Geschlagen, erpresst, zum Sex gezwungen: Das Martyrium einer Zwangsprostituierten
Ihr eigener Ehemann soll Laura N. das Leben zur Hölle gemacht haben: Er schlug ihr mit der Faust ins Gesicht und zwang sie, beim Hauptbahnhof für ihn anschaffen zu gehen – ansonsten würde er ihren Sohn in Ghana töten. So heißt es in der Anklage. Vor Gericht streitet er die Vorwürfe ab und erzählt eine bizarre Verwechselungsgeschichte, die viele Fragen aufwirft.
Ihr eigener Ehemann soll Laura N. das Leben zur Hölle gemacht haben: Er schlug ihr mit der Faust ins Gesicht und zwang sie, beim Hauptbahnhof für ihn anschaffen zu gehen – ansonsten würde er ihren Sohn in Ghana töten. So heißt es in der Anklage. Vor Gericht streitet er die Vorwürfe ab und erzählt eine bizarre Verwechselungsgeschichte, die viele Fragen aufwirft.
Schwere Zwangsprostitution und Körperverletzung, so lautet der Vorwurf der Anklage gegen Anthony A. Vor dem Amtsgericht Altona zeigt sich der 44-Jährige ruhig und zurückhaltend, er trägt eine Brille mit feinem Goldrand, seinen dunkelblauen Parka behält er an.
Wenn es sich bewahrheitet, was die Anklage ihm vorwirft, steckt hinter dem ruhigen Mann jedoch ein brutaler und skrupelloser Zuhälter, der seine eigene Frau quälte und für ein paar Geldscheine zum Sex mit fremden Männern zwang.
Hamburg: Mann soll Ehefrau zur Prostitution gezwungen haben
Am 30. August 2020 soll er Laura N. (Name geändert) in der gemeinsamen Wohnung in der Hamburger Hochstraße (Altona) derart ins Gesicht geschlagen haben, dass ihr Augenhöhlenboden brach. Von Januar 2021 bis August 2022 musste sie sich dann, laut Anklage, für ihn prostituieren. Er habe sie dafür ein- bis zweimal im Monat zum Hauptbahnhof gefahren, wo sie die Kunden entweder im Hotel oder im Auto habe bedienen müssen. Für 100 bis 200 Euro.

Das Geld habe der Angeklagte an sich genommen. Laut Staatsanwältin habe er einen Teil davon an seine Familie in Ghana geschickt und den Rest für sich behalten. Laura N. soll ihrem Mann ausgeliefert gewesen sein – sie hatte, anders als der Angeklagte, keine gültige Aufenthaltserlaubnis für Deutschland. Er habe das ausgenutzt, sie geschlagen, ihr mit Anzeige und Abschiebung gedroht und damit, ihren zehnjährigen Sohn in Ghana umzubringen, heißt es in der Anklage.
Prozess: Angeklagter schiebt mögliche Schuld auf Zwillingsbruder
Vor Gericht lässt der Angeklagte seinen Verteidiger eine Einlassung verlesen. „Ich bin unschuldig“, heißt es darin. Er sei nicht die Person, die diese Straftaten begangen habe. „Wenn Laura behauptet, sie sei von ihrem Mann geschlagen und zur Prostitution gezwungen worden, können sich die Vorwürfe – wenn sie denn wahr sind – nur gegen meinen Bruder richten.“
Er habe einen Zwillingsbruder, der mit Laura N. in der Wohnung in der Hamburger Hochstraße gelebt habe. Sie sei bereits 2016, ein Jahr nach der Eheschließung in Ghana, nach Deutschland gekommen. Die Wohnung, in der sie und der Zwillingsbruder lebten, sei von ihm gemietet gewesen, sagt er dem Gericht. Er selbst habe jedoch bereits vor August 2020 in einer Wohnung in Tornesch gewohnt.
Seine Aussage wirft mehr Fragen auf, als sie klärt: Wieso wohnte Laura N. mit dem Zwillingsbruder und nicht mit ihrem Ehemann zusammen? Wo lebte der Angeklagte von 2016 bis 2020? Wieso fingen die Gewalt und die Zwangsprostitution an, als der Angeklagte nach Tornesch zog? Wieso sollte die Geschädigte den falschen Mann belasten? Dass sie ihren eigenen Ehemann nicht von dessen Bruder unterscheiden kann, ist unwahrscheinlich.
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Klar ist: Anthony A. drohen bis zu vier Jahre Haft und – abhängig von seinem Aufenthaltsstatus – die Abschiebung. Er hat viel zu verlieren. Erfand er den Zwillingsbruder nur? Oder gibt es ihn wirklich und A. hofft, dass die ihm vorgeworfenen Taten keinem eindeutig nachzuweisen sind und beide freikommen? Der Prozess wird am 20. November fortgesetzt.