Zoff in Hamburg: Will der Immobiliengigant den „Männerclub“ rauswerfen?
Ärger in der Thielenstraße in Wilhelmsburg: Alteingesessene Läden wie der Kulturverein Makas e.V. bekommen vom Vermieter, der Vonovia, keine Verlängerung ihrer Mietverträge mehr. Eigentlich hatten die Vereinsmitglieder schon Pläne für eine Sanierung geschmiedet. Der Vermieter behauptet, die Streitigkeiten hätten eine Vorgeschichte.
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Mehrfach haben in den vergangenen Wochen Geschäftsleute und Anwohner der Thielenstraße in Wilhelmsburg gemeinsam demonstriert. Der Grund: Alteingesessene Läden wie der Kulturverein Makas e.V. bekommen vom Vermieter, der Vonovia, keine Verlängerung ihrer Mietverträge mehr. Eigentlich hatten die Vereinsmitglieder schon Pläne für eine Sanierung geschmiedet. Der Vermieter behauptet, die Streitigkeiten hätten eine Vorgeschichte.
Die Thielenstraße ist in etwa zehn Minuten fußläufig vom S-Bahnhof Wilhelmsburg erreichbar. Trotz der guten Anbindung sieht es hier aus, als wäre die Gegend lange sich selbst überlassen worden.
Mitglieder kämpfen um Kulturtreff in Wilhelmsburg
Auf der belebteren Straßenseite reihen sich ein Döner-Imbiss, eine Bäckerei und ein Café aneinander, dazwischen herrscht teils Leerstand. Ein paar Jugendliche stehen um einen Benz herum und unterhalten sich.
Der Kulturverein Makas e.V. befindet sich an der Ecke Thielenstraße / Wehrmannstraße. In den Fenstern hängen selbstgemalte Schilder wie „Wir gehen nicht raus“. Für einige Männer hier in der Gegend ist der Verein ein wichtiger Treffpunkt, man tauscht sich aus und hilft sich auch mal gegenseitig bei Behördensachen. Jetzt soll damit Schluss sein.
Vonovia verlängert Mietvertrag nicht
„Zu Ende Mai wurde uns der Mietvertrag von der Vonovia gekündigt, jetzt sind wir noch aus Protest hier“, sagt Xuki Saini, Mitglied des Kulturvereins. Insgesamt dreimal waren sie schon gemeinsam mit benachbarten Geschäftsleuten auf der Straße, um für ihren Treffpunkt zu kämpfen.
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„Natürlich wollen wir auch, dass die Gegend verschönert wird“, sagt Saini. „Wir haben ein Konzept erarbeitet, um den Treffpunkt zu verschönern, aber die Vonovia lässt einfach nicht mit sich reden.“
Vereinsmitglieder wollen selbst sanieren
Ekan, der ebenfalls Mitglied im Kulturverein ist, zeigt der MOPO die Visualisierungen, die seine Freunde und er schon vor einem Jahr erarbeitet haben. Aus dem Kulturverein sollte ein Gastgewerbe werden mit einem kleinen Außenbereich zum Sitzen und Quatschen, die Finanzierung habe auch schon gestanden.
Auf MOPO-Anfrage bei Vonovia heißt es, dass der Verein nicht der Vertragspartner sei sondern eine Einzelperson. „Die mietrechtlichen Streitigkeiten haben eine mehrjährige Historie“, sagt ein Sprecher. Gegenüber dem „Elbe-Wochenblatt“ sagte die Vonovia, bei Makas habe es Mietrechtsverstöße gegeben. Ein Spielautomat soll aufgestellt worden sein, ebenso sei ohne Lizenz Alkohol ausgeschenkt worden. Es handle sich auch nicht um einen offenen Kulturverein für jedermann, sondern um einen reinen Männerclub, an dem sich Frauen „noch nicht einmal vorbeitrauten“.
Das sagen Bezirk und Polizei zu den Vorwürfen
„Vor zwei Jahren haben wir uns einvernehmlich im Rahmen eines gerichtlichen und vollstreckbaren Vergleichs auf die Auflösung des Mietvertrags zum 31.5.22 geeinigt“, so Vonovia gegenüber der MOPO. Der Konzern wolle die frei werdende Fläche „im Rahmen der Quartiersentwicklung gerne einer neuen Nutzung zuführen, die einen Mehrwert für das Quartier bietet.“
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Die MOPO fragt bei der Polizei und im Bezirk an, ob im Kulturtreff bei Kontrollen Verstöße festgestellt worden sind. Der Bezirk teilte mit, dass keine Kontrollen durchgeführt wurden und man zu laufenden Verfahren keine Auskunft geben könne. Die Polizei sagte, es gebe keine konkreten Ermittlungsverfahren, die die einzelnen Vorwürfe untermauern.
„Das kann sich keiner mehr leisten“
Im Innenraum des Vereins stehen tatsächlich einige ausgeschaltete Spielautomaten in der Ecke. Die seien kaputt und nur vom Besitzer dort untergestellt worden, erklärt Ekan. Alkohol trinke hier auch niemand. Der einzige Gast an diesem Vormittag hat einen Kaffee vor sich stehen und raucht eine Zigarette. Frauen sind tatsächlich keine zu sehen. Anonym erzählen uns einige Anwohnerinnen, dass sie sich in der Nähe des Ladens unwohl fühlen, weil sie von den Männern dort im Vorbeigehen angemacht würden.
Saini und Ekan bestreiten das. Ihre neuen Entwürfe würden außerdem einen Ort schaffen, der für alle offen sei. Die beiden vermuten, dass die Vonovia den Verein raus haben will, um das Ladenlokal nach einer Sanierung teurer vermieten zu können. „Das kann sich dann keiner von uns mehr leisten“, ärgert sich Saini.
Brachfläche statt „Neues Korallusviertel“
Auf der anderen Straßenseite der Thielenstraße steht ein kleines Wohn- und Geschäftshaus an einer verwilderten Brachfläche. Auch in diesem Haus gibt es Läden, die Ärger mit Vonovia haben. Drumherum sollten eigentlich längst die Bauarbeiten für das „Neue Korallusviertel“ begonnen haben, ein schickes neues Wohnviertel.
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Doch meterhohe Grünpflanzen und ein Tümpel zeugen davon, dass der Investor „Consus“, hier seit Jahren wenig bewegt hat. Ende Februar diesen Jahres ist für die Thielenstraße der erste von vier Bauanträgen genehmigt worden. Ähnlich schwierig sieht es mit den anderen Projekten des wirtschaftlich in Schieflage geratenen Konzerns aus, wie dem Holsten-Areal in Altona. Die „Consus“ gehört übrigens der „Adler Group“, deren größter Anteilseigner Vonovia ist.
Dass sich in ihrer Straße etwas ändern muss, darüber sind sich alle Geschäftsleute hier einig. Zur Frage, wie das geschehen soll, wird es in Wilhelmsburg wohl noch einige Debatten geben.