhören, fragen, wie man die Person unterstützen kann. Empathie zeigen ist das Allerwichtigste.

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