• Altenpflegerin Joy Glandt ist trotz Coronakrise unterwegs, um zu helfen.
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Hamburger Corona-Heldin: „Mir fehlt die Anerkennung – und ein freier Parkplatz“

Es sind Kassiererinnen, Busfahrer und Pflegerinnen, die das Leben in der Hansestadt in Corona-Zeiten am Laufen halten. Eine dieser Alltagsheldinnen ist Joy Glandt. Sie versorgt und tröstet trotz Kontaktverbot. Joy freut sich über Balkon-Applaus und ab und zu einen Parkplatz.

In diesen Tagen ist für Joy Glandt vieles anders. Weil die Kita-Notbetreuung für ihren vierjährigen Sohn erst um acht Uhr öffnet, startet ihr Arbeitstag später als sonst. Normalerweise würde sie sich für ihren Job auch keinen Mundschutz und keine Handschuhe überziehen. Und sie würde ihre Kunden und Kundinnen gelegentlich in den Arm nehmen, vor allem diejenigen, für die sie der letzte regelmäßige soziale Kontakt ist.

Hamburgerin Joy Glandt: Trotz Corona-Gefahr im Einsatz

Joy Glandt ist 28 Jahre alt und arbeitet als Altenpflegerin bei einem ambulanten Dienst im Hamburger Stadtteil Farmsen-Berne. Sie ist eine von denen, die trotz Corona-Krise jeden Tag draußen unterwegs sind. Eine, die zuhört, versorgt und tröstet, trotz Kontaktverbot und Abstandsregeln. Zwölf Pflegebedürftige besucht Glandt an einem Tag. Die meisten von ihnen gehören zur Risikogruppe, für die eine Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus besonders gefährlich ist.

„Die größte Angst ist, dass ich jemanden anstecke. Das könnte ich mir nicht verzeihen, wenn ich diejenige wäre, die jemanden ansteckt“, sagt Glandt, während sie aus ihrem Pflegemobil steigt und dabei eine Flasche Desinfektionsmittel aus ihrer Tasche kramt. Sie ist auf dem Weg zu Ursula Weiss, 73, die in dem Hamburger Randbezirk in einem Mietshaus lebt. Bevor sie die kleine Wohnung betritt, streift sie sich Mundschutz und Handschuhe über.

Video: Desinfektionsmittel für die Hamburger Feuerwehr und das UKE

Drinnen hängt dicker Zigarettenrauch in der Luft. Auf der Sofalehne sitzt „Holli“, ein grüner Mini-Papagei. Daneben Ursula Weiss, Kettenraucherin mit Lungenkarzinom. Jeden Morgen kommt Glandt zum Wickeln der Kompressionsverbände hier her. Am Abend kommt der Spätdienst ein zweites Mal. „Angst vor dem Virus hab ich keine, aber ich bin heilfroh, dass Joy noch kommt“, sagt Ursula Weiss.
Damit die Pflegerin weiterhin kommen kann, muss diese ihr Privatleben stark einschränken. „Mit einem Kleinkind ist das schwer“, erzählt die alleinerziehende Mutter.

Altenpflegerin in Hamburg: Kontaktvermeidung ist oft nicht möglich

„Ich würd die Joy so gern knuddeln, aber das geht ja nicht“, sagt Kläre Langfeld, 83, die nächste Kundin auf Glandts täglicher Tour, und seufzt. Auch hier, in einem aufgeräumten Wintergarten in Farmsen-Berne, wechselt die Pflegerin Kompressionsstrümpfe. Ein Unterfangen, bei dem der Kontakt nur kurz ist. „Schwierig wird es, wenn ich meine Klienten komplett waschen oder eine Dränage legen muss. Da muss ich einfach ran.“

Alltags-Heldin Joy Glandt: „Ich liebe diesen Beruf“

Die alten Menschen scheinen die junge Pflegerin mit blondiertem Pferdeschwanz, schwarzer Lederjacke, Tattoos und goldenen Piercings sehr zu mögen. „Ich liebe diesen Beruf, und wenn man offen, freundlich und ein bisschen verrückt ist, dann kommt das meistens ganz gut an bei den Klienten“, sagt Glandt. Gleichzeitig sei die Verantwortung sehr groß. „Ich denke Zuhause noch oft drüber nach, ob ich alles erledigt und richtig gemacht habe. Irgendwie hört das nie auf“, sagt sie.

Pfleger: Sorgen wegen nicht ausreichender Schutzkleidung

Was der Pflegerin auch Sorgen macht, ist, dass den ambulanten Pflegediensten allmählich die Schutzkleidung ausgeht. Dass der Mangel immer stärker wird, bestätigt auch die Hamburgische Pflegegesellschaft. Meldungen der Verbandsmitglieder zeigten, dass praktisch kein neues Schutzmaterial mehr ankomme. „Auf neues Desinfektionsmittel warten wir jetzt seit Februar“, sagt Nadine Musall, Geschäftsführerin von Care Vitalmed Hamburg, dem privaten Pflegedienst, für den Joy Glandt arbeitet.

Rund 19.000 Menschen wurden in Hamburg nach Angaben des Statistikamts Nord zum Zeitpunkt der letzten Erhebung von ambulantem Pflegepersonal Zuhause betreut. Rund 70 Prozent der Pflegekräfte waren Frauen. Die rund 370 ambulanten Dienste in der Hansestadt bezahlen ihren Angestellten unterschiedlich viel. Im Schnitt verdiene eine examinierte Altenpflegerin rund 3000 Euro brutto, sagt Musall.

Hamburgerin Glandt: „Mir fehlt kein Geld, sondern die Anerkennung“

„Was mir fehlt ist nicht das Geld, sondern die Anerkennung von den Leuten – und manchmal ein freier Parkplatz“, sagt Glandt, die gerade versucht, ihren Wagen in eine enge Parklücke zu platzieren. In Zeiten von angeordneter Heimarbeit müsse sie in den Wohnvierteln oft mehrmals um den Block fahren bis sie einen freien Parkplatz finde.
Dass neuerdings die Menschen auf den Balkonen für Ärzte und Pflegekräfte applaudieren, bewege sie aber sehr.

Glandt erzählt, wie sie in der letzten Woche einmal abends auf der Terrasse ihres Vaters stand und die Anerkennung der Nachbarn genoss. „Das war einfach schön, da hatte ich Tränen in den Augen. Und dann habe ich mitgeklatscht, vor allem für die Kassiererinnen im Supermarkt und die Ärzte im Krankenhaus“, sagt sie. Traurig sei es, dass es für mehr Anerkennung erst so eine Krise brauche. 

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In Zeiten der Corona-Krise bringt Glandt ihren Klienten manchmal Kleinigkeiten aus dem Supermarkt mit. Sie möchte verhindern, dass die Pflegebedürftigen „wegen zwei Tomaten“ das Haus verlassen. So etwas erledigt die Pflegerin freiwillig, meistens nach ihrer Arbeitszeit. „Ich möchte trotz der persönlichen Belastung mit dem Kopf ganz für meine Klienten da sein kann“, sagt Glandt. Dafür gebe sie jetzt alles. Jeden Tag.

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