Grüner Vorstoß: Darum sollen Hamburger Mieter ihr Einkommen regelmäßig offenlegen
Die Grünen in Hamburg wagen einen mutigen Vorstoß auf dem Mietenmarkt. Aber ob er auch sinnvoll ist? Die Partei hat sich dafür ausgesprochen, dass Mieter in geförderten Wohnungen regelmäßig nachweisen müssen, was sie verdienen. Was das für die Bewohner von Hamburgs rund 80.000 Sozialwohnungen bedeutet und was SPD und Linke davon halten.
Die Grünen in Hamburg wagen einen mutigen Vorstoß auf dem Mietenmarkt. Aber ob er auch sinnvoll ist? Die Partei hat sich dafür ausgesprochen, dass Mieter in geförderten Wohnungen regelmäßig nachweisen müssen, was sie verdienen. Was das für die Bewohner von Hamburgs rund 80.000 Sozialwohnungen bedeutet und was SPD und Linke davon halten.
Bisher ist es in Hamburg so: Jemand, der relativ wenig verdient, hat das Anrecht, in eine geförderte Wohnung zu ziehen. Dort kann die Person oder die Familie dann über viele Jahre günstig wohnen – auch wenn das Einkommen in dieser Zeit steigt und auch eine teurere Wohnung bezahlbar wäre. So leben in den 80.000 Hamburger Sozialwohnungen zum Teil eben auch Menschen, die die Förderkriterien eigentlich nicht mehr erfüllen. „Wir Grüne wollen in Zukunft aber nur noch die fördern, die es wirklich nötig haben“, sagt Olaf Duge, Sprecher für Stadtentwicklung und Wohnen bei den Grünen in der Bürgerschaft.
Sozialwohnung: Mieter sollen Einkommen offenlegen
Duge gibt ein Beispiel: Ein Lehramts-Referendar habe eine Sozialwohnung mieten können, verdiene dann als Lehrer aber so viel, dass er eigentlich keine Förderung mehr brauche. Duge: „Das wird ja überhaupt nicht überprüft.“ Deshalb fordert er, dass diese Mieter alle fünf Jahre nachweisen, was sie verdienen. Der Nachweis dafür, könne unkompliziert übers Finanzamt erbracht werden.
Aber was passiert, wenn Mieter dann über der Fördergrenze liegen? Duge: „Dann würde die städtische Förderung für diese Wohnung enden und könnte auf eine andere Wohnung übertragen werden.“ Bekommt der Vermieter in diesem Fall allerdings die Zuschüsse der Stadt nicht mehr, würde er wohl die Miete hochsetzen. Und das dürfte er dann auch, da es sich nicht mehr um eine gedeckelte Sozialwohnung handelt.
Hamburg: Zurück zur „Fehlbelegungsabgabe“?
Der Vorstoß erinnert an die Zeiten der sogenannten Fehlbelegungsabgabe. Sie wurde in Hamburg 2002 abgeschafft und besagte, dass Mieter, die besser verdienen und dennoch in geförderten Wohnungen bleiben wollen, eine Abgabe an den Staat zahlen oder eben in eine frei finanzierte Wohnung umziehen mussten. Abgeschafft worden war sie in Hamburg, um eine gute soziale Durchmischung der Stadtteile zu erhalten.
Der Vorstoß der Grünen birgt viel Sprengstoff, das ist ihnen offenbar bewusst. Sie haben sich auf dem Parteitag vor zehn Tagen deshalb die Unterstützung der Parteibasis geholt. Die Idee ist Bestandteil des abgesegneten Leitantrags. Der Koalitionspartner SPD hält allerdings wenig davon.
„Wir haben in den Quartieren eine gute Einkommensentwicklung und eine gut gemischte Bewohnerschaft“, sagt SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Das wolle man nicht aufs Spiel setzen. „Wir wollen doch nicht, dass die Leute da jetzt wieder ausziehen.“ Der Vorstoß bedeute auch viel mehr Verwaltungsaufwand und einen „Überwachungsdruck bei den Mietern“, die ja ihre Finanzen offenlegen müssen.
„Wir wollen beim Wohnen in den derzeitigen Beständen keine Auflagen verschärfen“, so Kienscherf und weist darauf hin, dass ja auch diese Wohnungen keine stagnierenden Preise hätten, sondern teurer würden. Die SPD sieht den notwendigen Schwerpunkt der Wohnungspolitik nicht bei Kontrollen der Belegung, sondern im Bau von vielen Sozialwohnungen.
SPD Hamburg: Gegen Überwachungsdruck
Der Antrag der Grünen zeige aber aus Sicht der SPD, dass auch diese die Notwendigkeit von mehr bezahlbaren Wohnungen in Hamburg sehen. Daher könne man gemeinsam in der rot-grünen Koalition „deutlich mehr Fördermittel in den sozialen Wohnungsbau fließen lassen und auch mehr Bauflächen in Hamburg bereitstellen“.
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Auch die Linke hält nichts von dem Vorstoß der Grünen zur Überprüfung, ob Mieter wirklich noch zu Recht in Sozialwohnungen leben. Dazu deren wohnungspolitische Sprecherin Heike Sudmann: „Der Mangel an preiswertem Wohnraum lässt sich nicht mit der Mär bekämpfen, dass viele Menschen mit hohem Einkommen in Sozialwohnungen leben.“ Die sogenannte Fehlbelegungsabgabe habe gezeigt, dass der Anteil der Mieter:innen in Sozialwohnungen mit zu hohem Einkommen gering sei. Sudmann: „Dafür wurde viel Geld und Personal verpulvert. Dieser Fehler sollte nicht wiederholt werden.“