Frauenleiche aus Kanal geangelt: Wird Nargis S. Tod endlich gesühnt?
Zehn Jahre lang blieb sie verschwunden. Die junge Bulgarin Nargis S. Dann zog ein Angler im Januar Teile ihrer Leiche aus dem Ernst-August-Kanal in Wilhelmsburg. Nun steht der ehemalige Geliebte der Getöteten vor Gericht – nicht zum ersten Mal.
Zehn Jahre lang blieb sie verschwunden. Die junge Bulgarin Nargis S., Mutter von zwei Kindern. Dann zog ein Angler im Januar Teile ihrer Leiche aus dem Ernst-August-Kanal in Wilhelmsburg. Nun steht der ehemalige Geliebte der Getöteten vor Gericht.
Schwarzer Pullover, eckiges Gesicht, Drei-Tage-Bart: Mit ausdruckslosem Gesicht verfolgt Cengiz K. die Verlesung der Anklageschrift durch den Staatsanwalt, der ihm Totschlag vorwirft. Der heute 43-Jährige habe seine Freundin am 8. März 2013 an einem bisher unbekannten Ort getötet. Wahrscheinlich in seinem Pkw. Und dann im Kanal versenkt.
Vor zehn Jahren saß Cengiz K. schon einmal in U-Haft – kam aber wieder frei
Auf ein persönliches Statement verzichtete der Angeklagte, der kurz nach dem Fund der Leiche festgenommen worden war. Sein Anwalt erklärte jedoch, dass man dem Tatvorwurf entgegentreten werden. Und er wies auf die besonderen Umstände dieses Verfahrens hin. Denn: Der gebürtige Hamburger Cengiz K. war schon einmal verhaftet worden. Von November 2013 bis April 2014 saß er das erste Mal in U-Haft.
Der Verdacht: K. könnte seine Freundin getötet haben, weil sie fortlaufend Geld für ihren Lebensunterhalt gefordert habe. Ein Zeuge hatte damals ausgesagt, Nargis S. hätte gedroht, seiner Familie sonst zu verraten, dass er als Bordellbetreiber tätig sei und ein intimes Verhältnis zu ihr habe.

Da es damals aber keine Leiche gab, wurde K. mangels dringenden Tatverdachts vorerst wieder auf freien Fuß gesetzt. K.s Anwalt wies nun darauf hin, dass es im Laufe der folgenden zehn Jahre aufgrund der Überlastung der Gerichte immer wieder zu Verfahrensverzögerungen gekommen sei. Das Recht des Angeklagten auf ein „faires Verfahren“ sei dadurch beeinträchtigt worden.
„Der Unterschenkelknochen steckte noch im Schuh“: Polizeitaucher schildert grausige Fundsituation
Klar ist: Ohne Leiche hätte der Prozess angesichts der dünnen Beweislage möglicherweise zu einem anderen Urteil geführt als jetzt. Nargis S.‘ Leiche war am 14. Januar entdeckt worden, nachdem ein Angler einen Unterschenkel samt Schuh aus dem Kanal gezogen hatte. Die zahlreichen Spuren machen nun eine andere Beweisführung möglich.
Als erster Zeuge wurde ein Polizeitaucher vernommen, der im Januar nach dem Notruf des Anglers die Fundstelle untersucht hatte. Was sich dem 31-Jährigen nach dem Abtauchen bot, war ein Bild des Grauens. Schon nach wenigen Zentimetern sei er in dem trüben Wasser auf einen Oberschenkelknochen gestoßen. Bald darauf auf eine Metallplatte, an der der zweite, noch im Schuh steckende Unterschenkelknochen an einem Seil befestigt nach oben trieb.
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Bei weiteren Tauchgängen hätten er und seine Kollegen den Brustkorb, den Schädel, Kleidungsreste, zahlreiche Wirbelkörper, Rippen und das Schlüsselbein gefunden. „Wir waren dort gut eine Woche mit Einsammeln beschäftigt“, so der Polizist.
Die Einsatzleiterin von der Mordkommission, die ebenfalls als Zeugin aussagte, ergänzte, man habe später noch Teile einer Jacke und Klebeband gefunden. Außerdem eine Hose, in der zwei Messer steckten sowie ein Cutter-Messer. Diese Gegenstände haben möglicherweise dem Täter gehört.
Für den Prozess gegen Cangiz K. sind noch 25 Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil soll im September fallen.