Filz-Verdacht: Senator segnete Millionen-Auftrag an Parteifreund persönlich ab
Neue Details zum Filz-Verdacht in der Finanzbehörde: Jetzt kommt raus, dass Finanzsenator Andreas Dressel den umstrittenen Millionen-Auftrag an seinen SPD-Parteifreund Nico Lumma persönlich abgesegnet hat. Zudem gibt die Finanzbehörde zu: Vorher traf sich Dressel mit Lumma und dessen Geschäftspartner. Weitere Angaben des Senats werfen Fragen auf. Die Opposition spricht von einem „skandalösen Vorgang“.
In den Antworten des Senats auf die Kleinen Anfragen von CDU und Linkspartei zu dem dubiosen Deal heißt es: Am 6. Januar 2021 traf sich Dressel mit Parteifreund Lumma und dessen Geschäftspartner. Nur acht Tage später, am 14. Januar, bereits fiel die Entscheidung, ihnen den millionenschweren Auftrag zur Gründung eines „Accelerators“ zur Förderung von Finanz-Start-ups zu geben – und zwar direkt, ohne die eigentlich bei solchen Summen vorgeschriebene europaweite Ausschreibung. Abgesegnet wurde das Ende April vom Senator persönlich.
Neue Details zum Filz-Verdacht in der Finanzbehörde: Jetzt kommt raus, dass Finanzsenator Andreas Dressel den umstrittenen Millionen-Auftrag an seinen SPD-Parteifreund Nico Lumma persönlich abgesegnet hat. Zudem gibt die Finanzbehörde zu: Vorher traf sich Dressel mit Lumma und dessen Geschäftspartner. Weitere Angaben des Senats werfen Fragen auf. Die Opposition spricht von einem „skandalösen Vorgang“.
In den Antworten des Senats auf die Kleinen Anfragen von CDU und Linkspartei zu dem dubiosen Deal heißt es: Am 6. Januar 2021 traf sich Dressel mit Parteifreund Lumma und dessen Geschäftspartner. Nur acht Tage später, am 14. Januar, bereits fiel die Entscheidung, ihnen den millionenschweren Auftrag zur Gründung eines „Accelerators“ zur Förderung von Finanz-Start-ups zu geben – und zwar direkt, ohne die eigentlich bei solchen Summen vorgeschriebene europaweite Ausschreibung. Abgesegnet wurde das Ende April vom Senator persönlich.
Merkwürdig: Gegenüber der MOPO hatte sich die Finanzbehörde bisher darauf berufen, dass sie überhaupt erst Ende April 2021 von der Bürgerschaft mit der Bildung des Accelerators beauftragt worden sei und zwar unter Verwendung von zeitlich befristeten Corona-Mitteln. Im Anschluss habe es eine „umfassende Markterkundung“ gegeben, aus der der SPD-Medien-Experte Nico Lumma mit seinem Unternehmen „Next Media Accelerator“ (NMA) als überzeugendster Wettbewerber hervorgegangen sei. Die Entscheidung wurde am 2. Juli durch eine Ex-ante-Transparenzbekanntmachung öffentlich gemacht, durch welche die gesetzlich vorgeschriebene EU-weite Ausschreibung umgangen wurde.
Senat gibt zu: Senator Dressel und sein SPD-Parteifreund trafen sich am 6. Januar
Auf die Frage der CDU, wann der Senator seit Anfang 2021 im Kontakt mit Nico Lumma stand, gibt der Senat nun zu, dass es bereits am 6. Januar zu einem Treffen kam, also lange vor dem Accelerator-Auftrag durch die Bürgerschaft. Bei diesem Gespräch sei es darum gegangen, „Corona-Hilfen und Corona-Neustart-Unterstützung praxistauglich zu gestalten“, wie es in der Senatsantwort auf Kleine Anfragen von CDU und Linke heißt.
Insgesamt, so der Senat, habe man „drei potentiellen Betreibern die Möglichkeit gegeben, ihr Konzept für Aufbau und Betrieb eines Accelerators in Hamburg vorzustellen. Davon haben zwei Anbieter die Chance zur Präsentation wahrgenommen.“ Wer diese angeblichen Anbieter waren, diese Antwort verweigert der Senat allerdings gegenüber der Linksfraktion bei ihrer Anfrage und beruft sich auf den Datenschutz. Und das, obwohl es sich hier ja keineswegs um Privatpersonen handelt und obwohl ein klares öffentliches Interesse besteht.
Hamburg: Opposition kritisiert Direktvergabe scharf
„Es bleibt der Eindruck, dass der Auftrag in einem unsauberen Verfahren vergeben wurde. Dass die Vergabe an einen Parteifreund des Senators erfolgte, rückt die ganze Sache in ein zweifelhaftes Licht. An diesem Beispiel wird deutlich, weshalb unbedingt transparente Verfahren eingehalten werden sollten“, kritisiert David Stoop, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion.
Auch der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion Dennis Thering erklärte: „Die Direktvergabe von SPD -Finanzsenator Andreas Dressel an einen Parteifreund ohne Ausschreibung bleibt ein skandalöser Vorgang. Von vornherein wurde überhaupt nur ein kleinster Kreis potenzieller Bewerber angesprochen, um dann ohne nachvollziehbare Kriterien bei einem SPD-Genossen zu landen, der nachweislich kein Fintech-Experte ist.“
Gebotene Eile? Senat verstrickt sich in Widersprüche
In der Antwort an die Oppositionsparteien betont der Senat des weiteren wie zuvor gegenüber der MOPO die gebotene Eile. Zitat: „Eine europaweite Ausschreibung nimmt nach Erfahrung der Beschaffungsstellen in der Regel einen Zeitraum von planmäßig bis zu neun Monaten in Anspruch. Inklusive der zeitaufwendigen Vor- und Nachbereitung wäre hier davon auszugehen gewesen, dass der FinTech-Accelerator voraussichtlich erst zur Jahresmitte 2022 einsatzfähig gewesen wäre.“
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Gleichzeitig gibt der Senat an, wie erwähnt, die Entscheidung für Lumma und den NMA sei am 14. Januar 2021 gefallen. Zwischen dem 14. Januar und Mitte 2022 liegen aber 18 Monate und nicht neun. Rechnet man noch die Sondierungsphase hinzu, stellt sich die Frage, warum die EU-weite Ausschreibung nicht schon Ende 2020 erfolgt ist.
„Filz-Geschmäckle“: CDU und Linke sehen Verdacht bestätigt
Dazu David Stoop: „Angesichts der Tatsache, dass die Entscheidung über die Auftragsvergabe bereits am 14. Januar 2021 getroffen wurde, wäre ausreichend Zeit für ein ordentliches Vergabeverfahren gewesen. Die Argumentation des Finanzsenators, es sei in der Eile kein ordentliches Verfahren möglich gewesen, überzeugt nicht.“
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Auch Dennis Thering sieht in der Eile keinen Grund: „Das einzige Argument für die Vergabe ohne Ausschreibung bleibt, es hätte alles schnell gehen müssen. Das kann aber am Ende nicht ausreichen, um das im Raum stehende Filz-Geschmäckle auszuräumen“, so der CDU-Fraktionschef.
Hat der Deal ein juristisches Nachspiel?
Nach MOPO-Informationen soll inzwischen eine Anzeige wegen Beihilferechtsverstoßes bei der EU-Kommission eingegangen sein. Möglicherweise wird die dubiose Direktvergabe noch ein juristisches Nachspiel haben. Denn es bleibt zu klären, ob die vom Senat angesichts der Coronakrise beanspruchte Ausnahme von der Ausschreibungspflicht überhaupt auf diesen Fall zutrifft. Schließich geht es hier nicht um eine dringend zu bewältigende Versorgungskrise innerhalb des Pandemiegeschehens wie beispielsweise die Beschaffung von Beatmungsgeräten, sondern um Wirtschaftsförderung.
Dennis Thering: „Aus meiner Sicht muss die gesamte Direktvergabe umgehend rückgängig gemacht werden – dann haben tatsächlich auch Mitbewerber eine Chance, die von der Sache etwas verstehen.“