Neue Details um angebliche Lehrer-Liste – Doch Schulbehörde mauert weiter
Der Ärger um eine angebliche Anweisung innerhalb der Hamburger Schulbehörde geht weiter. Die Behörde soll im vergangenen Jahr eine Liste von Lehrkräften in Auftrag gegeben haben, die in den sozialen Medien interne Daten verbreiten und vor der Präsenzpflicht warnen, heißt es in einem Dokument. Die MOPO berichtete. Nun ergab eine Anfrage der Linksfraktion in der Bürgerschaft, wie viele Lehrkräfte ins Visier gerieten. Zu dem Dokument will sich die Behörde weiterhin nicht äußern – eine Liste habe es nie gegeben.
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Der Ärger um eine angebliche Anweisung innerhalb der Hamburger Schulbehörde geht weiter. Die Behörde soll im vergangenen Jahr eine Liste von Lehrkräften in Auftrag gegeben haben, die in den sozialen Medien interne Daten verbreiten und vor der Präsenzpflicht warnen, heißt es in einem Dokument. Die MOPO berichtete. Nun ergab eine Anfrage der Linksfraktion in der Bürgerschaft, wie viele Lehrkräfte ins Visier gerieten. Zu dem Dokument will sich die Behörde weiterhin nicht äußern – eine Liste habe es nie gegeben.
Im Zusammenhang mit den falsch-positiven Schnelltestergebnissen an Schulen, die Ende vergangenen Jahres für Aufruhr sorgten, hätten „bis zu fünf“ Schulbeschäftigte in den sozialen Medien Informationen veröffentlicht. Dies geht aus der Antwort der Schulbehörde auf die Anfrage hervor, die der MOPO exklusiv vorliegt. Woher die Schulbehörde diese Informationen hat, ist aus der Antwort nicht ersichtlich. Eine Liste sei jedoch weder beauftragt noch erstellt worden, heißt es.
Schulbehörde: Es wurde keine Lehrer-Liste erstellt
Der Antwort auf die Anfrage ist lediglich zu entnehmen, dass die betreffenden Äußerungen der Schulbehörde im November 2021 „bekannt“ wurden. Die Schulbeschäftigten hätten „ohne Berücksichtigung der Datenschutzrechte“ der Schüler:innen Informationen über Infektions- und Verdachtsfälle an der eigenen Schule oder in einzelnen Schulklassen veröffentlicht. „Bis auf eine Lehrkraft taten sie dies, ohne ihren Klarnamen zu nennen.“ Die betreffende Lehrkraft sei auf die Rechtslage hingewiesen worden.
Angebliche Lehrer-Liste: Ist das Protokoll echt?
Das Dokument, aus dem die angebliche Anweisung für die Lehrer-Liste hervorgeht, soll ein Protokoll aus einer Lagebesprechung in der Schulbehörde vom 11. November 2021 sein. Für seine Echtheit spricht, dass es im Stil der offiziellen Protokolle der Stadt verfasst wurde, entsprechende interne Kürzel und korrekte Datenangaben enthält.
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Die Schulbehörde will sich weiterhin nicht dazu äußern, ob das Protokoll echt ist. Nicht von der Schulbehörde veröffentlichte Dokumente würden weder auf ihre „Authentizität, ihren Wahrheitsgehalt noch auf ihre Plausibilität hin überprüft und kommentiert.“
So sollen die Anweisungen gelautet haben
„Manche Lehrkräfte geben interne Daten über soziale Medien an die Öffentlichkeit. Damit verbunden: Warnung vor Präsenzunterricht“, steht unter anderem in dem Dokument, das jemand anonym auf Twitter veröffentlicht hat. „Wo aufgrund der Verwendung von Klarnamen möglich, möge eine Liste der betreffenden Lehrkräfte erstellt und die Schulaufsicht eingeschaltet werden.“
Sabine Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Linksfraktion, hat auch gefragt wie der Senat eine „Warnung vor dem Präsenzunterricht“ in öffentlichen Äußerungen von Lehrkräften bewertet und ob dies nicht durch die freie Meinungsäußerung gedeckt sei.
Linke: „Sehr enge Grenze der freien Meinungsäußerung“
Als Privatpersonen würden Lehrkräfte den vollen Schutz der freien Meinungsäußerung genießen, heißt es in der Antwort. Äußern sie sich hingegen unter Berufung auf ihr Amt, so sollen sie sich zu „allgemeinpolitischen Fragen“ nur in einer zurückhaltenden Weise äußern. Das „öffentliche Vertrauen in ihre unparteiische, gerechte und gemeinwohlorientierte Amtsführung“ dürfe keinen Schaden nehmen.
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„Selbstredend haben sich verbeamtete Lehrkräfte rechtskonform zu verhalten“, sagt Boeddinghaus dazu. „Die Grenze zur persönlichen freien Meinungsäußerung scheint mir aber im vorliegenden Fall seitens der Behörde sehr eng gezogen zu sein.“ Gerade in der hoch belasteten Zeit der Pandemie müssten auch Lehrkräfte das Recht haben, sich etwa zu Fragen von Präsenzpflicht Ja oder Nein, öffentlich zu äußern.“
Rechtslage ist nicht eindeutig
Die Rechtslage ist hier tatsächlich nicht eindeutig. „Schulinterna wie Namen von Schüler:innen oder Informationen über Erkrankungen dürfen von Lehrkräften nicht nach außen gegeben werden“, sagte Sven Quiring, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hamburg zur MOPO.
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„Wenn Interna doch nach außen gelangen, kann das von der Schulaufsicht geprüft werden, daran ist nichts auszusetzen.“ Die Frage, inwieweit öffentliche Kritik an Entscheidungen der Schulbehörde zulässig ist, lasse sich jedoch nicht pauschal beantworten. „Es kommt immer auf den Einzelfall an“, so Quiring.