Häuser, Bäume, Beachclub: Jetzt beginnt der Kahlschlag für die „Monsterbrücke“
Nach viel Projektplanung, Protesten und Petitionen – nun also gnadenlose Praxis. Kaum ein Bauprojekt in Hamburg hat in den vergangenen Jahren für so viele Diskussionen und Streitereien gesorgt, wie die geplante Erneuerung der Sternbrücke in der Schanze. Ab dem 16. Januar sollen die Arbeiten nun losgehen – es gibt kein Zurück mehr. Was für die Einen der Anfang von etwas Neuem ist, bedeutet für andere, wie den Inhabern des bekannten Beachclubs „Central Park“, einpacken. Aber die Inhaber haben sogar Verständnis für die Pläne der Deutschen Bahn.
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Nach langer Planung, Protesten und Petitionen – nun also Realität. Kaum ein Bauprojekt in Hamburg hat in den vergangenen Jahren für so viele Diskussionen und Streit gesorgt, wie die geplante Erneuerung der Sternbrücke in der Schanze. Am 16. Januar sollen die Arbeiten losgehen – es gibt kein Zurück mehr. Was für die Einen der Anfang von etwas Neuem ist, bedeutet für andere, wie die Inhaber des Beachclubs „Central Park“, einpacken. Aber die Inhaber haben sogar Verständnis für die Pläne der Deutschen Bahn.
Die knapp 100 Jahre alte Sternbrücke über der Kreuzung Stresemannstraße und Max-Brauer-Allee soll aufgrund ihres heruntergekommenen Zustands abgerissen werden. Die Bahn wirbt dabei mit innovativen Designs für die „neue“ Sternbrücke — die Anwohner wollen davon aber überhaupt nichts wissen und protestieren, wo sie nur können.
Sternbrücke: Erste Baumaßnahmen ab 16. Januar
Nach jahrelangem Hin und Her kommt jetzt aber der Startschuss für die „Monsterbrücke“, wie sie von Kritikern genannt wird: „An der Sternbrücke müssen wir etwas Grün zurückschneiden“ — so kündigt die Bahn die ersten Arbeiten am Baum-Bestand entlang des nördlichen Bahndamms auf ihrer Webseite lapidar an. Es gehe um „Rückschnittsarbeiten“, die ab dem 16. Januar beginnen werden.
Die angekündigten Baumfällungen von insgesamt 82 Bäumen fallen jedoch erst in einen späteren Zeitraum, so eine DB-Sprecherin auf Anfrage der MOPO: „41 Bäume in der Max-Brauer-Allee, die für den Transport gefällt werden müssen, werden erst im Herbst oder Winter der Jahre 2025 und 2026 gefällt.“ Weitere 41 Bäume befänden sich auf Privatgrundstücken und würden schrittweise innerhalb der erlaubten Rodungsperioden gefällt.
Als Grund für die geplanten Baumfällungen gibt die DB neben der Notwendigkeit von Transportwegen auch den Schutz aller Beteiligten durch geplante Bodenuntersuchungen auf Kriegshinterlassenschaften an. Spätere Ausgleichsmaßnahmen in Form von Ausgleichsbepflanzung sind vorgesehen.
Beachclub „Central Park“ muss nach 18 Jahren schließen
Doch nicht nur die Baumkronen müssen den Bauplänen der DB weichen: 18 Jahre lang führten Max Unverricht und Gavin Gadesmann den Beachclub „Central Park“ auf der sogenannten Brammerfläche an der Max-Brauer-Allee, nahe Schulterblatt. Wie jedes Jahr zum Ende des Jahres schlossen die beiden Geschäftspartner auch 2022 wieder die Pforten zu ihrem bekannten Club — dieses Mal jedoch für immer.
Der Grund: Ab Februar sollen Teile der Brammerfläche zunächst in eine Baustelleneinrichtungsfläche umgewandelt werden und später als Ort für die Vormontage der neuen Sternbrücke dienen. Darunter fallen auch die Fläche des „Central Parks“ sowie der angrenzende Parkplatz. Der ebenfalls auf der Brammerfläche ansässige Bauwagenplatz ZOMIA wiederum ist nicht von den Plänen betroffen, wie die DB betont.
„Wir hatten einen tollen Ort geschaffen, wo viele verschiedene Menschengruppen friedlich miteinander Zeit verbracht haben — auch schwierigste Gruppen, die untereinander verfeindet waren. Das war schon etwas Besonderes“, reflektiert Unverricht gegenüber der MOPO.
Während des Gesprächs steht der Gastronom auf den Überresten des „Central Parks“. Die Abbauarbeiten organisieren Unverricht und Gadesmann selbst, denn eine Baufirma zu beauftragen sei nicht bezahlbar, so Unverricht: „Auch wenn es ein super Saisonjahr für uns war — so viel verdient man in der Gastro ja nicht.“
„Uns war klar, dass etwas mit der Brücke passieren muss“
Die Nachricht, dass der „Central Park“ räumen muss, kam nicht überraschend. Bereits vor dem Unterschreiben des Mietvertrags wussten die Geschäftspartner, dass die Stadt mittelfristig eine Bebauung der Brammerfläche plane. Und auch die Deutsche Bahn habe, laut Unverricht, schon vor etwa zehn Jahren erstmals ihre Pläne gegenüber den Anwohnern und Unternehmern nahe der Sternbrücke verkündet.
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„Uns war klar, dass etwas mit der Brücke passieren muss. Wir haben uns darauf eingestellt und wollen das Projekt auch nicht behindern“, erklärt Unverricht auf die Frage nach seiner Meinung zu dem umstrittenen Brücken-Projekt. Dennoch sei es schwer zu verstehen, warum das kostengünstigere und weniger massive Brücken-Design des renommierten Hamburger Architekten Prof. Karsten Brauer nicht weiter in Erwägung gezogen wurde, so Unverricht weiter.
Besonders bewegt den Gastronomen aber die Alternativlosigkeit, mit welcher sich ansässige Mieter und Unternehmer aufgrund des Sternbrücken-Projekts konfrontiert werden. Die DB-Sprecherin erklärt, aufgrund der sehr engen Bebauung rund um die Brücke lasse es sich leider nicht vermeiden, dass im Zuge der Erneuerung auch Häuser abgerissen werden müssen.
Ein Umzug nach Hammerbrook wäre sinnlos
„In Summe handelt es sich um fünf Häuser, zwei Gebäudeteile bzw. Garagen, sowie die gewerbliche Nutzung unter der Brücke, die im Laufe des Jahres 2024 zurückgebaut werden müssen“, so die DB-Sprecherin. Des Weiteren betont sie: „Wir suchen weiterhin das Gespräch mit jedem der Betroffenen, um bei einer Lösungsfindung, beispielsweise für Ersatzwohnraum, zu unterstützen.“
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Ein Umzug auf eine solche Ersatzfläche ist für Unverricht und Gadesmann zwar nicht vollends abwegig, aber sie hadern damit, etwas Vergleichbares zu ihrem ursprünglichen Standort zu finden: „Es wäre sinnlos für uns, beispielsweise nach Hammerbrook umzusiedeln — das ist einfach nicht unsere Ecke.“
Mittlerweile existiert im Internet eine Petition, die bewirken soll, dass der „Central Park“ bei den zukünftigen Bau-Plänen der Stadt auf der Brammerfläche berücksichtigt wird. Bis jetzt unterschrieben diese etwa 1800 Menschen. Über 550 Menschen drückten ihre Sympathie für den Beachclub weitergehend auch in den Kommentaren der Petition aus. Diese zu lesen findet Unverricht „mehr als rührend“.