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Jana Hill
  • Juristin Jana Hill betreut Meldestellen im Whistleblower-Team bei einem Hamburger Start-up.
  • Foto: eagle lsp (honorarfrei)

Frau Hill, schützt das Whistleblower-Gesetz vorm Zorn des Chefs?

Mit jahrelanger Verspätung hat Deutschland parteiübergreifend ein Whistleblower-Gesetz eingeführt. Es tritt am 2. Juli in Kraft und soll Hinweisgeber in Behörden oder Unternehmen besser schützen. Aber was bedeutet das? Die MOPO hat mit der Anwältin Jana Hill gesprochen, die bei dem Hamburger Start-up eagle Isp arbeitet, das Whistleblower-Meldestellen anbietet.

MOPO: Welche Vorteile bringt das neue Gesetz für Arbeitnehmer? Sie können sich bei Missständen doch beispielsweise auch an den Betriebsrat wenden.

Jana Hill: Das Gesetz bietet nun einen einfachen und klaren Weg, Missstände zu melden. Manche Unternehmen haben ja gar keinen Betriebsrat und theoretisch kann es ja auch dort meldewürdige Probleme geben.

Ist ein Hinweisgeber durch das neue Gesetz denn vor dem möglichen Zorn seines Arbeitgebers geschützt?

Es gilt ein Verbot von Repressalien. Wird ein Whistleblower gekündigt, versetzt oder nicht befördert und beruft sich darauf, dass sein Hinweis der Grund dafür war, so muss der Arbeitgeber das Gegenteil beweisen. Juristisch nennt sich dies Beweislastumkehr. Und grundsätzlich darf die Identität der Hinweisgeber nur denjenigen bekannt sein, die die Meldung bearbeiten. Auch eventuell betroffene beziehungsweise beschuldigte Mitarbeiter erfahren zunächst nichts über die Identität des Hinweisgebers.

Sie betreuen Meldestellen privater und öffentlicher Unternehmen, darunter eine Uniklinik, Stadtwerke und eine große Handelskette. Was sind typische Hinweise, die dort eingehen?

Alle Arbeitsbereiche können betroffen sein. Das reicht von Diebstahl, ausbleibenden Gehältern über sexuelle Belästigung bis hin zu Kartellrechtsverstößen oder Steuerhinterziehung.

Das Gesetz schreibt für die Meldestellen die Möglichkeit zur Abgabe anonymer Hinweise nicht verpflichtend vor. Warum raten Sie Ihren Kunden dennoch, diese Option anzubieten?

Ein gut geführtes Unternehmen wird stichhaltigen Hinweisen immer nachgehen – unabhängig von der Quelle. Zudem erhöht es die Akzeptanz einer Meldestelle. Es werden Hinweise abgegeben, die ansonsten verschwiegen worden wären, für das Unternehmen aber dennoch von Interesse sind.

Kritiker sagen, das Gesetz fördere das Denunziantentum. Halten Sie das für möglich?

Abschließend lässt sich das noch nicht beurteilen. Unsere bisherige Erfahrung bestätigt dies nicht. Gleichzeitig ist klar, denunzieren ließ sich schon immer, über anonyme Briefe beispielsweise. Unser Team prüft jeden Hinweis mit juristischem Sachverstand im Dialog mit dem Hinweisgeber. Dabei gilt für Beschuldigte zunächst die Unschuldsvermutung.

Für falsche Anschuldigungen sieht das Gesetz sogar Geldstrafen und Schadenersatz vor. Wer entscheidet, welche Vorwürfe richtig oder falsch waren?

Im Zweifel die Gerichte. Bislang hatten wir es so gut wie nie mit falschen Anschuldigungen zu tun. Höchstens mit rechtlich irrelevanten. Einige Kunden wollen jedoch auch darüber informiert werden.

Das Whistleblower-Gesetz

Das Whistleblower-Gesetz tritt am 2. Juli in Kraft und soll Hinweisgeber in Behörden oder Unternehmen besser schützen. Laut Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) geht es um Verstöße „im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit“. Auch Zulieferer oder Dienstleister von Unternehmen dürfen demnach Verstöße melden.  Behörden oder Firmen, die mindestens 50 Beschäftigte haben, müssen eine interne Meldestelle einrichten. Sie können damit jemanden im Betrieb oder externe Dienstleister beauftragen. Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten dürfen mit anderen Unternehmen zusammen gemeinsame Meldestellen betreiben. Zudem wird eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingerichtet.

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