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May-Britt Wilkens
  • May-Britt Wilkens hat „Besserfleisch“ gegründet.
  • Foto: Röer

Rind per Post: Wie diese Hamburgerin den Fleischkonsum besser machen will

Das Verkaufsmodell von May-Britt Wilkens ist ungewöhnlich: Kunden von „Besserfleisch“ teilen sich das Fleisch eines Rindes und bekommen ihre Portion per Post zugeschickt. Garantiert sind artgerechte Weidehaltung und transparente Lieferkette.

Ursprünglich hatte May-Britt Wilkens (36) andere Pläne. Nach einem Sinologiestudium in Tübingen und Germersheim arbeitete sie fünf Jahre als Übersetzerin in Peking.   

„Das war eine tolle Zeit. Alles ist anders.“ Besonders die Esskultur gefällt ihr. „Alle Gerichte werden in die Mitte gestellt und es wird zusammen gegessen. Das macht viel mehr Spaß als bei uns.“

Besserfleisch: Fleisch aus Weidehaltung im Supermarkt? „Pustekuchen“

Während der Zeit in China isst sie vegetarisch. „Ich war mir unsicher, wo das Fleisch herkommt, und habe lieber komplett verzichtet.“ Umso größer ist die Vorfreude auf ihr erstes Steak in Deutschland. Aber als sie 2015 China wieder verlässt und nach Ottensen zieht, stellt sie enttäuscht fest: „Meine Vorstellung vom Fleischkauf war wohl zu positiv. Ich dachte, ich kann im Supermarkt ganz einfach Fleisch aus Weidehaltung kaufen. Pustekuchen.“

Sie recherchiert und lernt einen ersten Biobauern in der Nähe von Lübeck kennen. „Im Sommer 2016 bin ich zu ihm auf den Hof geradelt und hab mir seine Tierhaltung angeschaut. Das war wie im Bilderbuch, genau so habe ich es mir gewünscht.“ Die Rinder grasen auf der Weide und die Kälber bleiben in der Herde. Für den Winter gibt es einen hellen offenen Stall mit großer Strohfläche.

Grüne Gründer – eine Aktion von MOPO und About You Gummig
Grüne Gründer – eine Aktion von MOPO und About You

10.000 Euro für Projekte mit Zukunft

Wie kommt man drauf? Wie funktioniert das? Wie hält man das durch? Wofür braucht man das? Die MOPO und About You stellen Hamburger Macher:innen und ihre nachhaltigen Start-Ups vor. Jeden zweiten Freitag in der Zeitung. Und im Netz unter mopo.de/gruenegruender. Hier gibt’s auch den Podcast im Elevator-Pitch-Format. Im Herbst küren die MOPO und About You-Mitgründer Tarek Müller das vielversprechendste Projekt von allen vorgestellten Gründer:innen. Es gibt ein Preisgeld von 10.000 Euro.

Im Gespräch mit ihm erfährt sie dann: Tierhaltung und Ackerbau sind ein Vollzeitjob. Für eine anständige Vermarktung bleibt keine Zeit mehr. Sie erzählt: „Ich weiß noch, wie er damals auf eine Kuh zeigte und sagte: Diese dort kannst du haben.“ So bekam sie ihr erstes Rind.

„Eigentlich wollte ich ja nix Großes daraus machen“, erinnert sich die Gründerin, „aber alleine konnte ich das Fleisch auch nicht aufessen. Über Mund-zu-Mund, Facebook und Instagram suchte ich Menschen, die sich mit mir ein Rind teilen wollten.“ Nach und nach, sehr organisch, wurde dann ein Start-up-Business daraus.

Besserfleisch: Preise wie im Biomarkt

Mittlerweile arbeitet sie mit Bauern in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zusammen. Die Preise sind ähnlich wie im Biomarkt, so kostet etwa ein Grillpaket 160 Euro (mit Steaks wie Flanksteak, Rumpsteak, Bratwurst-Variationen und Hackfleisch, gesamt 5 Kilo). „Unsere Bauern müssen gut arbeiten können und fair bezahlt werden. Daher muss unser Fleisch mehr kosten.“

Fleischkonsum in Zeiten des Klimawandels – das sehen immer mehr Leute kritisch. Wilkens sagt: „Rinder im Stall einzusperren und mit Soja zu füttern ist ökologisch eine Katastrophe. Wir aber bieten nur Rindfleisch aus Weidehaltung an. Auf vielen Höfen stehen die Rinder sogar auf Naturschutzflächen.

Klimaschutz auf der Weide

Denn Gras und Rinder haben sich während der Evolution aneinander angepasst. Die Rinder fressen das Gras genau an der richtigen Stelle ab. Danach wächst es schneller, es bilden sich mehr Wurzeln, und das daraus entstehende Humus zieht CO² aus der Luft und speichert es ein. Mit einer gut gemachten Weidehaltung verbessert man das Klima.“

Röer
Besserfleisch

Zahlen, Daten, Fakten über „Besserfleisch“

Idee: 2016

Gründung: 2016

Mitarbeiter heute: 6

 Startkapital: 3000 Euro

 Mitarbeiter in fünf Jahren: vielleicht 20

„Ich habe meine Nische gefunden“, betont sie. Wie bislang möchte sie künftig Schritt für Schritt und um das Tierwohl bedacht wachsen. Zumal sie seit kurzem Mutter ist und ihre Zeit überlegt einteilen muss, „ich habe Glück“, sagt May-Britt Wilkens lachend, „mein Kind schläft ziemlich gut, toitoitoi.“

Das Start-up „besserfleisch“ hat inzwischen viele Stammkunden. Ideologisch mag sie das Thema nicht betrachten. „Mir ist wichtig, dass wir tolerant sind – Menschen dürfen selbst entscheiden, was sie essen wollen. Umso besser, wenn es gesund ist, und der Umwelt nicht schadet.“