SUV-Raser tötet Pizzaboten: „Ich wünschte, ich wäre auch gestorben!“
9. August 2021: Die Lohbrügger Landstraße in Bergedorf ist ein Trümmerfeld. Ein SUV liegt auf der Seite, um ihn herum andere zerstörte Autos. Bei dem Crash wird ein Mann (23) so schwer verletzt, dass er kurze Zeit später stirbt. Nun muss sich der Fahrer des SUV vor dem Amtsgericht Bergedorf unter anderem wegen fahrlässiger Tötung verantworten – der Prozess entwickelt sich zum Drama.
9. August 2021: Die Lohbrügger Landstraße in Bergedorf ist ein Trümmerfeld. Ein SUV liegt auf der Seite, um ihn herum andere zerstörte Autos. Bei dem Crash wird ein Mann (23) so schwer verletzt, dass er kurze Zeit später stirbt. Nun muss sich der Fahrer des SUV vor dem Amtsgericht Bergedorf unter anderem wegen fahrlässiger Tötung verantworten – der Prozess entwickelt sich zum Drama.
„Meinem Mandanten geht es sehr, sehr schlecht. Er ist die ganze Zeit schon am Zittern.“ Die Anwältin von Ismail S. macht zum Prozessauftakt am Dienstag klar, dass der Angeklagte psychisch leidet – zu groß ist sein Schuldgefühl. Der 31-Jährige ist wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und Gefährdung des Straßenverkehrs angeklagt.
Ismail S. war am 9. August 2021 um kurz nach 20 Uhr mit dem Mercedes GLC (gut 2,5 Tonnen schwer, 260 PS) seiner Frau auf der Lohbrügger Landstraße unterwegs. Er bretterte statt mit erlaubten 50 Stundenkilometern mit 68 km/h über die Straße.
SUV-Fahrer brettert mit 68 km/h über Lohbrügger Landstraße
24 Stunden vorher hatte er einen Joint geraucht, war mit Medikamenten vollgedröhnt. Er nahm Anti-Depressiva und Schlafmittel – wegen der Corona-Pandemie und seines stressigen Jobs hatte er damals sehr gelitten. Als studierter Betriebswirtschaftler arbeitete er in der Buchhaltung der ambulanten Pflegeeinrichtung seiner Frau. Doch wenn es dort Engpässe gab, erledigte er auch kleinere Pflegeaufgaben.
An besagtem Abend verlor er die Kontrolle über seinen Wagen. Der schwere Wagen krachte gegen ein parkendes Auto, erfasste einen Pizzaboten und blieb mitten auf der Straße auf der Fahrzeugseite liegen.
Hamburg: Pizzabote bei Crash mit SUV getötet
Dem Pizzaboten wurde ein Bein abgerissen, er erlitt Schädelbrüche und ein Schädelhirntrauma – der 23-Jährige starb einen Tag später im Krankenhaus. Er kam aus Afghanistan, war in Deutschland, um Geld für seine Familie zu verdienen, sagt ein Freund und Kollege, der als Zeuge aussagt. „Er wollte für immer in Deutschland bleiben, um seine Familie zu unterstützen. Er wollte leben und helfen.“
An den Unfall kann sich der Angeklagte nicht erinnern, sagt er. Auch das belaste ihn sehr: „Etwas ohne Erinnerung zu verarbeiten ist unmöglich.“ Am SUV entstand ein Totalschaden, der Angeklagte selbst wurde bei dem Unfall nicht verletzt.
Tödlicher Crash in Hamburg: SUV-Fahrer „ohne Erinnerung“
Anders Helge G.. Der 58-Jährige stand mit seinem Wagen ebenfalls an der Lohbrügger Landstraße, als der Unfall passierte. Er sah nur noch den schwarzen SUV auf sich zufliegen, mit den Rädern in der Luft. Danach kann auch er sich an nichts mehr erinnern: „Ich hörte nur noch das Zerreißen meines Autos, einen Knall, und dann ist alles weg“. Sechs Rippen wurden von seinem Brustbein abgerissen. Drei Monate lang lag er krank zu Hause.
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Als der Zeuge seine Leidensgeschichte schildert, fängt der Angeklagte an zu weinen. Seine Verteidigerin fasst ihm ans Knie. Er dreht sich demonstrativ vom Publikum weg, richtet sich dann plötzlich auf und ruft: „Ich wünschte, ich wäre auch bei dem Unfall gestorben! Ich kann mich nur entschuldigen.“ Der Prozess wird am 10. Mai fortgesetzt.