Aus syrischen Flüchtlingen werden Deutsche – doch die „gute Bilanz“ hat einen Haken
In diesem Jahr wollten so viele Menschen in Hamburg deutsche Staatsbürger werden wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Das liegt vor allem an den 2015 und 2016 geflohenen Syrern, die dank einer besonderen Regel schon jetzt eingebürgert werden können. Merkels „Wir schaffen das!“ hat sich aus Sicht der Hamburger Arbeitsagentur bewahrheitet – doch bei genauem Hinsehen offenbaren die Zahlen auch ein großes Problem. Und die große Einbürgerungswelle steht der Hansestadt noch bevor.
In diesem Jahr wollten so viele Menschen in Hamburg deutsche Staatsbürger werden wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Das liegt vor allem an den 2015 und 2016 geflohenen Syrern, die dank einer besonderen Regel schon jetzt eingebürgert werden können. Merkels „Wir schaffen das!“ hat sich aus Sicht der Hamburger Arbeitsagentur bewahrheitet – doch bei genauem Hinsehen offenbaren die Zahlen auch ein großes Problem. Und die große Einbürgerungswelle steht der Hansestadt noch bevor.
8321 – so viele Einbürgerungsanträge wurden in diesem Jahr in Hamburg gestellt (MOPO berichtete). Das sind so viele wie seit 22 Jahren nicht mehr. Das Rekordhoch ist damit zu erklären, dass 2015 und 2016 geflüchtete Syrer:innen nun, nach sechs Jahren, die Möglichkeit haben, eingebürgert zu werden.
Hamburg: Am häufigsten werden geflüchtete Syrer eingebürgert
903 Einbürgerungen sind in diesem Jahr auf geflüchtete Syrerinnen und Syrer zurückzuführen. Das geht aus Zahlen der Behörde für Migration hervor, die der MOPO vorliegen.
In der Regel kann eine Einbürgerung erst nach acht Jahren Aufenthalt beantragt werden. Bei besonders guter Integration, darunter fallen sehr gute Deutschkenntnisse oder schulische Leistungen, kann dies jedoch auch bereits nach sechs Jahren der Fall sein – und dieser Zeitpunkt ist nun erreicht.
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Auffällig ist, dass besonders viele Syrer:innen jetzt schon die Möglichkeit haben, sich einbürgern zu lassen. Dieser Trend der guten Integration zeigt sich auch auf dem Arbeitsmarkt: Während 2017 noch 821 Menschen mit syrischer Staatsbürgerschaft sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, waren es im März diesen Jahres 5145.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass die Hartz–IV-Quote bei Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit in Hamburg deutlich höher liegt, als bei Deutschen: Von den ungefähr 17.800 Syrern, die in Hamburg leben, beziehen knapp 7300 Arbeitslosengeld II – das ist eine Quote von 41 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Hamburger Gesamtbevölkerung beträgt diese Quote nur knapp 7 Prozent.
Dennoch zieht die Hamburger Arbeitsagentur eine positive Bilanz: „Wir haben versucht, syrische Flüchtlinge, so gut wie es ging, in Arbeit zu bekommen. Und das haben wir sehr gut hinbekommen“, so Sprecher Knut Böhrnsen zur MOPO. Auch in der jüngsten Vergangenheit stiegen die Beschäftigungszahlen von Syrern weiter an, was damit zu erklären sei, dass auch vor sechs Jahren Geflüchtete erst jetzt in den Arbeitsmarkt integriert werden. „Das braucht eben einiges an Zeit“, so Böhrnsen. Die hohe Hartz-IV-Quote bei Syrer:innen möchte er daher auch nicht als per se negativ werten.
Die große Einbürgerungswelle steht noch aus
Laut Migrationsbehörde sei auffällig, dass „sehr viele besonders gut integrierte syrische Staatsangehörige die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach sechs Jahren erfüllen.“ Den „Sonderfall“, bereits nach sechs Jahren eingebürgert zu werden, gibt es also bei syrischen Geflüchteten besonders oft. Dies deckt sich auch mit den Zahlen der Arbeitsagentur.
Zum Jahresende geht das Amt für Migration von 10.500 Einbürgerungsanträgen aus. 2023 und 2024 sei „mit zumindest gleichbleibend hohen Antragszahlen zu rechnen.“ In zwei Jahren wird dann die reguläre Mindestaufenthaltsdauer von acht Jahren erreicht sein – dann könne „mit einer weiteren Steigerung der Antragszahlen gerechnet werden“. Mit anderen Worten: Das eigentliche Hoch der Einbürgerungen steht noch aus.