„Ich hab‘ Bock!“: Uwe arbeitet seit 64 Jahren in einer Hamburger Traditionsfirma
Die meisten gehen mit 65 Jahren in Rente – nach einem vollen Arbeitsleben endlich mal die Beine hochlegen, um die Welt reisen oder die Zeit mit den Enkeln verbinden. Nicht so Uwe Reumann. Er ist 79 Jahre alt und arbeitet seit 64 Jahren in einer Finkenwerder Maschinenbaufirma. Aufhören kam für ihn nie in Frage. Warum tut er sich das an?
Die meisten gehen mit 65 Jahren in Rente – nach einem vollen Arbeitsleben endlich mal die Beine hochlegen, um die Welt reisen oder die Zeit mit den Enkeln verbringen. Nicht so Uwe Reumann. Er ist 79 Jahre alt und arbeitet seit 64 Jahren in einer Finkenwerder Maschinenbaufirma. Aufhören kam für ihn nie in Frage. Warum tut er sich das an?
Die Halle der Firma „Finkenwerder Metall- und Maschinenbau“ ist vollgestellt mit unterschiedlich großen Maschinen, auf den Werkbänken liegen Werkzeuge aller Art, auf dem Boden Sägespäne. Es ist laut, Männer – und eine Frau – arbeiten in dreckigen Blaumännern vor sich hin.
Auch Uwe Reumann steht an seiner Werkbank und tüftelt. Seine Hände sind schwarz vor Dreck – „die kriege ich gar nicht mehr sauber“, sagt er. Seit 64 Jahren Jahren arbeitet er als Maschinenbauer bei FMM.

Am 1. April 1959 fing er als Geselle bei FMM an – der Betrieb gehörte damals seinem Vater, mittlerweile ist die Firma nicht mehr in Familienhand. Nach seiner Gesellenprüfung ging er zwei Jahre lang zur Bundeswehr, 1965 kehrte er zurück. Früher ging er regelmäßig auf Montage, heute steht er ausschließlich in der Halle und repariert Maschinen aller Art für Großkunden, wie zum Beispiel Aurubis.
„Heute ist das alles viel anonymer“
Früher hatte er noch mehr Kontakt zu den Kunden, zum Beispiel zu Fischern, die ihre Kutter zu der Firma brachten. Die haben dann auch mal Fisch mitgebracht und an die Arbeiter verschenkt. „Heute ist das alles viel anonymer“, sagt er – genauso wie die Arbeit in der Firma, die früher deutlich familiärer gewesen sei.
Damals, so erzählt es Uwe Reumann, habe man nach Feierabend noch gemeinsam ein Bier getrunken. „Montags und dienstags nicht, da schmeckte es noch nicht wieder nach dem Wochenende.“ Die Stammkneipe „Zum schmierigen Löffel“ gibt es mittlerweile nicht mehr und hieß wohl so, weil der Wirt sich mit einem dreckigen Lappen die Hände säuberte, das Auto wusch – und auch die Gläser reinigte.
„Na, ich hab‘ Bock“
Heute arbeitet Uwe Reumann nur noch dienstags, mittwochs und donnerstags – immer von 7 Uhr bis 15.30 Uhr. Warum? „Na, ich hab‘ Bock“, sagt er laut und lacht. „Was soll ich denn den ganzen Tag zu Hause?“ Sport macht er keinen – „vielleicht hält mich das Rauchen gesund“.
Immer wieder gäbe es Tage, an denen er sich fragt, wieso er sich das überhaupt noch mit der Arbeit im hohen Alter antut. Doch im Großen und Ganzen würde ihm die Arbeit Spaß machen. Die Stunden zu reduzieren kommt für ihn nicht in Frage – „ganz oder gar nicht“. Das sagt er bestimmt mit seiner tiefen Stimme, obwohl er mit 64 Jahren im Ostsee-Urlaub einen Herzinfarkt erlitt, wiederbelebt werden musste und seitdem einen Schrittmacher und einen Defibrillator unter der Haut trägt.

„Das hier ist seine Erfüllung, sein Leben“, sagt sein Chef Bernd Schoenwald. Auf Uwe Reumann verzichten will er auf keinen Fall. „Er ist ein Handwerker der brillanten Art. Er kann drei Maschinen gleichzeitig bedienen, bei denen manche schon mit einer überfordert sind“, sagt er. Seine Firma hat rund 50 Mitarbeiter, darunter auch noch zwei andere Rentner, die ein paar Tage in der Woche arbeiten.
In Hamburg ist das jedoch die Ausnahme: Im vergangenen Jahr haben nur rund zehn Prozent der Menschen im Alter ab 65 Jahren gearbeitet – das sind allerdings knapp 5000 mehr, als es noch im Jahr 2017 waren, so die Hamburger Arbeitsagentur. Bundesweit stelle laut Statistischem Bundesamt für knapp zwei Drittel der älteren Erwerbstätigen ihre Tätigkeit eher einen Zuverdienst dar – so geht es auch Uwe Reumann.
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Ob er die 65 Jahre voll macht, weiß Uwe Reumann noch nicht. Er müsste dafür bis zum April 2024 arbeiten, vielleicht hört er aber auch in diesem August schon auf. „Da muss ich nochmal mit meiner Frau drüber sprechen“, sagt er.