Hamburger Hilfsorganisation: Diese Frau fährt täglich in die Ukraine, um zu helfen
Wenn ihr Handy laut anfängt zu brüllen, dann weiß Rose Hansen: Jetzt muss sie in Deckung gehen. Jetzt kommen die Raketen. Das Notsignal kündigt einen Beschuss an. Seit März ist die Krankenschwester in der Ukraine im Einsatz, um Menschen medizinisch zu versorgen. Das ist oft gefährlich.
Wenn ihr Handy laut anfängt zu brüllen, dann weiß Rose Hansen: Jetzt muss sie in Deckung gehen. Jetzt kommen die Raketen. Das Notsignal kündigt einen Beschuss an. Seit März ist die Krankenschwester in der Ukraine im Einsatz, um Menschen medizinisch zu versorgen. Das ist oft gefährlich.
Rose Hansen (59) ist mit Leib und Seele Krankenschwester. Menschen zu helfen, ist für sie kein Job, sondern ein Bedürfnis. Eine Lebensaufgabe. In einem Krankenhaus hat sie zuletzt vor 23 Jahren gearbeitet. Seitdem war sie im sozialen Bereich tätig und zuletzt in der Flüchtlingshilfe. In Deutschland und in Griechenland.
Seit März kümmert sich die Krankenschwester um pflegebedürftige Menschen in der Ukraine
Als die Russen am 24. Februar die Ukraine angriffen, wusste Rose Hansen: Da muss ich hin! Im März fuhr sie mit einem Team aus Ärzten und Krankenschwestern für die Hamburger Organisation „Medical Volunteers“ an die polnisch-ukrainische Grenze, um die Flüchtlingsströme zu versorgen.
„Die Menschen hatten Stress-Symptome. Sie litten an Übelkeit, Erbrechen, Bluthochdruck“, sagt die 59-Jährige, die lange in Schleswig gelebt hat. Sie und ihre Kollegen machten unzählige EKG und Ultraschall, verabreichten Medikamente oder beruhigten einfach mit warmen Worten. Besonders um die Kinder machte Hansen sich Sorgen: „Sie waren sehr ruhig und haben kaum gesprochen.“
„Das Gesundheitssystem in der Ukraine ist zusammengebrochen“
Seit die Flüchtlingsströme nachgelassen haben, fährt Rose Hansen jeden Tag von ihrer Unterkunft im polnischen Cieszanów über die 20 Minuten entfernte ukrainische Grenze. Sie versorgt Menschen in Javoriv, in Lwiw und in andern Dörfern nahe der westukrainischen Großstadt. „Das Gesundheitssystem in der Ukraine ist völlig zusammengebrochen“, sagt sie.

Weil die Region Lwiw nicht zu den Hauptkriegszielen zählt, hat die Regierung die Versorgung der Bevölkerung weniger im Blick. „Die Menschen müssen ihr Wasser vom Brunnen holen, der einen Kilometer entfernt liegt. Weil es keine Toiletten gibt, müssen die Hinterlassenschaften vergraben werden. Aber hier liegen 30 Zentimeter Schnee. Der Boden ist gefroren!“ Strom gibt es jeden Tag nur für vier Stunden.
Hansen erzählt von einer aus Dnipro in den Westen geflohenen Familie mit einem beinamputierten Opa, einer herzkranken Oma, zu der eine Mutter mit vier Kindern gehört, von denen eines an Epilepsie leidet. „Die schaffen das alles nicht.“ Hansen hilft, wo sie kann. Insgesamt betreut sie rund 30 Menschen.
Bei Angriffen flüchtet die Krankenschwester in den Bunker oder aufs flache Feld
Schon 20 Mal hat ihr Handy das Notsignal ausgesendet. Drei Mal musste Rose Hansen in einen Bunker flüchten, weil sie gerade in Lwiw war. Wenn es unterwegs passiert, werfen sie und der Fahrer sich flach aufs Feld.
Geld bekommt Rose Hansen trotz der Gefahren nicht für ihren Einsatz. „Medical Volunteers“ zahlt ihr eine Aufwandsentschädigung, die aber mehr einem Taschengeld gleicht. Kost und Logis werden bezahlt. Mehr kann die von Spenden abhängige Hamburger Organisation derzeit nicht aufbringen.
Hamburger Hilfsorganisation braucht dringend Spenden
„Die Spendenbereitschaft ist in diesem Jahr drastisch gesunken“, so Sprecherin Viviane Czok-Gökkurt. „Um medizinische Nothilfe an den EU-Außengrenzen leisten zu können, brauchen wir dringend Geld.“ Neben der Ukraine zählt auch Serbien, Bosnien, Bulgarien und Griechenland zu den Einsatzgebieten der Organisation. Gerade ist außerdem ein Hospital-Schiff im Mittelmeer gestartet, um Schiffbrüchige zu retten.
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Rose Hansen ist zufrieden mit dem Taschengeld. „Ich mache das hier nicht, weil ich Geld dafür kriege, sondern weil mein Herz dafür schlägt.“ Sie habe alles, was es für ein glückliches Leben braucht – eine gute Gesundheit, zwei tolle Töchter und ein Team. Mehr brauche sie nicht. „Ich habe viel Energie. Davon kann ich etwas abgeben.“ Oft sei ein Lächeln heilender als eine Tablette. „Ich werde hier gebraucht.“