„Große Freiheit“, „Docks“: Nach Schwurbel-Affäre soll jetzt alles anders werden
Live-Konzerte von Rio Reiser, LL Cool J, Fanta 4, Placebo oder den White Stripes. Wilde, feuchtfröhliche Partys: Die „Große Freiheit“ und das „Docks“ sind Institutionen auf dem Kiez. Bis zur Corona-Pandemie. Mit Schwurbel-Plakaten sorgten die Läden für Entsetzen. Die neuen Besitzer distanzieren sich. Das Credo: Alles ist anders.
Live-Konzerte von Rio Reiser, LL Cool J, Fanta 4, Placebo oder den White Stripes. Wilde, feuchtfröhliche Partys: Die „Große Freiheit“ und das „Docks“ sind Institutionen auf dem Kiez. Bis zur Corona-Pandemie. Mit Schwurbel-Plakaten sorgten die Läden für Entsetzen. Die neuen Besitzer distanzieren sich. Das Credo: Alles ist anders.
Der Aufschrei war laut: „In einer Zeit, in der sich unzählige Menschen nach der verbindenden Kraft von Live-Kultur sehnen, sucht ihr anscheinend den Schulterschluss mit Schwurblern, Verschwörern und jenen, die keinen Widerspruch darin sehen, neben Nazis für Demokratie zu demonstrieren“. So heißt es im März 2021 in einem offenen Brief namhafter Veranstalter gegen die „Große Freiheit“ und das „Docks“. Sie boykottieren die Clubs fortan. Die MOPO berichtete.
Ursprung des Eklats waren Schwurbel-Plakate an den Fassaden beider Läden. Dort stand unter anderem: „Stopp Lockdown: Bewaffnet euch mit Wissen“. Dazu Links zu bekannten Corona-Verschwörern, die teilweise Kontakte bis in die rechtsextreme Szene haben.
Hamburg: „Große Freiheit“ und „Docks“ mit neuem Betreiber
Doch nun hat eine andere Crew die Geschäfte übernommen. Benny Dianat (47), genannt Mo, arbeitete früher in der Security, übernahm 2018 das „Colibri“ und ist jetzt der neue Betreiber der „Großen Freiheit“ und des „Docks“. Benny Steinicke (42) ist der Geschäftsführer der drei Clubs.

Mit Blick auf die Schwurbel-Vergangenheit sagt Steinicke: „Wir haben uns von dem ganzen Mist losgelöst und distanziert, wir wollen zeigen: In diese Clubs kann man wieder gehen. Dafür haben wir in der Szene breite Rückendeckung bekommen.“
Jetzt gehe es darum, die Läden wieder zu altem Glanz und Größe zu führen. „Wir wollen wieder Leben in die Häuser bringen, dahin zurückkehren, wofür wir stehen: Live-Musik!“, so Steinicke. Mo nickt. Für ihn sind vor allem die Konzerte etwas besonderes – vor allem nach der Pandemie. „Ich kann mich noch sehr gut an das erste Konzert nach Corona erinnern. Als ich an diesem Abend die ganzen Zuschauer und Zuschauerinnen gesehen habe, sie alle jubelten und applaudierten, da habe ich eine Gänsehaut bekommen, da hat sich mein Herz gefreut.“
„Große Freiheit“ und „Docks“ wollen neue Ideen umsetzen
Karl-Hermann Günther, der frühere Betreiber, sei auf Mo zugekommen, fragte ihn, ob er neben dem „Colibri“ nicht auch die „Freiheit“ übernehmen wolle. Dann kam Corona – und der Eklat. „Da blieb nur der Rückzug“, sagt Mo. Erst Mitte vergangenen Jahres stimmte er dann doch zu. Die Immobilie gehört Günther heute zwar nach wie vor, er habe nun jedoch keinen Einfluss mehr auf das Tagesgeschäft.
Der Betreiberwechsel brachte auch Mario Wiescher (44) zurück, er organisiert die Live-Auftritte: „Ich bin damals gegangen, weil ich die politische Haltung nicht länger ertragen konnte.“ Nun freue er sich, wieder dabei zu sein.

Das neue Team will jedoch nicht nur Live-Musik wieder groß inszenieren, es hat auch weitere Ideen: geschützte Partys für 16-Jährige, Info-Stände zum Thema Drogen und zur Berufswahl. Steinicke erklärt die Idee: „Drogen und K.o.-Tropfen sind vermehrt Thema auf dem Kiez. Mit den Info-Ständen kann man die jungen Leute direkt dort abholen, wo sie sind, in dem Umfeld, wo es akut ist. Mit den Ausbildungsständen wollen wir den Jugendlichen verschiedene handwerkliche Berufe näher bringen. Die Hürde ist hier nicht so hoch wie auf Berufsmessen.“ Es gehe ihnen um Nachwuchsförderung, um ein besonderes Angebot für die Jugendlichen.
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„Letztendlich sind das ,Docks‘ und die ,Große Freiheit‘ Kulturinstitutionen in dieser Stadt“, sagt Sarah Kucher (39, Head of Relations in beiden Clubs). „In einer so besonderen Situation dabei zu sein, die Clubs in die richtige Richtung zu steuern, ist wirklich toll. Wir haben die Möglichkeit mit den Läden wirklich eine Veränderung zu bewirken.“