Gravierender Hebammenmangel in Hamburg – wie werdende Mütter doch noch eine finden
Wer hilft mir, wenn ich in meiner ersten Schwangerschaft so richtig überfordert bin? Wer beantwortet die tausend Fragen nach der Geburt? Im Idealfall hat die Mutter eine Hebamme, doch mittlerweile wird in Hamburg nicht einmal mehr jede zweite Frau von einer betreut – ein großes Problem. Was Hebammen fordern – und wie Mütter trotzdem eine finden können.
- Deutsch (Deutschland)
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Wer hilft mir, wenn ich in meiner ersten Schwangerschaft so richtig überfordert bin? Wer beantwortet die tausend Fragen nach der Geburt? Im Idealfall hat die Mutter eine Hebamme, doch mittlerweile wird in Hamburg nicht einmal mehr jede zweite Frau von einer betreut – ein großes Problem. Was Hebammen fordern – und wie Mütter trotzdem eine finden können.
Knapp drei Monate ist es her, dass die kleine Mathilda das Licht der Welt erblickt hat. Sie ist Teresa Brügmanns erstes Kind – dementsprechend groß waren Unsicherheit und Angst, einen Fehler zu machen. „Ich habe ab der 12. Woche angefangen, eine Hebamme zu suchen und dachte, dass das ganz einfach wird“, sagt Brügmann. „Doch dann habe ich eine Absage nach der anderen bekommen. Ich habe bestimmt 50 Mails verschickt – ohne Erfolg.“
Immer weniger Frauen in Hamburg haben eine Hebamme
Das sei kein Wunder, sagt die Vorsitzende des Hamburger Hebammenverbandes, Andrea Sturm. Der Hebammenmangel in der Hansestadt sei gravierend. „Laut dem letzten Gesundheitsbericht von 2018 wurden nur noch 47 Prozent der Frauen vor- und nachgeburtlich von einer Hebamme versorgt. Im Vergleich zum letzten Bericht sind das noch einmal sieben Prozent weniger“, so Sturm. „Besonders rudimentär ist die Versorgung in den Stadtteilen mit geringem Durchschnittseinkommen. Auch vielen Frauen mit Migrationshintergrund bleibt das Angebot verwehrt, weil sie nicht anständig informiert werden.“
An Beispielen wie dem von Teresa Brügmann aus Eimsbüttel werde deutlich, dass das Problem längst nicht mehr nur den Süden und Osten der Stadt betreffe. „Es lief alles darauf hinaus, dass wir keine Hebamme haben“, berichtet die junge Mutter. „Durch einen Zufall haben wir dann Kontakt zu Andrea bekommen, die als Vorsitzende zwar eigentlich keine Frauen mehr betreut, in meinem Fall aber eine Ausnahme gemacht hat.“
Das sei ein großes Glück, ohne Andrea wäre die Zeit nach der Geburt viel schwerer geworden: „An Tag fünf hat Mathilda aufgehört zu trinken“, sagt die junge Mutter. „Ich hatte seit vier Tagen nicht geschlafen. Ich habe die Minuten gezählt, bis Andrea kam. Die hat es sofort geschafft, die Kleine zum Trinken zu bringen. Ohne Andrea wäre ich wohl ins Krankenhaus gefahren.“
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Der Hebammenberuf erfordere eine große Aufopferungsbereitschaft, sagt Andrea Sturm. „Drei Wochen vor dem Geburtstermin beginnt die Rufbereitschaft. Theoretisch kann so eine Begleitung vom positiven Schwangerschaftstest bis zum Ende der Stillzeit gehen.“
So erhöhen Sie die Chance, eine Hebamme zu finden
Der Test sei übrigens auch der Zeitpunkt, zu dem werdende Mütter sich angesichts des Mangels spätestens auf die Suche nach einer Hebamme machen sollten. „Da bleibt nicht viel Zeit, um emotional in der Schwangerschaft anzukommen“, sagt Andrea Sturm. Sie rät außerdem dazu, sich in der Nähe nach Beratungsstellen umzusehen, die Schwangere bei der Suche nach einer Hebamme unterstützen. Online gebe es diverse Portale. Auch das Patiententelefon der KVH und der Ärztekammer können bei der Suche unterstützen.
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„Vor allem muss der Hebammenberuf wieder attraktiver werden“, sagt Andrea Sturm und zählt ihre Wünsche auf: „Hausbesuche sollten nicht mehr pauschal, sondern nach Zeit bezahlt werden. In Krankenhäusern dürfen Hebammen nicht mehr als ‚Mädchen für alles‘ betrachtet werden – das Ansehen des Berufes muss sich bessern. Dazu gehört auch, dass Geburt und Schwangerschaft nicht mehr als Krankheit angesehen und mit Kliniken verbunden werden. Geburtshäuser, zuhause… Es gibt so viele Orte, um diesen Moment so besonders wie möglich zu gestalten. Der Hebammenberuf ist etwas ganz Schönes und Wertvolles.“
Das sieht auch Teresa Brügmann so. „Andrea ist die Beste!“, sagt sie.