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  • Sympathisanten unterstützten den Angeklagten mit Masken und einem Transparent vor dem Gerichtsgebäude.
  • Foto: Dotti

Hafenstraßen-Prozess: Das passiert, wenn man einen Polizisten „Pappnase“ nennt

Aufmarsch der „Pappnasen“ im Landgericht: Rund 15 Sympathisanten des Angeklagten saßen mit bunten Pappnasen im Zuschauerraum, als Unterstützung für Janosch V. (33, Name geändert). Der Bewohner der Hafenstraße hat einen Polizisten bei einer Kontrolle „Pappnase“ genannt und musste sich nun wegen Beleidigung verantworten.

Außerdem soll der Angeklagte während der Festnahme im September 2018 seine Muskeln angespannt haben, was die Staatsanwaltschaft als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wertet. Es ist bereits die zweite Instanz: Das Amtsgericht hatte eine Geldstrafe von 600 Euro (60 Tagessätze à 10 Euro) wegen Beleidigung und Widerstand verhängt. Zusammen mit den Prozesskosten hätte Janosch V. 2.700 Euro zahlen müssen. Sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft gingen in Berufung.

Tatort Hafenstraße in Hamburg

Am Tatabend im September 2018 waren drei Polizeibeamte durch die Hafenstraße patrouilliert. Seit 2016 ist die Task Force Drogen dort im Einsatz und kontrolliert Menschen, auch verdachtsunabhängig. Die Kontrolle von Passanten – auch ohne dass sich jemand verdächtig benimmt – ist legal, weil die Straße wegen zahlreicher Drogendelikte offiziell als „gefährlicher Ort“ in Hamburg eingestuft wurde.

Um einer Kontrolle zu entgehen, hatten sich dann zehn schwarze Menschen in den Hinterhof eines Hauses zurückgezogen. Ohne gültige Papiere drohen Maßnahmen bis hin zur Abschiebung. Bewohner Janosch V. bekam von der Personenkontrolle Wind und verteidigte die Kontrollierten.

Kontrollen gegen Drogenkriminalität in Hamburg

Vor Gericht erklärt Janosch V. seine Solidarität mit „Menschen mit prekärem Aufenthaltsstatus“. Seine Argumentation: Polizeikontrollen brächten nichts bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität, sondern führen zur „Kriminalisierung schwarzer Menschen“.

Die Kontrolle sei eine „unrechtmäßige rassistische Maßnahme“, erklärte er dann auch den Beamten – die wenig erfreut reagierten.

Hamburger Polizist „Pappnase genannt“

„Ich habe mich aufgeregt“, so schildert V. der Richterin die Situation auf der Straße und räumt ein, den Polizisten eine „Pappnase“ genannt zu haben. Der Ausdruck sei „sehr kränkend und beleidigend“ gewesen, wird der Polizist später als Zeuge aussagen.

Unstrittig ist, dass V. sich weigerte, seinen Ausweis zu zeigen. Und dass er etwa eine Minute lang von den Polizisten auf den Boden gedrückt wurde. 

Frage nach Rassismus bei der Polizei Hamburg

Dass der Angeklagte während der Fixierung seine Oberkörpermuskeln angespannt habe, daran erinnert sich der Polizist bei seiner Zeugenaussage sehr deutlich. Ansonsten antwortete er auf die meisten Fragen im Prozess mit „Ich weiß es nicht“. Das antwortet er auch auf die Frage des Verteidigers Lino Peters: „Haben Sie sich bei der Polizei mal mit institutionellem Rassismus auseinandergesetzt?“

Der Anwalt bewertet die Polizeieinsätze in der Hafenstraße kritisch: „Respektlosigkeit beginnt in diesem Fall mit der Art der polizeilichen Aufträge in der Hafenstraße.“

So endet der Hamburger Hafenstraßen-Prozess 

Schließlich stimmt die Staatsanwaltschaft einer Einstellung des Verfahrens gegen eine Auflage zu: Janosch V. muss 600 Euro zahlen. Die Prozesskosten übernimmt in so einem Fall der Staat. 

Am Schluss richtete die Richterin einen Appell an alle Beteiligten: „Es gibt polarisierende Punkte, man kann aber friedlich miteinander umgehen.“ (ad/ste)

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