Hamburgs Schnelltest-Desaster: „Familien in Angst und Schrecken versetzt“
Mega-Schnelltest-Ärger in Hamburg: Der Hersteller Genrui hat eine fehlerhafte Charge zurückgerufen, die vor allem an Schulen und Kitas verwendet wurde. Senator Ties Rabe (SPD) kocht vor Wut.
Es ist ein verbaler Ausbruch, wie man ihn selten öffentlich erlebt. „Die fehlerhaften Tests haben Kosten in Millionenhöhe verursacht und zahllose Schulgemeinschaften und Familien mit falschen Corona-Meldungen in Angst und Schrecken versetzt“, poltert der Schulsenator. Zuvor hatte ihn vom Test-Hersteller Genrui eine regelrechte Hiobsbotschaft erreicht.
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Mega-Schnelltest-Ärger in Hamburg: Der Hersteller Genrui hat eine fehlerhafte Charge zurückgerufen, die vor allem an Schulen und Kitas verwendet wurde. Senator Ties Rabe (SPD) kocht vor Wut.
Es ist ein verbaler Ausbruch, wie man ihn selten öffentlich erlebt. „Die fehlerhaften Tests haben Kosten in Millionenhöhe verursacht und zahllose Schulgemeinschaften und Familien mit falschen Corona-Meldungen in Angst und Schrecken versetzt“, poltert der Schulsenator.
Zuvor hatte ihn die Nachricht erreicht, dass der Schnelltest-Hersteller Genrui zwei Chargen zurückruft, weil sie für viele falsch-positive Ergebnisse sorgten. Eine der Chargen, immerhin 4,1 Millionen Tests, wurde auch nach Hamburg geliefert. 80 Prozent der falschen Tests landeten an Hamburgs Schulen.
Omikron: Falsche Testergebnisse in Hamburg
Ende des vergangenen Jahres klagten Schüler:innen und Lehrer:innen über sich häufende falsch-positive Ergebnisse. Zunächst vermutete die Schulbehörde eine falsche Anwendung der Tests, dann dass die Erkältungssaison und laufende Nasen der Grund sein könnten. Schließlich orderte man zu Beginn des neuen Jahres Tests des Herstellers Siemens Healthcare, die nun zum Einsatz kommen.
Nun ist der Grund für die vielen fehlerhaften Positivergebnisse geklärt. In einer kurzen Mail (liegt der MOPO vor) bittet der Hersteller um Entschuldigung für die „Unannehmlichkeiten.“ Viel zu wenig, findet Ties Rabe, der damit auf Senatsebene nicht alleine ist. „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass der Hersteller nach diesen gewaltigen Problemen jetzt lediglich eine schnodderige E-Mail in alle Welt verschickt, ohne sich um Wiedergutmachung und Schadenersatz zu bemühen.“ Der Senat will rechtliche Schritte prüfen.
Betroffen sind laut Mitteilung die Chargen LOT-Nr. 20211008 und 20211125. Eine dieser Chargen (LOT-Nr. 20211008) wurde ab Oktober 2021 auch nach Hamburg geliefert. Die Firma Genrui bestätigte gleichzeitig, dass die Verlässlichkeit von Negativ-Resultaten durch den Fehler nicht beeinträchtigt sei.
Das Problem bei falsch-positiven Tests ist, dass Personen, die ein solches Ergebnis bekommen, sich umgehend isolieren müssen – obwohl sie gar nicht erkrankt sind. Erst ein anschließend durchgeführter PCR-Test (bei seriellen Testungen auch ein Antigen-Test) bringt in den Fällen Klarheit und beendet die Isolation.
Bis zuletzt wurden Tests des Herstellers auch in anderen Einrichtungen wie bei der Polizei, der Feuerwehr, Justiz und Behörden verwendet. Auch Tests, die ursprünglich für die Schulen vorgesehen waren, wurden in jüngerer Vergangenheit an Polizei und Feuerwehr gegeben – dort testete man nach MOPO-Informationen bei falsch-positiven Ergebnissen gerne einmal mit einem anderen Hersteller gegen.
Genrui-Restbestände dürfen noch genutzt werden
CDU-Politiker Dennis Gladiator hatte den Senat deshalb kritisiert. „Dass der Senat diese Tests, die in den Schulen zurecht vollständig gegen die Selbsttests von Siemens ausgetauscht wurden, nun ausgerechnet von der Polizei und Feuerwehr aufgebraucht werden sollen, ist nicht nur in Anbetracht des Umstands, dass die kritische Infrastruktur unbedingt aufrechterhalten bleiben muss, inakzeptabel und verantwortungslos!“
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Künftig wird Hamburg keine Tests mehr von Genrui kaufen, Restbestände dürfen aber noch aufgebraucht werden. Natürlich aber nur, wenn sie nicht zur zurückgerufenen Charge gehören. Glück im Unglück: Die nun zurückgerufenen Tests sollen zuverlässig Infektionen erkannt haben – es gab in die andere Richtung also keine Falschmeldungen.
Unterdessen hat das IT-Kollektiv Zerforschung eine Web-Anwendung entwickelt, mit der man die Qualität der Tests überprüfen kann. Öffnet man auf seinem Smartphone die Seite schnelltesttest.de erhält man direkt die Möglichkeit, einen Barcode zu scannen oder den Code manuell einzugeben. Der Schnelltest-Tester verwendet zur Überprüfung Daten aus der Bewertung des Paul-Ehrlich-Instituts.