Hamburg schüttet wertvolle Moorfläche zu – doch keine Firma will da hin
Aktuell wird viel über die Renaturierung von Mooren gesprochen. Hamburg hingegen beschäftigt sich damit, ein Feuchtbiotop als Industriegebiet zu bebauen – als Gewerbepark Neuland 23 an der A1. Das war vor mehr als sechs Jahren, gebaut wurde bis heute nicht. Die Wirtschaftsbehörde gibt sich noch optimistisch, Umweltschützer hingegen haben ganz andere Ideen für das brachliegende Areal.
Aktuell wird viel über die Renaturierung von Mooren gesprochen. Hamburg hingegen beschäftigt sich damit, ein Feuchtbiotop als Industriegebiet zu bebauen – als Gewerbepark Neuland 23 an der A1. Das war vor mehr als sechs Jahren, gebaut wurde bis heute nicht. Die Wirtschaftsbehörde gibt sich noch optimistisch, Umweltschützer hingegen haben ganz andere Ideen für das brachliegende Areal.
Sieben Jahre ist es her, dass sich Olaf Scholz (SPD) als Bürgermeister mit den Chefs von DHL vor die Presse stellte und einen Super-Deal verkündete. Der Paketriese wollte an der A1 ein riesiges Logistikzentrum bauen und 1400 Arbeitsplätze schaffen.
Für den Umbau der Fläche zum Gewerbepark mussten Tellerschnecke und Schlammpeitscher umgesiedelt werden. Eine gigantische Torfschicht wurde trockengelegt und teils fünf Meter hoch Sand aufgeschüttet: 30 Millionen Euro hat die Stadt Hamburg in den Gewerbepark Neuland 23 an der A1 investiert.
Neuland 23: Hamburg legt Feuchtgebiet trocken – DHL baut trotzdem nicht
Drei Jahre später war klar: DHL zieht sich zurück, kein Bedarf mehr. Seit 2019 bemüht sich die Stadt nun um eine Neuansiedelung, ohne Erfolg.
Im Juni 2022 war zuletzt ein Interessen-Bekundungsverfahren erfolglos beendet worden. 29 Interessenten gab es, doch es konnte laut einer Senatsanfrage der CDU „kein Einklang mit den Zielen des Interessen-Bekundungsverfahrens“ hergestellt werden. Liegt es am Erbbaurecht? Oder an den hohen Umweltauflagen?
Hamburg Neuland: Gewerbepark ohne Interessenten
Die Wirtschaftsbehörde hat das Gelände ständig gepriesen und betont, wie leicht es zu vermarkten sei. Die Fläche sei einzigartig, zudem in vollerschlossenem Zustand mit optimaler Verkehrsanbindung und könne daher nun problemlos neu vermarktet werden. Auch von Hamburg Invest hieß es immer, die Nachfrage nach dieser Fläche sei riesig. Auch jetzt wird betont, man sei „mit konkreten Interessenten im Gespräch“.
In den aktuell stürmischen, unübersichtlichen Zeiten sicherlich noch schwieriger zu vermarkten: Das Projekt Neuland 23 wird zudem als eines von 19 „Klima-Modell-Quartieren“ geplant. Mit kühlenden Gründächern, Fassadenbegrünung, einem integrierten Regenwasser- und Energiemanagement und Fotovoltaik-Anlagen.
Das Gelände muss längs der Autobahn mit einem 30 Meter breiten Grünzug aus doppelreihig großwachsenden, einheimischen Bäumen bepflanzt werden. Sie müssen bereits bei der Pflanzung einen Umfang von 18 bis 20 Zentimetern haben. Selbst der Abstand der Bäume zueinander ist festgelegt. Ob die geforderte Anzahl von 1500 Arbeitsplätzen angesichts der schwierigen Vermarktungslage noch aktuell ist?
BUND: Raststätte Stillhorn auf die Neuland-Fläche bauen
Und nur einen Katzensprung weiter hinter der Stadtgrenze soll erneut eine Moorfläche mit Torfschichten und Feuchtwiesen zugeschüttet werden. Für die Umsiedelung der Raststätte Stillhorn. Sie liegt bisher auf Hamburger Gebiet, für eine Umsiedelung sei aber kein Platz. Deshalb wird sie in der südlichen Elbmarsch auf niedersächsischen Flächen realisiert.
Hamburger Kirchturmpolitik beim Umweltschutz, wie man ihn auch vom Schlickstreit kennt. Die Naturschutzorganisation BUND fordert nun, die Raststätte Stillhorn auf diese Fläche in Neuland zu bauen, damit nicht erneut ehemalige Moorflächen verlorengehen. Gisela Betram vom BUND: „Am liebsten wäre mir, die Fläche würde rückgebaut, aber das ist wohl illusorisch.“
Aber auch die Stillhorn-Idee lehnt die Wirtschaftsbehörde ab. Gisela Bertram vom BUND: „Hamburg will offenbar lieber neue Fläche zerstören statt bestehende Flächen umzunutzen.“