Auch die Bier-Lobby-soll schuld sein: „Wein wird zwei Euro teurer pro Flasche“
„Ich hoffe, dass wir das alles gut überstehen“, sagt Stephanie Döring. Sie ist die Inhaberin der Bar „Weinladen St. Pauli“ und betreibt einen Online-Weinhandel. Doch die Branche steckt in der Krise: Es gibt zu wenig Flaschen! Und nicht nur das lässt die Preise explodieren. Auch eine bestimmte Lobby in Deutschland wird hier zum Problem.
„Ich hoffe, dass wir das alles gut überstehen“, sagt Stephanie Döring. Sie ist die Inhaberin der Bar „Weinladen St. Pauli“ und betreibt einen Online-Weinhandel. Doch die Branche steckt in der Krise: Es gibt zu wenig Flaschen! Und nicht nur das lässt die Preise explodieren. Auch die Bier-Lobby in Deutschland wird hier zum Problem.
Stephanie Döring steht im Lager ihres Onlineshops weinladen.de. Noch ist es recht voll, mit Weinen aus dem vergangenen Jahr. Doch die ersten neuen Weine sind schon nicht mehr lieferbar. „Zwei Haus-Crémants haben wir gerade nicht im Angebot“, sagt die 39-Jährige. „Das sind bei unseren Kunden aber die beliebtesten. Auch viele Gastronomen beliefern wir eigentlich damit.“ Der Grund für den Mangel: „Es gibt derzeit keine Flaschen. Einige der wichtigsten Glashütten sind in der Ukraine und fallen nun aus“, sagt Döring. „Die Produktion war auch schon vorher wegen Corona heruntergefahren. Das ist ein Riesenproblem. Die Winzer können ihren Wein nicht abfüllen.“
Weinhändlerin aus Hamburg: „Es gibt derzeit keine Flaschen. Das ist ein Riesenproblem“
Die Getränkehersteller sind nun auf die deutsche Glasproduktion angewiesen. „Es gibt hier eine große Bier-Lobby“, sagt Stephanie Döring. „Die großen Brauereien werden deshalb zuerst mit Flaschen beliefert, dann kommen erst die Winzer.“ Das Problem kennt auch Stefan Köhler (38), Sommelier bei „Vineyard Weinhandel“ Osterstraße: „Einige Winzer bekommen auch Flaschen in vielen verschiedenen Formen und Farben geliefert, die für ihre Weine gar nicht typisch sind. Sie nehmen derzeit alles, was sie kriegen können.“ Die Lieferketten verlangsamen sich. „Zum Teil warten wir wochenlang auf bestimmte Weine. Auch Gläser werden knapp. Ich habe jetzt im September welche bestellt – die werden erst im Februar geliefert“, sagt Stephanie Döring.
Glasproduktion: Brauereien werden vor Winzern beliefert
Dazu kommt: Die Herstellung von Glas verbraucht enorm viel Energie. „Die Gaspreise steigen. Die Transportkosten sind doppelt so teuer geworden wie noch vor einem Jahr. Zudem fehlt es an Kartonage und Papier, um den Wein zu verschicken. Papier ist gerade auch teurer geworden. Ich denke, für unsere Kunden bedeutet das eine Preissteigerung von ein bis zwei Euro pro Flasche. Und das wird leider noch nicht das Ende der Erhöhungen sein“, sagt Stephanie Döring.
Auch die großen Wein-Ketten müssen die Preise erhöhen: „Die Weingüter müssen ihren Erntehelfern ab Oktober einen höheren Mindestlohn zahlen. Auch wir werden um Preisanpassungen also nicht herum kommen. In welcher Höhe ist noch nicht abzusehen“, sagt Jorge Centelles (50), Vertriebsleiter bei „Rindchen‘s Weinkontor“.
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„Hersteller, Importeure und Händler unternehmen gewaltige Anstrengungen, damit hochwertige Sekte und Weine verfügbar bleiben“, sagt Dr. Alexander Tacer, Geschäftsführer des Bundesverbands Wein und Spirituosen International. Eine Weitergabe der Mehrkosten an die Kunden sei unumgänglich.
Stephanie Döring kommt derzeit kaum zur Ruhe. „Die Logistik ist sehr unzuverlässig und nicht mehr planbar. Es gibt zu wenig Fahrer. Neulich habe ich per Spedition Wein für eine Hochzeit nach Münster verschickt. Er ist nicht dort angekommen.“ Sie sei also selbst in ihr Auto gestiegen und habe, kurz vor knapp, die Weinkisten persönlich ausgeliefert. Nachdenklich sortiert sie die Kisten in ihrem Lager: „Ich hoffe, dass wir das alles gut überstehen.“