Flüchtlingszahlen und Unterkünfte: So schwierig wird der Winter in Hamburg
41.000 Geflüchtete aus der Ukraine wurden seit Beginn des russischen Angriffskriegs in Hamburg registriert. Pro Tag kommen im Durchschnitt 100 dazu – etwa die Hälfte benötigt einen Platz in einer öffentlichen Unterkunft. In Rothenburgsort hat Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Freitag eine neue Großunterkunft vorgestellt und erklärt, was Hamburg im Winter erwartet und welche alternativen Wohnmodelle noch zum Einsatz kommen..
41.000 Geflüchtete aus der Ukraine wurden seit Beginn des russischen Angriffskriegs in Hamburg registriert. Pro Tag kommen im Durchschnitt 100 dazu – etwa die Hälfte benötigt einen Platz in einer öffentlichen Unterkunft. In Rothenburgsort hat Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Freitag eine neue Großunterkunft vorgestellt und erklärt, was Hamburg im Winter erwartet und welche alternativen Wohnmodelle noch zum Einsatz kommen.
Was erwartet Hamburg im Winter?
„Der Zustrom an Geflüchteten ist ungebrochen bisher“, sagt Sozialsenatorin Leonhard. „Es ist so wie im Herbst prognostiziert, dass wir die Schwelle von mehr als 50.000 Plätzen erreichen werden.“ Da sich die Situation in der Ukraine hinsichtlich der Energieversorgung verschlechtert, müsse man davon ausgehen, dass die Zahlen an Geflüchteten „mindestens so bleiben wie sie jetzt sind, wenn gar nicht noch ansteigen“, so Leonhard. Auch aus den Ländern Afghanistan und Syrien sei die Zuwanderung zuletzt wieder angestiegen.
Wie viele Geflüchtete leben in Hamburg?
Nach der aktuellsten Statistik von Ende Oktober leben derzeit mehr als 60.000 Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis und mehr als 6400 mit einem laufenden Asylverfahren in der Stadt (aktuellster Stand Ende Oktober 2022). Rund ein Drittel der Geflüchteten mit einer Aufenthaltserlaubnis kommt aus der Ukraine, ein weiteres Drittel aus Afghanistan und Syrien sowie rund zehn Prozent aus dem Iran, Eritrea und dem Irak.
Wie viele Geflüchtete leben in den Bezirken?
In Hamburgs bevölkerungsreichstem Bezirk Wandsbek gab es bis zu Beginn des Krieges die meisten Unterkunftsplätze für Geflüchtete: mehr als 5400. Mit den zusätzlichen vorübergehenden Unterkünften sind nun rund 635 Plätze hinzugekommen (Stand: 28. November 2022).
Inzwischen ist Hamburg-Mitte der Bezirk, der den Daten zufolge die meisten Geflüchteten aufgenommen hat. Zu den gut 3300 Plätzen in den öffentlich-rechtlichen Unterkünften sind mehr als 4300 an Interimsstandorte wie etwa in den Messehallen hinzugekommen. Dahinter folgen Wandsbek, Hamburg-Nord, Altona, Eimsbüttel, Harburg und Bergedorf. Diese Zahlen bieten allerdings nur eine grobe Übersicht, denn sie umfassen nicht die Plätze in den über 70 Hotels der Stadt, die für Geflüchtete hergerichtet wurden sowie die Plätze für unbegleitete Minderjährige.
Was sind aktuell die größten Schwierigkeiten bei der Unterbringung?
Geeignete Flächen zur Errichtung von Unterkünften sind derzeit Mangelware. Zusätzlich erschweren Lieferschwierigkeiten von Materialien den Bau. „Wir errichten momentan Unterkünfte in einem Tempo, da sind wir nicht nur materiell limitiert, sondern langsam haben wir Mühe, auch das geeignete Personal zu finden“, sagt Leonhard. Ehrenamtliche seien meist genügend vorhanden. „Unser Problem sind die hauptamtlichen Kräfte.“
Was ist in Rothenburgsort geplant?
Auf dem Gelände des „Neuen Huckepackbahnhofs“ entsteht an der Ecke Cornelia-Hart-Straße/Olga-Brandt-Knack-Straße eine Unterkunft mit rund 500 Plätzen. Schon im Dezember sollen die ersten davon belegt werden können. In 22 Container-Modulen teilen sich immer zwei Personen ein Zimmer. Auf dem Gelände sollen auch ein Spielplatz und ein Bolzplatz für Kinder sowie Blühwiesen entstehen.
Warum nutzt die Stadt jetzt Wohnwagen?
Die Sozialbehörde probiert sogenannten „Tiny Houses“ als Unterkünfte aus. Das sind kleine Wohnwagen für bis zu vier Personen mit eigener Küche und Sanitärbereich. 50 Stück hat die Stadt davon angemietet, um sie als ergänzende Unterkünfte für den Übergangszeitrum zu nutzen.
Die Wohnwagen sollen zum Beispiel dort stehen, wo bereits entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, wie bei einem Jugendzentrum oder Angeboten der Wohnungslosenhilfe. Mobile Einheiten von „Fördern und Wohnen“ werden sich um die Bewohner:innen der Unterkünfte kümmern.
Was ist mit weiteren Notfallstandorten in Turnhallen?
„Unser Ziel ist, zunächst die Turnhallen, die wir als Notfallstandorte belegen mussten, wieder leer zu ziehen“, so Leonhard. Das werde jetzt Schritt für Schritt hoffentlich erfolgen können. Allerdings hängt das auch davon ab, dass die Zuwanderung auf dem aktuellen Niveau stabil bleibt.
Was läuft heute anders als in der Flüchtlingswelle 2015/16?
Allein bis September dieses Jahres hat Hamburg mehr Menschen aufgenommen, als in der Zeit der Flüchtlingskrise 2015/16. „Es ist heute viel besser, wir haben eine eigene Verwaltungseinheit, die nichts anderes macht, als Flächen zu prüfen, Kaufverhandlungen führen und Unterkünfte einrichten“, sagt Leonhard. „Aber Platz ist endlich, Kapazitäten sind endlich. Wir werden immer mehr Dinge ausprobieren und erproben müssen, um zurecht zu kommen. Dass das nicht optimal ist, ist klar. Aber ich glaube es ist eine Menge, was gegenwärtig geleistet wird.“