Gruppenvergewaltigung im Stadtpark: Warum gibt es immer noch keine Urteile?
Das Verbrechen schockierte im September 2020 die Stadt: Ein 15-jähriges Mädchen war im Stadtpark Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden. Mehr als drei Jahre später gibt es immer noch keine Urteile, aber nun scheint das Mammutverfahren sich allmählich dem Ende zuzuneigen. Was über den Prozess, der ohne Öffentlichkeit vor einer Jugendkammer geführt wird, und die zehn Angeklagten bekannt ist.
Das Verbrechen schockierte im September 2020 die Stadt: Ein 15-jähriges Mädchen war im Stadtpark (Winterhude) Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden. Mehr als drei Jahre später gibt es immer noch keine Urteile, aber nun scheint das Mammutverfahren sich allmählich dem Ende zuzuneigen. Was über den Prozess, der ohne Öffentlichkeit vor einer Jugendkammer geführt wird, und die zehn Angeklagten bekannt ist.
Der Aufwand: gewaltig. Allein bis zum Prozessauftakt im Mai 2022 waren seit der Tat fast 20 Monate für Ermittlungen und Anklageerhebung vergangen, seitdem sind weitere 17 Monate Prozess hinzugekommen. Aber nun gerät die Urteilsverkündung in Sicht: „Als letzter Termin ist nach derzeitigem Stand der 28. November 2023 angesetzt. Hier könnte das Urteil verkündet werden“, erklärt die Sprecherin des Landgerichts auf MOPO-Anfrage.
Zwei Tage pro Woche hat das Gericht in den vergangenen fast eineinhalb Jahren getagt, im größten Saal, den das Landgericht aufzubieten hat: Zehn Angeklagte mit jeweils zwei Pflichtverteidigern (falls einer ausfällt), zwei Staatsanwälte, eine fünfköpfige Strafkammer plus zwei Ersatzschöffen (damit so ein Riesenverfahren nicht wegen plötzlicher Krankheit eines Schöffen platzt), dazu Vertreter der Nebenklägerin, Übersetzer, Jugendhilfe.
Fast 100 Zeugen aus der Tatnacht gehört
Fast 100 Zeugen, die in der Tatnacht im Stadtpark waren, wurden gehört, außerdem zahlreiche Gutachter, etwa Psychiater und Sachverständige für Alkoholwerte. Die Schülerin soll in der Tatnacht an der Festwiese im Stadtpark stark alkoholisiert auf einen der Angeklagten getroffen sein. Dieser soll sie in ein Gebüsch geführt und vergewaltigt haben, bevor sich weitere junge Männer an ihr vergingen. Das Mädchen soll so starke Ausfallerscheinungen gehabt haben, dass es „zu keiner Willensbildung“ mehr in der Lage war. Diese Wehr- und Willenlosigkeit, so der zentrale Vorwurf der Anklage, sollen die Männer ausgenutzt haben.

Vier der Angeklagten sind deutsche Staatsangehörige, weitere vier haben armenische, afghanische, kuwaitische und montenegrinische Staatsangehörigkeiten. Bei zwei Beschuldigten sollte die Nationalität vom Gericht geklärt werden. Noch vor Anklageerhebung hatte sich im November 2021 ein Online-Pranger gebildet: Auf einem Instagram-Account waren die angeblichen Gesichter der „Täter“ gezeigt worden, darunter häuften sich brutalste Folterfantasien, die zu Ermittlungen gegen die Urheber führten.
Ein Angeklagter wurde freigesprochen
Von den ursprünglich elf Angeklagten wurde ein 20 Jahre alter Mann im Mai 2023 freigesprochen. „Schon die Anwesenheit des Angeklagten während des mutmaßlichen Tatgeschehens war nicht sicher feststellbar“, teilte das Hamburger Landgericht damals mit.
Das könnte Sie auch interessieren: „Aufgeheizte Stimmung“: Kein Publikum bei Prozess um Gruppenvergewaltigung erlaubt
Die Beweisaufnahme ist bereits Ende September geschlossen worden. Nun müssen die 20 Verteidiger ihre Plädoyers halten, danach haben alle zehn Angeklagten die Gelegenheit zu einem „letzten Wort“, alles weiterhin ohne Öffentlichkeit. „Für die Urteilsverkündung selbst wird die Öffentlichkeit für eine kurze Zeit zugelassen werden“, so die Gerichtssprecherin. „Für die Urteilsbegründung wird die Öffentlichkeit wieder ausgeschlossen werden.“