Glatteis in Hamburg: Für Streu-Muffel kann es richtig teuer werden
Hauseigentümer sollten Schneeschieber und Sandeimer derzeit immer griffbereit haben, denn: Nirgendwo in Deutschland ist es für Eigentümer so teuer, gegen die „Streu- und Räumpflichten“ zu verstoßen wie in Hamburg. Jedenfalls in der Theorie, dann tatsächlich blieben beim Blitzeis am Montagmorgen viele Gehwege vor Privathäusern spiegelglatt. Drohen nun hohe Strafen? Bis wann müssen Fußwege überhaupt geräumt sein? Wenn Salz in Hamburg verboten ist, warum gibt es das dann im Baumarkt? Die MOPO hat die Antworten.
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Hausbesitzer sollten Schneeschieber und Sandeimer derzeit immer griffbereit haben, denn: Nirgendwo in Deutschland ist es für Eigentümer so teuer, gegen die „Streu- und Räumpflichten“ zu verstoßen wie in Hamburg. Jedenfalls in der Theorie. Tatsächlich blieben beim Blitzeis am Montagmorgen viele Gehwege vor Privathäusern spiegelglatt. Drohen nun hohe Strafen? Bis wann müssen Fußwege überhaupt geräumt sein? Wenn Salz in Hamburg verboten ist, warum gibt es das dann im Baumarkt? Die MOPO hat die Antworten.
Was kostet ein Verstoß gegen die Räum- und Streupflicht?
Diese Pflicht ist im Hamburgischen Wegegesetz von 1974 geregelt. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit und können in Hamburg mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro belegt werden – so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen etwa erheben gar kein Bußgeld gegen Streu-Muffel, Rheinland-Pfalz und Baden-Württtemberg maximal 500 Euro (laut dem aktuellen Bußgeld-Katalog).
Muss der Hauseigentümer mir Schmerzensgeld zahlen, wenn ich mir vor seinem Haus das Bein breche?
Kommt auf den Einzelfall an. Gerichte prüfen auch eine Mitschuld des Fußgängers. Also: War der Weg erkennbar glatt? Hätte der Fußgänger einen anderen Weg wählen können? War (wie etwa Montagmorgen) im Vorfeld vor extremer Glätte gewarnt worden? Ein Beispiel: Eine Hamburgerin, die 1998 vor ihrer Haustür ausrutschte und länger arbeitsunfähig war, hatte ihren Vermieter auf Schmerzensgeld und „Erwerbsfolgeschäden“ verklagt. Der Fall ging bis vor das Hamburgische Oberlandesgericht, das der Frau eine 40-prozentige Mitschuld gab. Begründung: Es habe zuvor zahlreiche Warnungen vor Blitzeis gegeben und sie hätte beim Betreten des Gehweges „höchste Vorsicht walten lassen müssen“ (AZ 11U 45/98).
Muss man als Eigentümer auch bei Blitzeis sofort streuen?
Das Hamburgische Wegegesetz schreibt vor: Bis 8.30 Uhr müssen Hauseigentümer die Gehwege geräumt und gestreut haben (an Sonntagen bis 9.30 Uhr). Und zwar keinesfalls mit Salz, sondern mit Sand oder Granulat. Aber: Wenn es um 8.30 Uhr gerade heftig schneit, muss erst dann geschippt werden, wenn der Schneefall abnimmt. Bei Blitzeis wie am Montagmorgen könnte bei einem juristischen Streit also gelten, dass die Streupflicht erst einsetzt, wenn es nicht mehr regnet, das „Ereignis“ also beendet ist. Um 20 Uhr endet die Räum- und Streupflicht.
Wer kontrolliert die Räum- und Streupflicht?
Dafür sind die Wegewarte der Bezirksämter zuständig. Gute Nachricht für alle Streu-Muffel: Solange die Nachbarn dicht halten und sich keiner verletzt, passiert nichts. Die Wegewarte kontrollieren nicht ohne Anlass, sondern nur, wenn das Bezirksamt einen Hinweis erhält – was kaum vorkommt: „Einsätze wegen Verstoßes gegen die Räum- und Streupflicht sind sehr selten“, so eine Sprecherin des Bezirks Mitte auf MOPO-Nachfrage: „Im Jahr 2021 hatten wir zwei Anzeigen – einmal wegen unterlassener Räumpflicht und einmal eine Anzeige wegen der Verwendung von Streusalz.“ Das maximale Bußgeld von 50.000 Euro ist noch nie verhängt worden.
Wenn Streusalz für Hamburger Privatleute verboten ist, warum liegt es dann im Baumarkt?
Wer Baumarkt-Mitarbeiter in Hamburg fragt, bekommt zwei Erklärungen: 1. Das Baum schonende Salzverbot gelte ja nur für den öffentlichen Gehweg vor dem Haus. Wege auf dem eigenen Grundstück dürfe man auch in Hamburg mit Salz streuen. Sind ja die eigenen Pflanzen, die leiden. 2. Es kaufen ja auch viele Kunden aus Niedersachsen ein, wo der private Streusalzgebrauch auf Gehwegen in einigen Kommunen noch erlaubt ist.