Hamburg am Limit: Immer mehr Geflüchtete – immer weniger Platz
Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) fand klare Worte: „Die Lage ist sehr viel angespannter, als sie sich über den Sommer anfühlte“. Die Stadt sucht händeringend nach Unterkünften für Geflüchtete aus der Ukraine. Denn wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, müssten im Herbst vielleicht schon 50.000 Menschen in öffentlichen Einrichtungen untergebracht werden. Leonhard und Innensenator Andy Grote (SPD) haben sich am Donnerstag den Fragen zur aktuellen Lage gestellt. Wie soll es jetzt weitergehen?
Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) fand klare Worte: „Die Lage ist sehr viel angespannter, als sie sich über den Sommer anfühlte“. Die Stadt sucht händeringend nach Unterkünften für Geflüchtete aus der Ukraine. Denn wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, müssten im Herbst vielleicht schon 50.000 Menschen in öffentlichen Einrichtungen untergebracht werden. Leonhard und Innensenator Andy Grote (SPD) haben am Donnerstag die wichtigsten Fragen zur aktuellen Lage beantwortet.
Wie ist die Situation in Hamburg?
„Wenn der Zuzug über das Maß hinauskommt, was wir jetzt haben, dann können wir schnell in eine schwierige Lage geraten“, sagte Grote. „Wir haben jetzt gut 43.500 Menschen in öffentlicher Unterbringung. Das sind etwa 2,3 Prozent der Hamburger Bevölkerung.“ Eine Dimension, als würde man die Bevölkerung der Stadtteile St. Pauli, St. Georg und Neustadt in öffentliche Unterbringungen verlegen.
Wie viele Geflüchtete kommen pro Tag?
Der Innensenator rechnet in den nächsten Monaten mit einem Unterbringungsbedarf von 2000 bis 2500 Personen im Monat. In den Sommermonaten kamen rund 2000 Menschen pro Monat aus der Ukraine nach Hamburg – 1500 davon mit Unterbringungsbedarf. Zusätzlich seien etwa im August 875 Geflüchtete aus anderen Ländern nach Hamburg gekommen – davon 700 mit Unterbringungsbedarf.
Gibt es genügend öffentliche Unterkünfte?
Im Februar hatte Hamburg 30.000 Plätze in öffentlichen Unterbringungen, die aber schon mit knapp 27.500 Menschen belegt waren. Zügig wurden 13.000 zusätzliche Plätze geschaffen. „Aber Tatsache ist, die sind zu 98 Prozent belegt“, so Leonhard. Die Stadt nimmt auch Reserveflächen wieder in Betrieb, wie die Unterbringung in Zelten an der Schnackenburgallee.
Wo werden weitere Unterkünfte eingerichtet?
Im Bezirk-Nord wird eine Gewerbeimmobilie zum Oktober für bis zu 1000 Plätze vorberietet. Im selben Monat könnte auch eine der Messehallen wieder als Flüchtlingsunterkunft für 350 bis 400 Menschen dienen.
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Weiterhin wird eine Fläche am Huckepackbahnhof vorbereitet und ein zusätzlicher Standort für unbegleitete Minderjährige geschaffen. Die Errichtungszeit liege inzwischen bei 15 Wochen – früher waren es sechs bis acht Wochen. Grund hierfür seien Lieferschwierigkeiten von Bauteilen. Zelte, Supermärkte, Sporthallen –„wir nehmen jetzt einfach alles“, so Grote.
Was ist mit privaten Unterkünften?
Zu Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine wurden etwa die Hälfte aller in Hamburg ankommenden Menschen privat aufgenommen. Inzwischen sind es nur noch 30 Prozent.

Gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen aus private in öffentliche Unterkünfte um. „Wir haben eine Meldestelle, wenn es aus irgendwelchen Gründen mit der privaten Unterkunft nicht weitergehen sollte, das ist bei Fördern und Wohnen am Grünen Deich“, so Leonhard.
Wie geht es im Winter weiter?
Im Herbst könnten laut Leonard schon 50.000 Menschen in Hamburgs öffentlichen Unterkünften leben. Vorausgesetz die Zahlen entwickeln sich so weiter. „Wir müssen damit rechnen, dass das Niveau an Ankünften so bleibt und wenn wir eine unglückliche Entwicklung haben noch steigt“, so Grote. Das habe im Wesentlichen damit zu tun, dass es in der Ukraine mehrere Millionen Binnengeflüchtete gebe. Wenn der Winter komme und die Lage schwieriger werde, müsse mit weiteren Zuzügen gerechnet werden.
Was erwartet Hamburg vom Bund?
Der Städtetagspräsident hatte am Dienstag gefordert, einen neuen Flüchtlingsgipfel mit Kommunen und Ländern einzuberufen. Leonhard sagte sie würde es unterstützen, wenn das Thema bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz „ganz oben auf die Tagesordnung kommt“.
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Der Bund müsse sich Gedanken machen, was passiere, wenn man in eine Art „nationalen Notstand“ komme, so Grote. „Ich will es nicht ausschließen, dass wir Deutschlandweit in eine Situation kommen, in der der Bund auch nochmal guckt, was er zusätzlich beitragen kann.“ So würden etwa große Liegenschaften benötigt. Diese schneller „in eine Nutzbarkeit“ zu bekommen, wären mit Hilfe des Bundes.