Filzvorwurf! Hochdotierter Job für SPD-Bezirkschef
Anfang des Jahres musste Kay Gätgens seinen Posten als Bezirkschef von Eimsbüttel räumen, weil es keine Mehrheit bei seiner Wiederwahl gab. Jetzt hat der SPD-Politiker bereits einen neuen, deutlich höher dotierten Posten in Aussicht. Die CDU wittert Klüngelei, spricht von „rotem Filz“, der Hamburg weiterhin durchwebt. Die Behörde reagiert empört.
Anfang des Jahres musste Kay Gätgens seinen Posten als Bezirkschef von Eimsbüttel räumen, weil es keine Mehrheit bei seiner Wiederwahl gab. Jetzt hat der SPD-Politiker bereits einen neuen, deutlich höher dotierten Posten in Aussicht. Die CDU wittert Klüngelei, spricht von „rotem Filz“, der Hamburg weiterhin durchwebt. Die Behörde reagiert empört.
Der 61-Jährige wird neuer Geschäftsführer der städtischen Entwicklungsgesellschaft IBA, die unter anderem an Großprojekten wie dem umstrittenen neuen Stadtteil Oberbillwerder beteiligt ist. Eine Findungskommission entschied sich für den SPD-Politiker, hieß es. Zunächst hatte die „Bild“ berichtet.
Ex-Bezirkschef Gätgens (SPD) soll neuer IBA-Chef werden
Dieser Entscheidung stimmten am Dienstag der IBA-Aufsichtsrat sowie die zuständige Senatskommission für öffentliche Unternehmen zu. Gätgens folgt auf Karen Pein (SPD), die im vergangenen Dezember als neue Stadtentwicklungssenatorin in den Senat gewechselt ist.
Pein kommt wie Gätgens aus der Eimsbütteler SPD und ist seit März 2012 stellvertretende Vorsitzende der SPD Lokstedt sowie deren Landes- und Kreisdelegierte. 2013 wurde sie vom damaligen IBA-Aufsichtsrat zur Prokuristin befördert – eine öffentliche Ausschreibung gab es laut der Stadtentwicklungsbehörde nicht.
Ehemalige IBA-Chefin Karin Pein ist jetzt Bausenatorin
„Für die Erteilung einer Prokura ist neben der fachlichen Qualifikation auch ein Vertrauensverhältnis der Geschäftsführung zum Prokuristen unabdingbar. Diese Voraussetzungen lassen sich regelhaft nicht in einem offenen Bewerbungsverfahren abbilden“, sagt Sprecher André Stark. Das Spezielle an diesem Fall: Vorsitzende des Aufsichtsrates war zu diesem Zeitpunkt Jutta Blankau, die damalige Bausenatorin und vorherige SPD-Vize. Auch Peins Ehemann Milan Pein war bereits SPD-Kreisvorstand in Eimsbüttel und im Landesvorstand der Partei.
Zwei Jahre später stieg Pein dann zur Geschäftsführerin auf – diesmal in einem öffentlichen Bewerbungsverfahren, in dem es laut Behörde noch 76 Mitbewerber gab. Auch für ihren jetzigen Nachfolger wurde die Stellenausschreibung laut Sprecher Stark auf verschiedenen Plattformen veröffentlicht. Senatorin Pein sei kein Mitglied der Findungskommission gewesen, betont er.
Neuer Posten: Hamburger CDU spricht von „rotem Filz“
Trotz dieser Beteuerungen wittert die Opposition Klüngelei. „Wenn es sich tatsächlich bestätigt, dass der gut dotierte Posten des IBA-Chefs zur Versorgung eines ehemaligen SPD-Bezirksamtsleiters herhalten muss, ist das ein weiterer Fall von rotem Filz“, beklagt CDU-Chef Dennis Thering. Immerhin würde Gätgens laut dem Vergütungsbericht 2021 mindestens 171.000 Euro im Jahr verdienen – als Bezirkschef waren es etwa 107.000 Euro. „Die SPD scheint unsere Stadt weiterhin als Beute zu betrachten. Das ist inakzeptabel!“
Der Hamburger SPD-Filz bezeichnet die enge Verflechtung der Sozialdemokraten mit Gesellschaft und Verwaltung, der vor allem Ende der 90er Jahre überhand nahm. Zu diesem Zeitpunkt saß die Partei bereits mehr als 40 Jahre auf Hamburgs Regierungssessel. Es gab keine Behörde, keine Stiftung und kein staatsnahes Unternehmen, auf die sich der Einfluss nicht ausgedeht hatte. Die Mauscheleien trugen dazu bei, dass die SPD 2001 den Senat abgeben musste und erst 2011 wieder die Regierung stellte.
Behörde widerspricht „Filz“-Vorwürfen von der CDU
In der Behörde reagiert man empört auf die Vorwürfe. Das Anforderungsprofil für den IBA-Posten sei fast identisch zu einer Ausschreibung von 2019, als ein Nachfolger für die HafenCity Hamburg gesucht wurde, erklärt Stark. Deshalb könne dem Vorwurf, die Anforderungen seien auf einen bestimmten Kandidaten zugeschnitten worden, klar widersprochen werden. 57 weitere Bewerberunterlagen seien gesichtet worden, fünf in die engere Auswahl gekommen. „Dabei wurde einstimmig eine Bewerbung als am besten geeignet identifiziert.“
Gätgens selbst gilt als Wohnungsbauexperte in der Eimsbüttler SPD. Nach seiner Ausbildung zum Stahlbetonbauer studierte er Architektur und Stadtplanung in Hamburg und New York. Anschließend arbeitete er als Stadtplaner und fast zwei Jahrzehnte in der Verwaltung – unter anderem als Leiter des Dezernats für Wirtschaft, Bauen und Umwelt und bis zuletzt als Bezirksamtsleiter. Seine Amtszeit lief allerdings Anfang Januar aus. Die Eimsbütteler SPD wollte ihn wiederwählen und hoffte auf die Unterstützung der Grünen – diese blieb jedoch aus.