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Gefährlicher Schulweg: „Die Stadt macht uns zu Helikopter-Eltern“

Eimsbüttel –

Von ihrem Wohnhaus in der Waterloostraße (Eimsbüttel) bis zur Grundschule Arnkielstraße ist es eigentlich nur ein Katzensprung. Und dennoch bringt Myriam Zschage ihre Tochter jeden Morgen zur Schule – so wie viele andere Eltern in der Nachbarschaft auch. Denn aus ihrer Sicht hat die Stadt bei der Verkehrsplanung die Kinder vergessen. Der Schulweg sei viel zu gefährlich!

„Ich wollte nie eine Helikoptermutter sein“, sagt Myriam Zschage. Selbstständigkeit ist der Filmproduzentin bei der Erziehung ihrer Kinder wichtig. Doch ihre Tochter (6) alleine zur Schule gehen zu lassen? Das kommt für die 46-Jährige nicht in Frage.

Wege führen ins Gebüsch oder zu Fahrradständern

Bei einem Spaziergang durchs Viertel zeigt Zschage auf die Gefahrenstellen. So gibt es an der Kreuzung Waterloostraße/Eimsbüttler Straße keinen klaren Fußgängerüberweg. Eine Ecke ist ein Parkplatz, eine Ecke ist durch einen Fahrradständer belegt, eine dritte komplett mit Grünzeug zugewachsen. Die Orientierung fällt schwer. Erst Recht für ein kleines Kind, das zusätzlich noch durch die von rechts mit hoher Geschwindigkeit vom Ring 2 kommenden Autos verunsichert wird. Parkende Autos versperren darüber hinaus häufig die Sicht.

Waterloostraße

An der Ecke Waterloostraße/Eimsbüttler Straße gibt es keine klare Fußgängerführung. Wer die Straße schräg überquert, landet in einem Fahrradständer. Parkende Autos versperren die Sicht.

Foto:

Patrick Sun/ Patrick Sun

An der nächsten Ecke geht die Problematik gleich weiter. Wer die Langenfelder Straße geradeaus vor dem Gemüseladen „Alsen Oase“ überqueren möchte, landet direkt in einem Gebüsch. Ein Zaun verhindert ein Abbiegen nach links in Richtung Schule. Den Kindern bleibt nur, einen umständlichen Umweg um die Grünfläche herum zu nehmen, wobei sie auf einem schmalen Streifen direkt an der Bordsteinkante balancieren müssen. Oder aber sie überqueren die Langenfelder Straße an anderer Stelle. Nur: Es gibt nirgendwo einen Zebrastreifen. Nicht einmal eine freie Stelle zum Überqueren. Die Kinder müssen zwischen den parkenden Autos hindurch  auf die Straße treten – eine klassische Gefahrensituation. Besonders im Winter.

Anwohner wünschen sich den Zebrastreifen am Alsenplatz zurück

Das Absurde: Die Kreuzung Langenfelder Straße/Alsenplatz ist erst vergangenes Jahr aufwändig umgestaltet worden. Doch der Zebrastreifen, der die Schulkinder sicher über die Straße brachte, wurde abgeschafft. Eine zweite Chance, diese Situation zu verbessern, wurde aus Sicht der Anwohner in den Sand gesetzt. Denn im Zusammenhang mit dem für Sommer 2021 geplanten Ausbau der Veloroute 13, bei der die Waterloostraße zur Fahrradstraße wird, hatte es im Frühjahr eine Bürgerbefragung gegeben. Eine Farce, meint Myriam Zschage: „Uns wurde zwei Varianten vorlegt. Wirkliche Mitsprache hatten wir nicht.“

Zschage hat sich mit anderen Eltern zusammengetan. Sie haben die Initiative Waterloostraße gegründet und sich in mehreren Briefen an den Bezirk und an die Stadt gewandt. „Wir haben das Gefühl, dass unsere Einwände nicht ernst genommen wurden.“ Die Eltern befürchten zudem eine Verkehrsbeschleunigung, weil das Kopfsteinpflaster in der Waterloostraße künftig durch eine Asphaltfläche ersetzt wird.

„Ausgewogene Lösung“: Behörde weist Kritik zurück

Unterstützung bekommt die Initiative von der „AG Sicherer Schulweg“. Deren Sprecherin Beate Eisfeld weiß, dass viele Eltern ihre Kinder angesichts der Gefahrenstellen zur Schule bringen. „Die Verkehrslage scheint auf den ersten Blick gut geregelt. Es gibt viele Schilder. Doch sie richten sich nur an Autofahrer und Radfahrer. Die Fußgängerführung ist völlig unübersichtlich.“

Die Behörde weist jegliche Kritik zurück. „Für die Neugestaltung der Waterloostraße hat der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) eine ausgewogene Lösung entwickelt“, so der zuständige Pressesprecher. Die Anwohner seien an den Planungen beteiligt worden, ihre Einwände hätten durchaus Wirkung gezeigt und zu Bedarfsanpassungen an der Waterloostraße/Eimsbüttler Straße geführt. 

Straßenschwellen sollen Autos abbremsen

„Dort haben wir unsere Planungen bereits noch einmal angepasst, um die Situation für Fußgängerinnen und Fußgänger insgesamt übersichtlicher und sicherer zu machen. So wird der Einmündungsbereich in die Waterloostraße im Zuge des Umbaus verschmälert bzw. begradigt und die fehlerhaft eingebauten taktilen Leitelemente werden neu gesetzt“, so der Sprecher. Dabei bezieht er sich auf im Boden eingelassene Elemente zur Fußgängerführung von Sehbehinderten, die falsch gesetzt waren, wie von Behindertenverbänden kritisiert worden war.

Der Sprecher betont, dass, um den Wünschen der Anwohner gerecht zu werden, sogar Straßenschwellen vorgesehen sind, welche Autofahrer zu Geschwindigkeitsreduzierung zwingen sollen. Das sei bei Fahrradstraßen eigentlich gar nicht zulässig. Im übrigen gelte Tempo 30.

Behörde: Kein gehäuftes Unfallvorkommen 

„Die grundsätzliche Geometrie der Kreuzung kann allerdings nicht verändert werden und eine besondere Gefahrenlage ist dort auch nicht erkennbar“, so der Sprecher. Es gebe an dieser Stelle kein gehäuftes Unfallvorkommen.

Mutter Susi Montgomery widerspricht: „Es gibt jeden Tag Fast-Unfälle. Ich höre jeden Tag das Geschrei wütender Fußgänger gegen Autofahrer.“ Montgomery und ihren Mitstreitern gehen die Pläne nicht weit genug. Sie bestehen weiter auf Zebrastreifen und klareren Sichtachsen. Vor allem ärgern sie sich, dass alle Maßnahmen an der zweiten Kreuzung an der Langenfelder Straße offenbar abgeschlossen sind.

„Der Kreisel am Alsenplatz ist nicht mehr Bestandteil dieser Planung“, so die Erklärung des LSBG-Sprechers.

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