Nach Wahnsinns-Entdeckung in Hamburg: Retten die Behörden jetzt dieses Biotop?
Ausgestorbene Arten wurden mitten im Hamburger Hafen entdeckt und eine Brutvogeldichte, wie in der ganzen Stadt sonst nicht. Ein Gutachten zum Biotop in Altenwerder bescheinigt dieser wilden Naturinsel einen ungewöhnlichen Artenreichtum. Aber wie reagiert die Stadt darauf – und was tun Umwelt- und Wirtschaftsbehörde? Werden die Logistik-Pläne nun gestoppt, die dieses Naturparadies zerstören würden?
Ausgestorbene Arten wurden mitten im Hamburger Hafen entdeckt und eine Brutvogeldichte, wie in der ganzen Stadt sonst nicht. Ein Gutachten zu einem Biotop in Altenwerder bescheinigt dieser wilden Naturinsel einen ungewöhnlichen Artenreichtum. Aber wie reagiert die Stadt darauf? Stoppen Umwelt- und Wirtschaftsbehörde nun die Logistik-Pläne, die dieses Naturparadies zerstören würden?
Es wäre der Umwelt- und der Wirtschaftsbehörde sicherlich lieber gewesen, dieses Gutachten wäre sang- und klanglos in der Schublade verschwunden. Tatsächlich wurde es auch nicht publik gemacht, sondern still und leise ins Transparenzportal gestellt, wo es nur finden kann, wer weiß, was er sucht und wann er suchen muss.
Die Ergebnisse haben es in sich: Dort, wo nach dem Willen der Hafenbehörde (HPA) bald Container gestapelt oder Rangierschienen verlegt werden, gibt es seit Jahren ein Vogelleben wie sonst nirgends in Hamburg. Selbst in den Naturschutzgebieten der Stadt tummeln sich nicht mehr brütende Arten. Sogar ausgestorben geglaubte Käfer wurden gefunden und eine deutschlandweit einmalige Artenvielfalt an Wildbienen.
Biotop Altenwerder: HPA will Logistikflächen und Schienen
Doch leider ist die kleine mit Wasserläufen durchzogene Biotop-Fläche bestehend aus Kirchtal und Bullerrinne rund um die Kirche in Altenwerder schon vor vielen Jahren für den Hafen verplant worden. Und im aktuellen Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne vereinbart, dass dieses Gebiet genutzt werden kann und dafür ganz in der Nähe, auf der anderen Seite der A7 in Altenwerder der Vollhöfner Wald erhalten bleibt. Auch er gehörte eigentlich zum Hafengebiet.
Die Umweltbehörde sieht das als Erfolg, immerhin habe man einen Teil retten können. Allerdings weiß man seit dem Gutachten nun, dass die Biotop-Flächen dort ebenso wertvoll sind wie die in den Vollhöfner Weiden. Und das bringt alle Verantwortlichen in Erklärungsnöte. Kann angesichts dieses Gutachtens wirklich daran festgehalten werden, dort Natur für Schienen, Container und Windräder zu zerstören?
Umweltbehörde: „Das ist eine bittere Pille“
Dazu Renate Pinzke, Sprecherin der Umweltbehörde: „Im Koalitionsvertrag wurde festgehalten, dass der Vollhöfner Wald unter Schutz gestellt wird, wenn eine gleich große Fläche dem Hafen zur Verfügung gestellt wird.“ Und das Gebiet in Altenwerder sei ja schon länger als Hafengebiet vorgesehen. Doch sie beschönigt nicht: „Dass dieses wertvolle ökologische Gebiet nun der Hafennutzung zugeführt wird, ist trotz des großen Erfolges hinsichtlich des Vollhöfner Waldes eine bittere Pille.“
Die Vereinbarung zwischen Wirtschafts- und Umweltbehörde sorgt nun allerdings dafür, dass der Umweltbehörde durch den Kuhhandel quasi die Hände gebunden sind. Die MOPO hätte auch gern von der Wirtschaftsbehörde gewusst, wie sie das Gutachten einordnet und ob sie ihre Pläne für die Fläche womöglich nun ändert. Schließlich ist sie in erster Linie für den Hafen zuständig. Doch die Pressestelle war für die MOPO am Donnerstag weder telefonisch noch per E-Mail erreichbar.
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Laut Biologen singen in dem Gebiet Kirchtal und Bullerrinne etwa Nachtigallen, Gartengrasmücken und Gelbspötter im Frühjahr in großer Zahl: „Alle diese Arten kommen im Untersuchungsgebiet in zehnfacher Dichte vor“, heißt es in dem Gutachten, das die HPA im Februar 2022 in Auftrag gegeben hat. Insgesamt wurden 53 Brutvogelarten mit 672 Brutrevieren gezählt. Eine Zahl, die diese Flächen in Altenwerder zu einem der „am dichtesten durch Brutvögel besiedelten Gebiete Hamburgs“ macht.
Auch für bedrohte Wildbienen sind die Biotope offenbar ein Paradies von „herausragender Bedeutung“. Einige seltene Arten schwirren in so hoher Zahl umher, dass das Gebiet sogar deutschlandweit einmalig sei, schreiben die Wissenschaftler. Die Umweltschutzorganisation BUND will für den Erhalt des Biotops kämpfen.