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  • Die Hamburger Warburg Bank wird im „Cum-Ex“-Steuerskandal schwer belastet.
  • Foto: dpa

Größter Steuerraub der Geschichte: Jetzt steht der erste Hamburger Banker vor Gericht

Vor dem Landgericht Bonn hat am Dienstag der zweite Strafprozess um die dreiste Steuerabzocke im CumEx-Komplex begonnen. Im Zentrum des Millionen-Verfahrens: die Hamburger Privatbank Warburg. Angeklagt ist Christian S. (77), Vertrauter von Bank-Mitinhaber Christian Olearius. Christian S. hatte vergeblich versucht, den Prozessbeginn mit einem Eilantrag zu verhindern. 

Er sei in gesundheitlich schlechter Verfassung, eine Hauptverhandlung unter Pandemie-Bedingungen sei ihm nicht zuzumuten. Mit dieser Argumentation zog der Angeklagte vor das Bundesverfassungsgericht – das seinen Eilantrag jedoch zurückwies.

Der Prozess in Bonn (Az.: 62 KLs 1/20) startete planmäßig am Dienstag mit der Verlesung der umfangreichen Anklage. Das Gericht ist zuständig, weil das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn sitzt.

CumEx: Das sind die Vorwürfe gegen den Warburg-Banker

Die Staatsanwaltschaft Köln wirft dem Hamburger Banker vor, in der Zeit von Ende 2006 bis Ende 2013 als Generalbevollmächtigter der Warburgbank mit weiteren, gesondert verfolgten Komplizen 13 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung begangen zu haben. Durch so genannte CumEx-Geschäfte sollen die Beteiligten 325 Millionen Euro an Steuergeld ergaunert haben – Geld, das die Bank sich vom Staat erstatten ließ, ohne einen Anspruch darauf gehabt zu haben.

Vereinfacht gesagt holt eine Bank sich bei CumEx-Deals Steuern zurück, die sie gar nicht gezahlt hat – ein Schlupfloch im Gesetz machte das Plündern der Staatskasse möglich und wurde auch von Warburg gerne genutzt. CumEx sprengte in ganz Europa alle Dimensionen von bisher bekanntem Steuerbetrug. 

CumEx: Milliardenschäden durch Steuerbetrug

„Zeit Online“ zitiert den Steuerexperte Christoph Spengel von der Universität Mannheim, nach dessen Berechnungen dem deutschen Fiskus zwischen 2001 und 2016 durch CumEx mindestens 31,8 Milliarden Euro entgangen seien. 

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Der Prozess gegen den Warburg-Banker Christian S. (77) findet vor dem Landgericht Bonn statt.

Foto:

picture alliance/dpa

Kann es sein, dass dem nun angeklagten Hamburger Banker nichts davon bekannt war? Christian S. stand bis zu seinem Ausscheiden 2014 mehr als zwanzig Jahre lang im Dienst der Warburgbank, die letzten 14 Jahre war er Generalbevollmächtigter von Bank-Mitinhaber Christian Olearius. 

Christian Olearius: Der Chef der Hamburger Warburg-Bank

Olearius hat über seine dienstlichen und privaten Aktivitäten penibel Tagebuch geführt, was nun Finanzminister und Vizekanzler Scholz (SPD) unter Druck bringt: In den Tagebüchern tauchen auch Treffen des Bankchefs mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Scholz in den Jahren 2016 und 2017 auf.

Damals liefen bereits Ermittlungen und der Bank drohten Rückzahlungen wegen CumEx. Ohne die zu Unrecht kassierten Steuermillionen wäre das Bankhaus aber wohl pleite gewesen. Das brachten vor einigen Wochen Recherchen von „Zeit“ und „NDR Panorama“ ans Licht.

CumEx: Hamburg ließ Steuerschulden verjähren

Hamburg ließ mögliche Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verjähren, eine weitere Rückzahlung über 43 Millionen Euro wurde erst bei der Warburgbank eingefordert, als das Bundesfinanzministerium Hamburg dazu zwang. Warum die Stadt unter SPD-Führung eine Privatbank dermaßen billig davon kommen ließ, das soll nun ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss klären.

CumEx: Verfahren wegen schwerer Steuerhinterziehung

Der Prozess vor dem Bonner Landgericht gegen den Olearius-Vertrauten ist bereits das zweite Verfahren im CumEx-Komplex. Im März 2020 hatte das Gericht zwei britische Investmentbanker wegen schwerer Steuerhinterziehung zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Die Oberstaatsanwältin sprach nach der Beweisaufnahme von dem „größten Steuerraub der deutschen Geschichte“, bei dem die beiden Briten allerdings eher kleine Lichter waren. Im Gegensatz zu der Hamburger Privatbank: Warburg muss nach dem März-Verfahren mit der Einziehung von 176 Millionen Euro rechnen, wie die Frankfurter Allgemeine berichtet. Das Urteil wurde von allen Beteiligten, auch der Warburg-Bank, angefochten. 

Warburg-Bank in Hamburg: Das sagen die Anwälte

Die Warburg-Anwälte hatten erklärt, dass man „nie die Absicht gehabt habe, steuerrechtswidrige Aktiengeschäfte zu betreiben, zu fördern oder sich an darauf ausgerichteten Absprachen zu beteiligen“. Keinesfalls habe die Bank Vorteile aus Aktiengeschäften ziehen zu wollen, die nach Auffassung der Justiz nicht steuerrechtskonform gewesen sein sollen.

Christian S. drohen als maximale Strafe zehn Jahre Haft. Bisher hat das Landgericht Bonn zehn Verhandlungstage bis zum 7. Januar 2021 terminiert.

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