Gestapo-Folterkeller: Es droht neuer Streit ums Stadthaus
Eine Miniatur-Gedenkstätte, die sich den ohnehin geringen Platz auch noch mit der Buchhandlung „Lesesaal“ und einem Café teilen muss – dieser aus Sicht der Kritiker unhaltbare Zustand im Stadthaus ist bald vorbei. Jetzt, da die Buchhändlerin Insolvenz angemeldet hat (MOPO berichtete), nutzt die Stadt die Gelegenheit: Sie will die Fläche übernehmen und dort eine würdige Gedenkstätte schaffen. Aber wie wird die aussehen? Der nächste Streit kündigt sich schon an.
Die Hamburgische Bürgerschaft hat sich am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde mit großer Mehrheit für die dauerhafte Einrichtung eines würdigen Gedenk- und Lernorts im Stadthaus an der Stadthausbrücke (Neustadt) ausgesprochen. Der Senator kündigte an, in der künftigen Gedenkstätte solle vor allem an die Verbrechen der Täter erinnert werden. Dem pflichtete auch Peter Zamory bei, Sprecher für Erinnerungskultur bei den Grünen.

Eine Miniatur-Gedenkstätte, die sich den ohnehin geringen Platz auch noch mit der Buchhandlung „Lesesaal“ und einem Café teilen muss – dieser aus Sicht der Kritiker unhaltbare Zustand im Stadthaus ist bald vorbei. Jetzt, da die Buchhändlerin Insolvenz angemeldet hat (MOPO berichtete), nutzt die Stadt die Gelegenheit: Sie will die Fläche übernehmen und dort eine würdige Gedenkstätte schaffen. Aber wie wird die aussehen? Der nächste Streit kündigt sich schon an.
Die Hamburgische Bürgerschaft hat sich am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde mit großer Mehrheit für die dauerhafte Einrichtung eines würdigen Gedenk- und Lernorts im Stadthaus an der Stadthausbrücke (Neustadt) ausgesprochen. Der Senator kündigte an, in der künftigen Gedenkstätte solle vor allem an die Verbrechen der Täter erinnert werden. Dem pflichtete auch Peter Zamory bei, Sprecher für Erinnerungskultur bei den Grünen.

Stadthöfe: Antifaschistischer Widerstand muss Thema sein
Widerspruch kommt von den Verfolgtenverbänden. „Auch aus unserer Sicht ist es wichtig, in der ehemaligen Zentrale des Nazi-Terrors zu fragen, wie es möglich war, dass innerhalb weniger Monate aus der Polizei der Weimarer Republik das Werkzeug dieses Terrors werden konnte“, schreiben Cornelia Kerth von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Wolfgang Kopitzsch von der Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten. „Allerdings: Wir halten daran fest, dass auch der Widerstand gegen diesen Terror zum Stadthaus gehört. Die Beschränkung auf die Täter an diesem Ort ist eine nicht nachvollziehbare und eindimensionale Sicht der Geschichte, die wir als Opferverbände so nicht hinnehmen können und werden.“
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Weiter heißt es in der Erklärung: „Der zahllosen dort Verhafteten, Verhörten, Gefolterten und Gequälten und den Ermordeten muss würdig und angemessen vor Ort gedacht werden!“ Kerth und Kopitzsch schließen mit den Worten: „Wir wünschen uns, dass über diese Fragen mit uns gesprochen wird, bevor neue Festlegungen über Fokus und Gestaltung der gesamten Fläche getroffen werden.“
„Wenn ich mich bewegte, schlugen sie meinen Kopf gegen die Wand“
Das Stadthaus, das jetzt Stadthöfe heißt und heute ein schickes Hotel, Geschäfte, Büros und Eigentumswohnungen beherbergt, war einst die Zentrale des Terrors in der Hansestadt. Erst waren Kommunisten und Sozialdemokraten die Opfer, ab 1938 jagte die Gestapo jüdische Mitbürger und organisierte deren Abtransport in die Konzentrationslager. Fast 9000 Juden aus Hamburg starben.
„Ich wurde 24 Stunden an die Wand gestellt, bei jeder Bewegung hämmerte der Wachposten mein Gesicht gegen die Mauer“, erinnert sich der Werftarbeiter Tönnies Hellmann. Bei der anschließenden Vernehmung verlangten die Gestapo-Leute, dass Hellmann seine Genossen verrät. Als er sich weigerte, „schlugen sie mir ins Gesicht und zerstörten die Hörkraft auf meinem linken Ohr“.

Heinrich Braune, Sozialdemokrat und Gründer der MOPO, wurde 1933 verhaftet und in den Keller des Stadthauses gebracht. „Dort gab es außer zwei Bänken nichts. Da musste man sich zum Schlafen auf den Boden legen.“ Ein Gefangener nach dem anderen sei abgeholt worden zum Verhör und kam „ziemlich kaputt geschlagen wieder ins Untergeschoss zurück“.
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Die Kommunistin Margarethe Hoefer berichtet, wie die Gestapo-Sadisten sie auf eine Pritsche warfen und ihr Bein wieder und wieder auf die Eisenkante des Bettes schlugen. Am nächsten Tag wurde sie bedroht: „Meine Geschwister würde man auch holen und die Kinder ins Waisenhaus bringen.“ Als sie trotzdem schwieg, musste sie erneut in den Keller. Die Gestapo wiederholte die Tortur.
Dreiklang aus Buchhandlung, Café und Gedenkstätte ist gescheitert

Die Stadt Hamburg hat nach dem Krieg jahrzehntelang kaum etwas getan, um die Erinnerung wachzuhalten an das, was im Stadthaus geschah. 2009 wurde das Gebäude vom CDU-Senat verkauft. Dem neuen Eigentümer wurde auferlegt, auf seine Kosten eine Gedenkstätte zu schaffen und zu unterhalten. „Privatisierung des Gedenkens“, wie Kritiker das nennen. Das Resultat: der sogenannte „Dreiklang“ aus Buchhandlung, Café und Gedenkort. Ein Konzept, das von Anfang an von Historikern und NS-Verfolgtenverbänden scharf kritisiert wurde und mit der Insolvenz der Buchhändlerin nun gescheitert ist.