Warum die Zahl der Sexualdelikte in Hamburg drastisch steigt
Alarmierende Entwicklung: Die Zahl der Sexualdelikte in Hamburg ist im ersten Halbjahr 2023 erneut gestiegen, besonders stark im Bereich der schweren Straftaten wie Vergewaltigung. Dabei fällt auf, dass offenbar immer mehr Frauen den Mut haben, sexuelle Angriffe ihrer (Ex-)Partner anzuzeigen. Die Statistik zeigt aber auch, dass sich mehr Frauen gegen Belästigungen in der Öffentlichkeit wehren. Besonders in einem Bezirk sind die Anzeigen wegen „Grabschereien“ stark angestiegen.
Alarmierende Entwicklung: Die Zahl der Sexualdelikte in Hamburg ist im ersten Halbjahr 2023 erneut gestiegen, besonders stark im Bereich der schweren Straftaten wie Vergewaltigung. Dabei fällt auf, dass offenbar immer mehr Frauen den Mut haben, sexuelle Angriffe ihrer (Ex-)Partner anzuzeigen. Die Statistik zeigt aber auch, dass sich mehr Frauen gegen Belästigungen in der Öffentlichkeit wehren. Besonders in einem Bezirk sind die Anzeigen wegen „Grabschereien“ stark gestiegen.
210 Mal haben Frauen von Januar bis September 2023 schwerste Sexualstraftaten angezeigt, also Vergewaltigungen, Nötigungen und besonders gravierende Übergriffe – das ist ein Plus von 37 Prozent (57 Fälle) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie aus einer Anfrage des CDU-Abgeordneten Dennis Gladiator hervorgeht. Die Zunahme geht besonders auf Frauen zurück, die ihre (Ex-)Partner anzeigen. Allein in dieser Gruppe ist die Zahl der Anzeigen um 48 gestiegen. „Immer mehr Geschädigte trauen sich, auch aus Beziehungen heraus Sexualstraftaten anzuzeigen“, heißt es in der Antwort des Senats. Aufgeklärt wurden 164 Fälle (78 Prozent).
Mehr Belästigungen angezeigt
Aber nicht nur im Bereich der schweren Sexualdelikte sind die Zahlen im laufenden Jahr gestiegen – es wurden auch mehr sexuelle Belästigungen angezeigt, also unsittliche Berührungen: Hier wurden bisher 531 Fälle erfasst, das sind 120 mehr als im Vorjahreszeitraum (knapp 30 Prozent). Der Paragraph 184i wurde Ende 2016 als „Grabsch-Paragraph“ neu ins Strafgesetzbuch aufgenommen, auch als Reaktion auf die Übergriffe von Köln in der Silvesternacht 2015/2016.

Dass immer mehr „Grabschereien“ angezeigt würden, liege daran, dass der (sieben Jahre alte) Paragraph so neu sei, mutmaßt der Senat: „Es dauert immer eine gewisse Zeit, bis sich Gesetzesänderungen im Bewusstsein der Gesellschaft einprägen und Betroffene oder Zeugen entsprechende Taten anzeigen.“ Dabei fällt ein Bezirk besonders auf: Allein im Bezirk Mitte, zu dem die Partyzonen von St. Pauli und St. Georg gehören, gingen 73 Anzeigen mehr als im Vorjahr ein.
Viele Anzeigen werden lange nicht bearbeitet
„Nach Ende fast aller pandemiebedingten Einschränkungen gab es ab Sommer 2022 einen deutlichen Anstieg der Besucherzahlen von Großveranstaltungen“, vermutet der Senat als weiteren Grund für mehr unsittliche Berührungen. CDU-Mann Gladiator reichen die Begründungen nicht aus: „Auch der Zuzug einer großen Zahl junger Männer mit einem anderen Frauenbild und einem anderen Verständnis vom Rechtsstaat, ist Teil der Erklärung“, so der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion zur MOPO: „Diese Realität müssen wir anerkennen und benennen, um dagegen etwas tun zu können.“
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Aus der Senatsantwort geht noch ein weiterer beunruhigender Umstand hervor: Die Hamburger Polizei ist dermaßen überlastet, dass das für Sexualdelikte zuständige Landeskriminalamt 42 im September fast 600 zurückgestellte Verfahren meldet. Dennis Gladiator: „Eine Katastrophe, gerade in diesem sensiblen Bereich, in dem es für die Opfer besonders belastend ist, wenn die Anzeigen lange nicht bearbeitet werden.“ Die Politik könne nicht neue Straftatbestände einführen, ohne dafür zu sorgen, dass Polizei und Justiz diese auch verfolgen können.