Härtere Sanktionen? Wen Bürgergeld-Kürzungen in Hamburg treffen
Die Ampel will angesichts des Haushaltsdebakels beim Bürgergeld sparen – und dafür auch Sanktionen verschärfen. Auch in Hamburg gibt es zahlreiche Bürgergeld-Empfänger. Wer sind diese Männer und Frauen, wie viel Geld bekommen sie und lassen sie sich seit Einführung des Bürgergelds wirklich seltener vermitteln? Die aktuellen Zahlen.
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Um den Sozialstaat „treffsicherer” zu machen: Die Ampel will angesichts des Haushaltsdebakels beim Bürgergeld sparen – und dafür auch Sanktionen verschärfen. Auch in Hamburg gibt es zahlreiche Bürgergeld-Empfänger. Wer sind diese Männer und Frauen, wie viel Geld bekommen sie und lassen sie sich seit Einführung des Bürgergelds wirklich seltener vermitteln? Die aktuellen Zahlen.
Widersprüchliche Nachrichten für Bürgergeld-Empfänger: Die geplante Erhöhung im Januar soll zwar kommen, gleichzeitig aber deutschlandweit 1,5 Milliarden Euro gespart werden. Dafür will die Ampel Ukrainer:innen schneller in Arbeit bringen, den Bürgergeld-Bonus von 75 Euro für Fortbildungen streichen und Sanktionen für „Totalverweigerer” verschärfen, berichten mehrere Medien am Freitag.
Hamburg: Mehr als 188.000 Bürgergeld-Empfänger
Das könnten zahlreiche Hamburger spüren: Rund jeder zehnte Hamburger wird durch das Bürgergeld unterstützt, so das Jobcenter Hamburg zur MOPO – aktuellen Hochrechnungen nach rund 197.000 Kinder und Erwachsene. Darunter zählen allerdings auch Personen, die gemeinsam mit einem Bürgergeld-Bezieher leben und so indirekt betroffen sind, wie Eheleute oder eingetragene Lebenspartner.
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188.227 Hamburger bezogen im August direkt Bürgergeld. Die Zahlen sind die neuesten, die in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit verfügbar sind. Mit mehr als 71 Prozent gilt der Großteil als erwerbsfähig, die restlichen Menschen seien größtenteils Kinder, erklärt das Jobcenter. Unter den erwerbsfähigen Beziehern waren mit 70.676 Personen etwas mehr Frauen als Männer (64.188) vertreten. 63,6 Prozent waren zwischen 25 und 55 Jahre alt, mit 49,72 Prozent waren fast die Hälfte Ausländer. Bitter: Rund 24.500 Menschen waren sogenannte Aufstocker. Sie arbeiten, doch ihr Gehalt reicht nicht zum Leben.
20.372 Ukrainer:innen bekamen in Hamburg Bürgergeld. 35.017 Bezieher kamen aus sogenannten Asylherkunftsländern – die meisten aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. Fast 24.000 von ihnen gelten als erwerbsfähig. Zusammen machen diese beiden Gruppen fast 30 Prozent aus.
Bürgergeld: Ampel will 1,5 Milliarden Euro sparen
All das kostet: Zusätzlich zum Regelbetrag trägt der Staat auch die Kosten für Miete und Heizen sowie gegebenenfalls Leistungen für Kinder wie den Schulbedarf. Im Schnitt bekamen Hamburgs Bürgergeld-Empfänger im August 1157 Euro. 2022 kamen insgesamt 1,46 Milliarden Euro zusammen. Das entspricht ungefähr der Summe, die die Ampel nun bundesweit beim Bürgergeld einsparen will.
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Was eine Verschärfung der Sanktionen konkret bedeutet ist noch unklar, doch von Kritikern als zu gering empfundene Sanktionen sind immer wieder Thema: Anfang Dezember hatte das Jobcenter in Essen beklagt, dass seit der Einführung des Bürgergeldes weniger Empfänger in Arbeit vermittelt und zu Terminen erscheinen würden – und den Grund prompt in zu laschen Sanktionen vermutet.
Mehr Sanktionen? Das sagt Hamburgs Jobcenter
Tatsächlich gibt es auch in Hamburg selten Sanktionen: Nur rund drei Prozent der Bezieher sind nach Auskunft des Jobcenters betroffen. Wurden 2019 noch 26.189 solcher Leistungsminderungen ausgesprochen, waren es 2020 nur noch 4898, 2022 nur 3991 – dahinter steckt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2019, das die Sanktionen für teilweise verfassungswidrig erklärte.
Der Eindruck der Hamburger Arbeitsvermittler ist ganz anders als bei ihren Kollegen in Essen: Man wolle mit Anreizen arbeiten, so das hiesige Jobcenter – und der weitaus größte Anteil der Kund:innen akzeptiere die Regeln. Dass weniger zu Terminen erscheinen würden, sei nicht spürbar. Zudem befänden sich die meisten der Bürgergeldbezieher in Sprachkursen oder Qualifizierungsmaßnahmen.