Riesen-Quartier in Hamburg verkauft! Der Überlebenskampf des Bau-Investors
Es ist die wohl umstrittenste Immobilienfirma, die in unserer Stadt tätig ist: die Adler Group. Sie hat in der jüngeren Vergangenheit mehrere Grundstücke in Hamburg gekauft – meist sogenannte Filetstücke in Toplagen. In der Regel passierte anschließend oft wenig – obwohl Wohnraum in Hamburg so dringend benötigt wird! Die Adler Group ist chronisch pleite. Nun will der Konzern eins seiner Projekte im Hamburger Süden schleunigst loswerden – was heißt das für die anderen Standorte, etwa das zuletzt mehrfach in die Schlagzeilen geratene Holsten-Areal?
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Es ist die wohl umstrittenste Immobilienfirma, die in unserer Stadt tätig ist: die Adler Group. Sie hat in der jüngeren Vergangenheit mehrere Grundstücke in Hamburg gekauft – meist sogenannte Filetstücke in Toplagen. In der Regel passierte anschließend oft wenig – obwohl Wohnraum in Hamburg so dringend benötigt wird! Zuletzt sorgte die Gruppe vor allem deshalb Schlagzeilen, weil sie finanziell extrem angeschlagen ist. Nun hat der Konzern ein Projekt im Hamburger Süden verkauft – was heißt das für die anderen Standorte, etwa das heftig diskutierte Holsten-Areal?
Der Immobilienriese Adler Group hat das Bauprojekt „Neues Korallusviertel“ in Wilhelmsburg verkauft. Das wäre an sich keine spektakuläre Nachricht. Aber: Das Grundstück liegt seit Jahren brach, obwohl dort dringend benötigter Wohnraum entstehen sollte. Eine Baugenehmigung lag bereits vor. Im Gebiet zwischen der „Thielenstraße“ und „Auf der Höhe“ in Wilhelmsburg wollte die Adler Group längst 830 Wohnungen bauen. Die Fertigstellung des „Neuen Korallusviertel“ sollte bis 2022 stattfinden. Passiert ist fast gar nichts.
Adler Group verkauft „Neues Korallusviertel“
2019 wurde der städtebauliche Vertrag für das Grundstück zwischen dem Bezirksamt Hamburg-Mitte und der Adler-Tochtergesellschaft Consus Real Estate unterzeichnet und die Abbrucharbeiten begannen.
Für einige Wohngebäude gibt es inzwischen sogar Baugenehmigung – gebaut worden sind sie noch nicht. Ende August 2022 dann eine Nachricht im Halbjahresbericht der Adler Group: Die Grundstücke des „Neuen Korallusviertel“ wurden verkauft. Auf Anfrage der MOPO bei Adler wollte man sich nicht näher dazu äußern.
Klar ist aber auch: Eine Baugenehmigung macht ein Grundstück wertvoller. Immobilien-Spekulanten hoffen genau darauf: Grundstück kaufen, entwickeln bis zur Baugenehmigung und dann mit Millionen-Gewinn veräußern. „Mit einer Baugenehmigung für das jeweilige Projekt lässt sich mehr Geld herausschlagen“, ordnet Heike Sudmann, wohnungspolitische Expertin der Linksfraktion, ein. Durch die Genehmigung steige der Grundstückswert und auch die Gefahr des Weiterverkaufs an Spekulant:innen. Sudmann fordert: „Im Korallusviertel wie auch anderswo muss für den Senat gelten: keine Kompromisse eingehen, die nur der Wertsteigerung bei den Eigentümer:innen dienen.“
Stadt Hamburg prüft ihre Optionen
Der Käufer des Areals in Wilhelmsburg soll die Immobiliengesellschaft Empira Invest mit Sitz in der Schweiz und in Luxemburg sein, berichtet das „Abendblatt“. Ob Empira Invest nun das Bauvorhaben in Wilhelmsburg energischer vorantreibt? Auf MOPO-Anfrage beim neuen Besitzer gab es bislang keine Antwort.
Die Stadtentwicklungsbehörde erfuhr eigenen Angaben zu Folge erst in dieser Woche von dem Verkauf, der sich laut Adlers Bericht schon im Juli 2022 abgespielt haben soll. „Die Stadt prüft nun alle sich daraus ergebenen rechtlichen Möglichkeiten“, sagte ein Sprecher der Behörde auf MOPO-Anfrage. Auch der zuständige Bezirk Hamburg-Mitte will die „Entwicklung genau beobachten“.
Adler Group in den roten Zahlen
Deutet dieser Schritt auf eine Trendwende in der Strategie des Adler-Konzerns hin? Bislang hatte die Gruppe keine Anstalten gemacht, eines ihrer großen Projekte in Hamburg zu verkaufen. Doch fest steht: Adler braucht Geld, kämpft vermutlich ums finanzielle Überleben. Denn allein im ersten Halbjahr 2022 machte der Konzern mehr als 600 Millionen Euro Verlust.
Linke fordert: „Spekulant:innen abschrecken“
Im Korallusviertel könne die Stadt zeigen, ob sie gewillt sei, notfalls auch ein Baugebot für die genehmigten Wohnungen auszusprechen, meint Sudmann von der Linken. „Das letzte Jahr in Kraft getretene Baulandmobilisierungsgesetz macht es möglich – und kann Spekulant:innen abschrecken“, so Sudmann.
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Zuletzt hatte es aufgrund der finanziellen Schieflage von Adler auch immer wieder Ärger um das Holsten-Quartier in Altona gegeben. Eigentlich sollten hier bis 2020 schon 1300 neue Wohnungen gebaut worden sein.
Stadt Hamburg zweifelt an Adler Group
Als der Investor nach Aufforderung des Bezirks Altona keine Finanzierungszusage vorlegte, stoppte der Bezirk Anfang Juni die Arbeiten am Bebauungsplan für das Holsten-Quartier. Seitdem prüft die Stadt ihre Optionen, auch einen Ankauf zieht sie in Betracht. Nach Angaben eines Sprechers der Stadtentwicklungsbehörde sei allerdings weiterhin unklar, ob Adler überhaupt zu einem Verkauf bereit ist.
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Dass Adler „in der Lage ist, dieses für Hamburg wichtige Projekt umzusetzen, muss allerdings bezweifelt werden“, so der Sprecher. Der Konzern hält auf MOPO-Anfrage weiter an seinem Vorhaben fest und will bis 2027 immerhin noch 1200 Wohnungen an dieser Stelle realisieren.